Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
dachte ich. Du bist völlig out. Du willst dir einfach nicht das Fett absaugen lassen. Obwohl du eine Mutter bist. Dabei ist das in, und du willst eine Jugendsendung moderieren!
    Frustriert schlug ich die Zeitschrift auf. »Daniela«, stand da, »Hausfrau und Mutter von drei Kindern, war es einfach leid. ›Ich habe Sport getrieben und Diät gehalten‹«, zitierte man Daniela, achtundzwanzig. »›Es hat alles nichts geholfen. Mein Bauch war einfach nicht mehr straff zu kriegen. Da habe ich mir halt das Fett absaugen lassen. Dr. Raabsch hat mir meine Jugend wiedergeschenkt.‹«
    Dass der Raabsch ihr die Jugend nicht wirklich geschenkt hatte, sondern für 28 000 Mark verkauft, stand auch noch da. Na ja, dachte ich. Für jedes ihrer Lebensjahre einen Tausender. Das ist doch naheliegend. Was brauch ich eine gesicherte Rente. Ich brauche einen flachen Bauch! Dann kann ich mir endlich den Nabel piercen und die Jugendsendung moderieren. Bestimmt kann ich das als Fernsehmoderatorin von der Steuer absetzen.
    Daniela sei übrigens zu telefonischen Auskünften bereit, stand noch in dem Artikel, der Daniela beim Sonnenbaden im knappen gelben Bikini zeigte. Und ihre Telefonnummer war angegeben.
    Das blöde Thema ließ mich einfach nicht los. In Amerika war das gang und gäbe, dass man sich seine Jugend zurückkaufte, dass man sich innerhalb eines einzigen Tages ein neues Gesicht, eine neue Figur, einen neuen Busen machen ließ. Wieso war das bei uns eigentlich ein Tabuthema? Es war doch auch keine Schande, dass man sich beim Friseur eine neue Haarfarbe kaufte.
    Abends, als die Kinder im Bett waren und Emil in seinem Zimmer verschwunden war, rief ich Daniela an. Nur so. Ich wollte einfach mal hören, was in so einer Frau vorgeht. Einer Hausfrau, die sich Fett absaugen lässt. Für 28000 Mark. Natürlich meldete ich mich nicht mit »Karla Stein«.
    »Beate Lange«, begann ich das Telefonat. »Ich hoffe, ich belästige Sie nicht, aber ich habe heute in der ›Frohen Mutter‹ Ihren Bericht gelesen. Ist das wirklich Ihr Bauch, der da auf dem Titelfoto abgebildet ist?«
    »Nein«, sagte Daniela. »Natürlich nicht. Das ist ein Bauch-Model. Was denken Sie denn? Aber mein Bauch sieht auch nicht schlecht aus. Ich bin sehr zufrieden.«
    »Was hat der Dr. Raabsch denn mit Ihnen genau gemacht?«, wollte ich wissen.
    »Ja also, er hat mir sechs Liter Fett abgesaugt«, gab Daniela Auskunft.
    Ich dachte an Wilfrried und Dolly Buster. Das alles kam mir sehr bekannt vor.
    »Tut das weh?«
    »Nein, aber es ist langweilig«, sagte Daniela. »Das hat stundenlang gedauert, doch sie haben mich dabei Videos gucken lassen.«
    »Aha«, sagte ich.
    Nun wusste ich allerdings noch immer nicht, ob mich das Fettabsaugen reizte. »Wie ist denn der Dr. Raabsch so?«, fragte ich interessiert.
    »Och, nett. Aber wir haben nicht viel geredet. Ich hab ja Videos geguckt, und er hat Fett abgesaugt. Aber die Sprechstundenhilfen sind sehr nett. Die haben auch echt gute Videos da. Ich würd’s immer wieder machen.«
    »Ja und … fühlen Sie sich jetzt wirklich wohler?«
    »Irgendwie doch, ja. Ich geh jetzt wieder mit freiem Nabel zum Einkäufen, das ist schon irgendwie angenehm. Und im Fitnessstudio seh ich jetzt aus wie die Anderen, das ist schon angenehmer als vorher.«
    »Ach, Sie gehen nach wie vor ins Fitnessstudio?«
    »Ja, klar. Ich hab mir ja nur deshalb das Fett absaugen lassen, damit ich im Fitnessstudio aussehe wie die Anderen. Warum sollte ich mir denn sonst Fett absaugen lassen?«
    »Ich erwäge, mir den Nabel piercen zu lassen«, gab ich an. »Da ist es einfach logisch, sich vorher das Fett absaugen zu lassen.«
    »Nabel piercen lassen tut mehr weh als Fett absaugen lassen«, gab Daniela zu bedenken. »Nachher setzen sie dich mit einem Glas Wasser aufs Sofa und passen auf, dass du nicht in Ohnmacht fällst. Kostet aber lange nicht soviel. Kostet so um die hundert Mark.«
    »Haben Sie sich denn den Nabel piercen lassen?«
    »Na, logisch, wenn ich mir schon das Fett absaugen lasse, dann lasse ich mir natürlich auch den Nabel piercen. Das ist ja irgendwie angenehmer, wenn man schon im nabelfreien Top einkaufen geht, dass man dann auch einen gepiercten Nabel hat.«
    »Was ist denn an einem gepiercten Nabel angenehm?«
    »Och, einfach das Gefühl.«
    »Warum haben Sie sich denn für Auskünfte zur Verfügung gestellt?«, fragte ich. »Kriegen Sie das Fettabsaugen dadurch billiger?«
    »Nee«, sagte Daniela, und ich hörte, dass sie sich eine Zigarette

Weitere Kostenlose Bücher