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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hypothek bekommt man hier nur beim Kauf eines Hauses. Für die Sanierung kriegt man unter Umständen noch eine Art Bauhypothek. Aber wenn alles schon fertig ist, gibt es gar nichts mehr.«
    Ich hob noch einmal den Blick, nur ganz kurz. Die Intensität, mit der Michel mich fixierte, ließ den Schutzwall, den ich um mich herum errichtet hatte, langsam abbröckeln.
    Ich schlug die Augen wieder nieder.
    Zehn Arbeitstage.
    Im Moment fand ich schon zehn Minuten zu viel verlangt.
    »John besitzt ein Haus, das auf dem freien Markt bestimmt fünfhunderttausend wert ist«, fuhr Peter fort. »Aber sie haben kaum noch was zu beißen. Jetzt haben sie ihr Haus vermietet und wohnen selbst in einem gîte . Nächste Woche geht John zum Arbeiten nach England. Sie sind finanziell total am Ende. Ein Drama.«
    Ich schaute in die Runde. Bruno hatte einen seiner Ohrstöpsel im Ohr und wiegte den Kopf im Rhythmus der Musik. Arnaud und die beiden Antoines aßen schweigend. Louis fütterte Bleu mit einem Apfel.
    »Wenn man kein Geld mehr hat«, hörte ich Eric sagen, »kann man hier also keine Hypothek auf sein Haus aufnehmen, sondern muss es verkaufen. Darauf läuft es doch hinaus, oder?«
    Peter steckte sich ein paar Bratkartoffeln in den Mund und brummte zustimmend. »Ja. Blöde Regelung. Weißt du, wie viele Leute da jedes Jahr drüber stolpern? Verlieben sich Hals über Kopf in ein Haus, sanieren munter drauflos und informieren sich erst hinterher, wenn es zu spät ist. Ich sag’s dir, das sind wahre Dramen.«
    Unter dem Tisch spürte ich plötzlich eine Berührung: Michel. Ich verschluckte mich an meinem Orangensaft. Ängstlich zog ich die Füße zurück und verschränkte sie unter dem Stuhl.
    Warum, fragte ich mich plötzlich, hatte Peter von den vierzig Leuten, die für ihn arbeiteten, für die letzten beiden Wochen ausgerechnet Michel zu uns geschickt? Bestimmt war das weder Zufall noch Gedankenlosigkeit, und dass er einen besonders ausgefallenen Sinn für Humor hatte, glaubte ich auch nicht. Es musste einen Grund geben … Geld? Seit wir im Dezember im Café gesessen und uns unterhalten hatten, war er nicht wieder auf sein Bauprojekt zurückgekommen. Das befremdete mich, denn wenn er einen Geldgeber gefunden hatte, musste er jetzt doch genug zu tun haben, aber stattdessen plagte er sich bei uns für fünfzehn Euro in der Stunde mit dem Spaten im Hof ab. Nervös fuhr ich mir durchs Haar. Nachdem sich mein Leben entgegen allen Erwartungen des letzten Winters doch noch zum Guten gewendet hatte, hatte ich gedacht, der Spuk wäre endlich vorbei. Aber jetzt war Michel zurück, und Peter fing aus dem Nichts heraus mit Geschichten von Leuten an, die finanziell am Ende waren.
     
    Ich war damit beschäftigt, in der Küche Ordnung zu schaffen. Nachdem ich den Abwasch erledigt hatte, hatte ich zwanghaft angefangen, den Kühlschrank auszuräumen. Ich kontrollierte sämtliche Haltbarkeitsdaten, warf die eine oder andere halbleere Schachtel oder Dose in den Müll und wischte alle Fächer aus. Gleich anschließend machte ich mit der Mikrowelle und dem Ofen weiter. Ich putzte in einem fort, die Bretter in den Schränken nahm ich sogar einzeln heraus. Um keinen Preis wollte ich nach draußen gehen, wo in der prallen Sonne gearbeitet wurde. Die Jungs hatten das Radio an, aber ob das, was aus dem Apparat plärrte, Musik oder Sprache war, konnte ich nicht erkennen. Die Maschinen ratterten und surrten vor sich hin, die Dieselschwaden zogen bis in die Küche hinein.
    Plötzlich stand wie aus heiterem Himmel Michel im Raum. Der Geruch von Sonne, frischer Luft und Schweiß schlug mir entgegen. Sein Geruch. Unsicher legte ich die Arme um meinen Körper.
    Er zog die Tür hinter sich zu. »Ich wollte mir nur Wasser holen.«
    Ich deutete mit dem Kopf auf den Kühlschrank.
    Er nahm zwei Doppelliter-Flaschen aus dem Fach in der Tür, stellte sie auf der Spüle ab und zögerte. »Simone, ich … ich habe dich enorm vermisst.«
    Es lag mir auf der Zunge, »ich dich auch« zu sagen, aber ich schluckte es schnell herunter.
    Die lastende Stille wurde zerrissen, als irgendjemand Michels Namen rief. Es hörte sich dringend an.
    Er warf einen kurzen Blick nach draußen und sah mich dann finster an, wobei er sich mit der Hand über den Oberarm rieb. »Simone … das eine Mal, als ich dich angerufen habe … was meintest du da mit ›Hör auf‹? Hör auf anzurufen? Oder ist es aus?«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, aber ich nickte dankbar. Ich erinnerte mich

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