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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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schloss für einen Moment die Augen, öffnete sie wieder. »So ist Peter nicht.«
    Ich schmiegte meine Wange an seine Brust. »Vielleicht ja doch.«
    »Peter ist wie ein Vater zu mir, Simone. Er hat mich nie verurteilt, sondern mich so genommen, wie ich war. Und ich war nicht gerade ein lieber kleiner Junge. Ich hatte einen ziemlichen Ruf weg, musst du wissen. Und trotzdem hat er mir sein Vertrauen geschenkt, genau wie Bruno, Pierre-Antoine und den anderen … Nein, Simone, Peter ist nicht so, wie du denkst. Wirklich nicht. Mich würde er damit doch auch in Schwierigkeiten bringen, oder etwa nicht?«
    Michel tat so, als wäre Peter ein Heiliger. Davon war ich nicht überzeugt.
    Ganz und gar nicht.
    »Bist du eigentlich auch vorbestraft?«, fragte ich.
    Tief sog er den Rauch ein. »Ich?«
    Ich nickte.
    »Erzähl ich lieber nicht.«
    »Ich will es aber wissen.«
    »Tant pis - Pech.«
    Ich wurde ein bisschen gallig. Ich war doch wohl diejenige, die hier alles zu verlieren hatte, nicht er. Ich musterte ihn von der Seite. Er nahm einen Zug und schaute dem Rauch nach, als wäre er in Gedanken versunken, als dächte er noch darüber nach, ob er es mir nicht doch erzählen wollte.
    Während ich ihn ansah, mir all seine kleinen Gesten einprägte, wurde mir bewusst, wie wenig ich mir im Grunde vorstellen konnte, dass er tatsächlich etwas Ernsthaftes auf dem Kerbholz hätte. Er machte einen viel zu vernünftigen, ruhigen und ausgeglichenen Eindruck. Wenn mir jemand erzählt hätte, was Bruno so alles angestellt hatte, hätte ich das zweifellos geglaubt. Ich hatte ihn einmal auf Pierre-Antoine losgehen sehen, der genau wie er selbst etwas cholerisch veranlagt war. Es ging immer nur um irgendwelche Kleinigkeiten, aber in solchen Augenblicken traten die Adern auf Brunos Stirn hervor, und seine Augen fingen gefährlich an zu blitzen. Zweimal hatte ich das miterlebt, und beide Male war es ausgerechnet Michel gewesen, der sein Werkzeug aus der Hand gelegt hatte, um dazwischenzugehen. Er hatte ruhig auf die beiden eingeredet und sie kräftig an den Schultern festgehalten, bis die Gemüter sich abgekühlt hatten.
    Michel hatte einen beruhigenden Einfluss auf die Truppe. Schon allein deshalb, aber auch weil er sich mit Bleu und den Kindern so gut verstand, konnte ich nicht glauben, dass ihm irgendetwas anzulasten wäre.
    Er drückte seine Zigarette aus und schob sich über mich, vergrub sein Gesicht zwischen meinen Brüsten. Fing sie an zu küssen. »Komm her, mit deinem schönen, weichen Körper.«
    Ich erstarrte. »Ich will es wissen.«
    »Warum?«, fragte er leise und setzte seine Liebkosungen fort. Mein Körper reagierte heftig. Ich erschauderte bei den Berührungen seiner Zunge, seiner Hände, seines sich an mich drängenden Körpers.
    »Weil ich dich besser kennenlernen möchte«, sagte ich mit unsicherer Stimme.
    Mit den Händen umfasste er meine Brüste, malte kleine Kreise mit seinen rauen Daumen.
    »Du kennst mich doch.«
    »Nein, ich kenne deinen Körper«, flüsterte ich, während ich spürte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor und langsam wegsackte. »Das … das ist etwas anderes.«
    Er grinste. Sein Kopf verschwand unter der Decke. Ich protestierte, versuchte, unter ihm wegzuschlüpfen, aber er umfasste meine Schenkel und hielt sie fest. Wenig später starrte ich nur noch mit leerem Blick an die Decke, während Wellen durch meinen Leib liefen, träge und unwiderstehlich, und ich dachte an gar nichts mehr.
     
    Halb zehn. Bis zehn wieder zu Hause zu sein würde ich schon nicht mehr schaffen.
    Mechanisch begann ich, mich anzuziehen. Michel tat es mir gleich.
    »Ich bring dich noch runter.« Er fischte seine Jacke von der Innenseite der Tür.
    Wir gingen die Treppe hinunter. Ein Mann mit kantigem Gesicht und unordentlich zu einem Knoten zusammengebundenen Rastazöpfen kam uns entgegen und schüttelte Michel im Vorbeigehen die Hand. Die Innenseite seines Arms war voller Tattoos, ein Wirrwarr von blauen Punkten und Symbolen.
    Mich würdigte er keines Blickes.
    Draußen war es frisch, oder auch schlichtweg kalt. Michel legte den Arm um mich.
    Vor dem Auto blieben wir stehen. Ich suchte in meiner Handtasche nach dem Schlüssel.
    »Kommst du nächste Woche wieder?«
    »Mal sehen.«
    »Mal sehen?«
    Es war dunkel in der Gasse. Ich konnte kaum sein Gesicht sehen. Riechen konnte ich ihn sehr wohl. Ein Parfumfabrikant, der es hinbekäme, einen Hauch Michel in ein kleines Fläschchen abzufüllen, wäre innerhalb kürzester

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