Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
weiß.«
»Ich wollte mit dir noch ein paar praktische Details besprechen. Hast du einen Moment Zeit?«
»Natürlich!« Ich ließ mich in einen Sessel fallen. Senta kam sofort herbei gerannt und legte die Wolldecke über meine nass geschwitzten Schultern. Außerdem reichte sie mir einen Schreibblock und einen Bleistift und stellte ein großes Glas Vitaminsaft neben das Telefon. So war sie, die Senta.
»Willst du die Suite im Bayrischen Hof?«, fragte Oda-Gesine. Ich hörte sie kauen. »Dann müsstest du allerdings jedes Mal mit deinem ganzen Kladderadatsch eine halbe Stunde fahren, denn die Studios liegen außerhalb von München.«
Ich entschied, auf den Großstadtverkehr zu verzichten.
»Das Dorfhotel Willaschek bei den Studios ist auch ganz annehmbar. Kein Luxus, aber es geht.«
»Ja, das ist schon O.K. Bitte zwei benachbarte Zimmer.«
»Gut. Du fliegst am Montag früh, zwei Plätze sind auf Business gebucht. Ihr werdet von unserer Praktikantin abgeholt, das ist die Melanie. Brauchst du ein Fläschchen oder so was für das Baby?«
»Nein, nein, ich stille voll. Aber ein Kindersitz wäre toll.«
»Hm. Kein Problem. Ich verbinde dich gleich mit unserer Requisiteurin, Silvia. Die besorgt dir alles, was du willst, Schätzchen.«
Ich überlegte, ob es mir gefiel, dass sie mich so selbstverständlich Schätzchen nannte. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt, »Nenn mich nicht Schätzchen« zu sagen? Vielleicht nannte Oda-Gesine alle Leute Schätzchen. Ich beschloss, es nicht überzubewerten.
»Der … Babysitter … der Boy, wie heißt der?«
»Emil.«
»Der Emil, braucht der eine eigene Garderobe im SENDER?«
»Wär schon toll«, sagte ich.
»Geht klar. Ich geb’s weiter. Kein Problem. Wir richten ein Babyzimmer ein.«
»Das ist sehr aufmerksam und nett von euch.«
»Was willst du tagsüber essen?«
»Bitte?«
»Na, das Catering. Wir lassen dir in die Garderobe bringen, was immer du willst, Schätzchen. Du kannst Kaviar bestellen oder Linseneintopf, frische Brezeln oder Sushi, wenn du darauf stehst.«
»Nein, nein«, sagte ich. »Nichts. Ich will ja abnehmen.«
»Also frisches Obst?!«
»Ja, danke.«
Mein Gott, sind die alle nett, dachte ich. Reißen sich ein Bein für mich aus. Ich freute mich immer mehr auf »Wört-Flört«. Es würde eine wunderbare Zeit werden.
»Jetzt kommen wir zur Garderobe«, sagte Oda-Gesine.
Ich schluckte.
»Keine Panik, Schätzchen. Wir biegen das schon hin. Wozu hab ich die Kerls vom Styling. Welchen Designer bevorzugst du?«
»Designer …? Keinen. Wirklich nicht.«
»Was trägst du denn privat, Schätzchen?«
»Zurzeit? Gummizughosen.«
»Welche Kleidergröße hast du?«
Ich hatte Herzklopfen. Ich wusste, dass diese furchtbare Frage irgendwann kommen würde. Ich holte tief Luft, schloss die Augen und sagte tapfer: »Zweiundvierzig.« O Gott, dachte ich, jetzt wird sie schimpfen. Und so willst du vor die Kamera? Wieso warst du nicht beim Schönheitschirurgen? Vor einem Jahr bei Vertragsabschluss hattest du Größe achtunddreißig!
Aber sie nahm diese entsetzliche Nachricht gelassen auf.
»Der Frank wird sich mit dir in Verbindung setzen. Ich hab ihm mal 40 000 Mark gegeben, damit wird er dich fürs Erste einkleiden. Wir dachten an ›Britta B.‹ und ›Pleasure‹ und ›Linda M.‹, so die Schiene. Ist das dein Geschmack?«
Ich kannte die Damen nicht. Weder Linda noch Britta waren mir ein Begriff. Aber jetzt galt es zu pokern.
»Natürlich«, sagte ich. »Ganz mein Geschmack.«
Ich gehe nur in Linda M. auf den Elternabend, und in Britta B. hole ich mein Kind vom Flöten ab. Genau wie ich meinen Kindern Kaviar aufs Schulbrot schmiere. Ich kritzelte die Markennamen auf den Schreibblock und hielt ihn Senta hin.
Senta nickte heftig. Sie kannte die Schiene.
»In ein paar Wochen geht ihr noch mal los. Vielleicht kannst du dann schon Größe vierzig nehmen.«
»Ja.« Mein Gott, wie gütig sie war. Wie großzügig, wie gelassen. Kein Wort des Tadels ging ihr über die Lippen. Weiß Gott, ich mochte sie.
»Unser Maskenbildner, der Sascha, möchte gern alle Produkte kaufen, die du für deinen Teint immer benutzt. Welche Marke bevorzugst du?«
Und das mir, dachte ich. Wie viele Frauen würden jetzt wie aus der Pistole geschossen aufzählen, welche Wimperntusche, welches Rouge, welchen Lidschatten und welchen Kajalstift sie haben wollten.
»Dior«, sagte ich schließlich, um mich nicht allzu sehr zu blamieren. Das Wort konnte ich wenigstens
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