Der Geliebte
Zeit Marktführer.
»Du bist böse«, stellte er fest.
»Ich frage dich etwas, das für mich wichtig ist, und du gibst mir einfach keine Antwort.«
Er zuckte mit der Schulter und wandte den Blick ab. »Ich bin nicht sonderlich stolz darauf, das ist alles.«
»Michel, mir gehen so viele Dinge durch den Kopf. Ich habe auch über Peter das eine oder andere zu hören bekommen. Ich möchte wissen, was du über ihn weißt … und was du Schlimmes getan hast.«
Ein Stück entfernt hupte jemand, ein penetranter Lärm, der durch die ganze Gasse schallte. Als wir uns danach umdrehten, fuhr das Auto schon wieder weiter.
»Lass uns da nächste Woche drüber reden«, sagte er.
Montag würde Peter wieder kommen.
Noch drei schlaflose Nächte.
»Nein, so lange will ich nicht warten.«
»Dann komm am Sonntag.«
Ich war unschlüssig. Konnte ich Sonntag einfach so weg, alleine? »Ich … ich weiß nicht. Ist Bruno Sonntag nicht zu Hause?«
Aus der Innentasche seiner Jacke kramte Michel eine Packung Tabak hervor. »Ein Freund von mir hat einen Wohnwagen. Er benutzt ihn nicht, das Ding steht leer. Wenn wir uns da treffen, braucht niemand davon zu erfahren, auch Bruno nicht.«
»Ich hatte so das Gefühl, dass Bruno ohnehin schon Bescheid weiß«, zischte ich plötzlich.
»Weiß er nicht, das bildet er sich allenfalls ein. Ich hab nichts gesagt. Ich bin kein Idiot.« Mit unerschütterlicher Ruhe fing Michel an, sich eine Zigarette zu drehen.
Panisch sah ich auf die Uhr. Viertel vor zehn.
»Ich muss jetzt wirklich los.«
»Kennst du das Restaurant, kurz bevor es zur Schnellstraße abgeht?«
Ich nickte.
»Wenn du um das Gebäude herumfährst, siehst du dahinter einen Pfad, ein Stück rechts vom Parkplatz. Der führt zu einer kleinen Lichtung. Es stehen da noch ein paar andere Wohnwagen. Ich werde am Sonntag dort sein. Zwei Uhr.« Er leckte das Blättchen an und pflückte an den Enden der Zigarette die Tabakreste ab. »Zu Hause kannst du ja sagen, du hättest noch irgendwas einzukaufen vergessen.«
Er legte mir einen Arm um die Taille und ließ seine Lippen sanft über meine Wange gleiten. Dann strich er mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht. »Und du musst mir etwas versprechen …«
Ich sah zu ihm auf, verwirrt von dem plötzlichen Ernst in seiner Stimme.
»Wenn er es heute Nacht mit dir tut, denk an mich.«
Eric küsste mich auf die Stirn, rollte sich von mir herunter und stieg aus dem Bett. Ich hörte seine Schritte auf dem Holzboden in der Diele, dann drehte er im angrenzenden Badezimmer den Wasserhahn auf.
Ich starrte vor mich hin. Drehte mich um und zog mir die Decke über die Schulter. So konnte das nicht weitergehen.
Im Bad plätscherte das Wasser.
Ich stand auf, ging ebenfalls ins Bad und setzte mich auf die Toilette. Ließ die warme Flüssigkeit aus mir herauslaufen.
Mir wurde flau im Magen.
Eric drehte den Wasserhahn ab und ging vor mir in die Hocke. Er küsste mich auf die Stirn.
Die Lampe über dem Waschbecken schien mir grell ins Gesicht.
»Ich hole unten noch was zu trinken. Was möchtest du?«
»Ich bin müde, ich gehe lieber schlafen«, sagte ich. Ängstlich.
Feige.
»Ist alles in Ordnung? Du siehst so … blass aus.«
»Ein bisschen zu viel Alkohol«, murmelte ich. »Ich hätte die Finger vom Wein lassen sollen.«
»Du hast doch kaum was getrunken heute Abend.«
»Zwei Gläser immerhin.«
»Also fast nichts.«
»Vielleicht werde ich krank oder so«, flüsterte ich, wobei ich seinem Blick auswich. »Morgen geht’s mir bestimmt wieder besser … wenn ich jetzt gleich schlafen gehe.«
26
Eines Tages im Jahr 1210 ging Llewellyn, der Prinz von Wales, auf die Jagd. Was Llewellyn nicht wusste, war, dass unterdessen sein kleiner Sohn Owain, den er in treuer Obhut glaubte, unbeaufsichtigt in seiner Wiege zurückgelassen war.
Während der Jagd preschte Llewellyns treuer Irischer Wolfshund, Gelert, plötzlich davon. Das hatte der Hund nie zuvor getan, und unruhig kehrte Llewellyn zu seinem Lager zurück. Dort kam Gelert ihm entgegen. Schnauze, Brust und Pfoten des Tieres waren blutverschmiert. Von den Dienstboten weit und breit keine Spur. Unruhig rannte Llewellyn durch das verlassene Lager zu Owains Wiege. Die Wiege war umgekippt und ebenfalls blutverschmiert. Vor Wut und Trauer wie von Sinnen, tötete Llewellyn seinen Hund mit dem Schwert. Danach hörte er plötzlich ein Kind weinen. Owain lag unversehrt unter einem Bett. Wenig später wurde in der Nähe des Zelts ein toter Wolf
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