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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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den Nacken und kniepten in die Sonne.
    »Da hängt er!«
    Tatsächlich. Emil war nun oben. Er verharrte völlig leblos in seinem weißen Kampfanzug unter dem milchigen Kölner Himmel und starrte in die Tiefe. Siebzig Meter.
    »Are you O.K.?«, brüllte ich in den Dunst.
    Keine Antwort. Emil bewegte sich nicht.
    »Sag ihm sofort auf Englisch, er soll runterkommen!«, zischte Karl mich an. Dabei kniff er mich mit aller Kraft, die sein vorpubertärer Prankengriff aufzubieten hatte, in den Arm.
    »Nein! Sag ihm, er soll springen!« Oskar hüpfte sensationslüstern neben mir auf und ab.
    Katinka heulte und drückte sich in meine Halsbeuge. Der Säugling in seinem Kinderwagen schrie inzwischen, und der Kinderwagen wackelte vor Empörung. Ich war recht kraftlos und entschlussunfreudig in diesem Moment. Eigentlich wollte ich nach Hause und einen Mittagsschlaf halten. Möglichst lange. Bis nächstes Jahr oder so.
    »O.K., wie du willst, aber wir haben den Ärger mit der Versicherung.« Karl setzte sich beleidigt auf einen Bierkasten. »Bitte. Kannst du haben.«
    »Lasst ihn runter!«, sagte ich peplos zu dem Kopftuch.
    »Machen wir.«
    In diesem Moment ließen sie ihn fallen. Das Zangenmaul oben am Kranende gähnte unfein und ließ das Seil los, mit dem es Emil in den Zähnen gehalten hatte. Emil sauste wie ein Stein in die Tiefe. Er ließ keinen Laut über seine Lippen kommen.
    Ich starrte mit offenem Mund auf das weißverpackte Menschenbündel, das mir doch anvertraut war und das wie ein Schneeball zur Erde fiel. Wenn das seine Mama in Südafrika wüsste! Mein Gott! Wie unverantwortlich, schoss es mir durch den Kopf. Die schippt jetzt ahnungslos Schnee und denkt, ihr Emil läge bei uns in der Sonne. Stattdessen mache ich solche Sachen mit ihm. Emil kam mit dem Rücken im Netz auf, schnellte wieder nach oben, drehte sich wehrlos, fiel wieder, prallte ins Netz wie ein Flummi, zweimal, dreimal, viermal. Dann war er endlich gelandet.
    »Na?«, fragte Karl auf seinem Bierkasten. »Lebt er noch?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich verstört.
    Emil regte sich nicht. Er lag in dem Netz wie ein Fisch, der nicht mehr zappelt.
    »Au, geil, ey!«, sagte Oskar. »Jetzt ist er tot, der Sack.«
    »Ich will nicht, dass der Sack tot ist«, heulte Katinka. »Ich will, dass der Sack mit mir spielt!«
    »Ach, wenn der tot ist, besorgt dir die Mama einen Neuen«, höhnte Karl auf seiner Bierkiste. »Da fackelt die nicht lange!«
    In dem Moment rappelte Emil sich auf, robbte an den Rand des Netzes, machte einen recht sportlichen Purzelbaum und stand mit beiden Beinen auf der Erde.
    Die Leute klatschten.
    Zwei Helfer mit rosa Kopfhaut unter geschmierten Haarzipfeln schlenderten herbei und nahmen ihm seinen Helm ab. Sie wechselten ein paar Worte auf Englisch mit ihm und geleiteten ihn zu mir.
    Er hatte einen merkwürdigen Ausdruck in den Augen. Es war keine Begeisterung, wie ich gehofft hatte. Aber auch kein Entsetzen. Er wirkte fast abgeklärt. So, als wüsste er jetzt endlich, wie das ist, fallen. So, als hätte er das schon immer mal wissen wollen.
    »Are you okay?« Meine Hände zitterten.
    »Jou.« Emil stieg aus seinem Kampfanzug. Seine Hände zitterten auch. Seine Lippen waren weiß.
    »Mama, ist der Sack jetzt nicht tot?« Katinka zerrte an meinem Arm.
    »Nein. Siehste doch. Der lebt«, sagte Oskar enttäuscht.
    »Mann, hast du ein Schwein«, grollte Karl, während er sich eine Lakritzschnecke in den Mund schob.
    »Hat er sich wenigstens die Zunge abgebissen?«, wollte Oskar wissen.
    Emil gab die Klamotten ab und drückte mir die Hand. »Thank’s«, sagte er schlicht.
    »Der kann ja noch lispeln«, murmelte Oskar.
    »You’re welcome«, antwortete ich. »It was a pleasure.« Was ja irgendwie gelogen war.
    »Hundert Mark!«, sagte das Kopftuch.
    Ich kramte erneut in meinem Rucksack nach der Brieftasche, als ich erstaunt wahrnahm, dass Oskar und Katinka beide eine Hand von Emil ergriffen und mit ihm davongingen.
    »Schmeiß du dein Geld ruhig weg«, muffelte Karl sauer.
    »Rutsch mal«, sagte ich, während ich das rotverquollene Paulinchen aus dem Kinderwagen fischte und mich zum Stillen auf der Bierkiste niederließ.

Auf dem Titelblatt der »Frohen Mutter« war ein Nabel. Ein weiblicher Nabel. Und ein bisschen Bauch war auch noch drumrum. Aber es war nicht wirklich ein weiblicher Bauch. Er war flach wie ein Brett. Null Fett, null Delle, null Schwangerschaftsstreifen. Und die Titelzeile lautete: »Fettabsaugen bei Müttern ist in!«
    Verdammt,

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