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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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erinnerte, dass ich noch zwei Feuerkörbe kaufen wollte. Vielleicht sollte ich Isabelle und Bastian, wenn ich sie von der Schule abholte, gleich mit in die Stadt nehmen. Dann brauchte ich mich auch von den Jungs nicht zu verabschieden. Bereits gestern hatten sie alle eine Kiste Wein geschenkt bekommen und Peter eine Kiste Whisky. Zum Dank für ihre Arbeit, für die geleistete Gesellschaft, den gemeinsamen Spaß, den Französischunterricht und die vielen Geschichten, die sie uns im Lauf der Zeit erzählt hatten.
    Michel hatte seit unserem Abschied eine andere Haltung zu mir eingenommen. Er benahm sich so normal wie möglich und gab sich Mühe, es uns beiden nicht unnötig schwer zu machen. Es war deutlich spürbar, dass er innerlich umgeschaltet hatte.
     
    Ich hörte die Tür. In der Vermutung, dass es Eric war, der Wasser holen wollte, drehte ich mich um.
    Es war Michel. Trotz der Hitze trug er eine Jeans und ein T-Shirt. Das T-Shirt klebte ihm an der Brust. Er blieb in der Küche stehen.
    »Entschuldige, dass ich hier einfach so reinlaufe, aber …« Er zögerte, rieb sich mit der Hand über den Oberarm und sah mich unter halb geschlossenen Lidern hervor unsicher an. »Ich brauche Geld.«
    Ich runzelte die Stirn. »Geld? Wofür?«
    Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Eric hat letzte Woche nicht bezahlt. Und ich brauche wirklich Geld für die Miete, sonst fliege ich raus. Der Vermieter kommt heute Abend wieder vorbei, und ich habe keinen müden Cent mehr. Genauso wenig wie Bruno. Und Peter hat auch nichts, ich weiß nicht, wen ich sonst fragen soll.« Hilflos hob er die Arme. »Entschuldige«, sagte er dann nochmals, »ich will dich eigentlich um nichts bitten, aber … ich weiß nicht, wen ich sonst …«
    Mit verschlossener Miene sah ich ihn an. »Ihr habt kein Geld bekommen?« Ich hatte mit eigenen Augen gesehen, wie Eric, nachdem die Jungs am letzten Montag nach Hause gegangen waren, mehrere Fünfzig- und Hundert-Euro-Scheine auf den Tisch geblättert hatte. Peter hatte hier bei uns in der Diele die Rechnung geschrieben, und zwar gleich für die letzten beiden Wochen zusammen. Ich hatte selbst gesehen, wie er das Geld eingesteckt und die Rechnung abgezeichnet hatte.
    Noch immer fixierte ich Michel.
    Er zog die Brauen hoch. »Ist öfter vorgekommen«, sagte er, »dass Eric nicht bezahlt hat … Ist auch nicht der Einzige.« Was er noch sagte, verstand ich nicht mehr.
    »Ich habe kein Geld im Haus.« Das war die reine Wahrheit. Fünfzig Euro vielleicht, mehr nicht.
    Er kam näher. Sah mir ins Gesicht. »Simone, ich …«
    »Ich … ich stelle einen Scheck aus, okay? Den kannst du deinem Vermieter zeigen, und dann gehst du heute Abend oder morgen früh mit ihm zur Bank, oder …«
    »Ich gehe heute etwas früher«, sagte er.
    Ich trat an den kleinen Schreibtisch in der Diele, machte die Schublade auf, nahm das Scheckheft heraus und griff nach einem Stift.
    »Wie viel?«
    »Zweihundert. Das ist die Miete für einen Monat.«
    Ich stellte den Scheck über einen Betrag von zweihundertzwölf Euro und dreißig Cent aus. Wohnort, Vorname … ich geriet ins Stocken. »Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?«
    »Martin.«
    Ich setzte den Namen dazu, riss das Blatt heraus und gab es ihm. Verwundert überflog er die Angaben. »Das ist zu viel.«
    »Zweihundert ist so ein runder Betrag, das würde auffallen. Das kann ich Eric nicht erklären. So sieht es nach irgendwelchen Einkäufen aus. Auf dem Kontoauszug sind nur die Nummer des Schecks und der Betrag angegeben, nicht für wen oder was man das Geld ausgegeben hat.«
    Dass ich so meisterhaft mit Geld herummanipulieren konnte, hatte ich Peter zu verdanken, wie mir jetzt wieder einfiel. Ein bitterer Gedanke.
    »Du bist ein Engel«, sagte Michel und wandte sich zum Gehen.
    Ich legte das Scheckheft in die Schublade zurück. Die Sache gefiel mir ganz und gar nicht.
    Ich drehte mich zu ihm um. »Michel?«
    Er blieb im Türrahmen stehen.
    »Eric hat sehr wohl bezahlt. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Er hat das Geld deinem Chef gegeben, schon am Montag. Für die letzten beiden Wochen zusammen.«
    Er runzelte die Stirn. »Bist du dir sicher?«
    »Ja. Hundertprozentig.«
    Michel nickte langsam und murmelte etwas, was ich nicht verstand. Mit einem kurzen salut verschwand er nach draußen.
    Ich blieb am Schreibtisch stehen. Man konnte Eric ja alles Mögliche vorwerfen, aber nicht, dass er sich nicht an seine Absprachen hielte. Es konnte also nur bedeuten, dass Peter seine

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