Der gemietete Mann: Roman (German Edition)
aussprechen.
»Alles, durch die Bank?«
»Jaja. Durch die Bank.« Nachbarin, euer Fläschchen.
»Und welchen Rouge-Ton?«
»Den Mittleren«, sagte ich vage.
Senta merkte, in welchen Nöten ich war. Sie sprang behende ins Bad hinauf und kam mit meinen lächerlichen Tuben und Döschen zurück. Ich las dankbar einige Nummern und Farbnuancen davon ab. Ach, Senta! Wenn ich dich nicht hätte!
»Na bitte«, sagte Oda-Gesine. »Das werd ich mal so an den Sascha weitergeben. Wenn er noch Fragen hat, ruft er dich an. Dann kommen wir noch zum redaktionellen Teil. Der Mike möchte gerne wissen, mit welcher Filzstiftdicke er die Papptafeln beschriften soll und ob lieber in Schreibschrift oder in Druckbuchstaben. Und ob er ganze Sätze schreiben soll oder nur Stichworte.«
»Stichworte reichen«, sagte ich. »Filzstiftdicke acht.«
»Dann kommt noch der Rolf auf dich zu wegen der Anmoderationen«, sagte Oda-Gesine, die sich anscheinend alles eifrig notierte. »Der hat dir mal sechzig Anmoderationen auf Diskette getippt, die e-mailt er dir, dann sagst du, ob das ungefähr dein Sprachstil ist, und dann schreibt der Rolf das so um, wie du das sagen würdest.«
»Sehr aufmerksam«, sagte ich. Eigentlich könnte ich es ja gleich selber sagen, dachte ich. Aber ich wollte hier nichts aufmischen.
»Dann buchen wir dem Rolf einen Flug für – passt dir übermorgen?«
»Klar. Übermorgen. Kein Problem.«
»Und dann buchen wir dem Rolf ein Hotel in Köln, damit ihr richtig Zeit füreinander habt. Welches Hotel möchtest du für den Rolf?«
Ist mir doch egal, wo der Rolf pennt, wollte ich sagen. Ich empfahl das Domhotel, das war meines Wissens das erste Hotel am Platze und bestimmt so teuer, wie es den Herrschaften von »Wört-Flört« genehm war.
»Der Frank würde dann gerne morgen kommen. Für den buchen wir auch das Domhotel. Ist dir das recht?«
»Der Frank? Klar«, sagte ich. Ob die Burschen wohl jeder eine Suite kriegten? Wer war noch mal Frank? Hilflos sah ich Senta an. Sie zeigte auf »Britta B.« und »Linda M.« auf meinem Block. Ach ja. Der Kostümdesigner. Natürlich. 40 000 Mark.
Da war sicher eine Suite drin.
»Gibt’s noch Unklarheiten?«
»Ja. Kommt der Maskenbildner auch?«
»Wenn du willst.«
»Nein, nein. Im Moment nicht.« Ich hatte große Angst vor der ersten Begegnung mit diesem Sascha. Sicher würde er entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und Oda-Gesine anschreien, was sie sich dabei gedacht habe, so was wie mich zu engagieren. Es reichte schon, wenn ich diese Woche noch Frank begegnen musste, um mit ihm für 40 000 Mark Designerklamotten in Größe zweiundvierzig einzukaufen. Ach, unsägliches Grauen!
»Ist sonst alles klar? Kind wohlauf?«
»Alles bestens«, sagte ich.
»Und der … Boy … wie heißt der?«
»Emil. Danke. Es geht uns allen gut.«
»Gut. Dann gib mal schön auf dich acht. Wir brauchen eine ausgeschlafene und entspannte Moderatorin!«
»Nichts leichter als das«, sagte ich und legte auf. »Puh!«, sagte ich zu Senta. »Jetzt krieg ich doch Muffensausen.«
Senta grinste: »Wer nicht mit dem Hintern im warmen Hause bleiben will, der muss eben auf kalte Berge klettern!«
Ich wusste, wie sie das meinte.
»Erst werd ich ganz schön schwitzen«, murmelte ich.
»Hauptsache, du frierst nicht, wenn du oben bist«, antwortete Senta. So war sie. Immer hatte sie das letzte Wort.
Ich hatte keine Lust mehr zum Turnen. Der Schweiß war kalt. Ich ging ins Bad. Dort schaute ich in den Spiegel.
»Auf in den Kampf«, sagte ich lasch und versuchte zu lächeln. Doch mein Spiegelbild lächelte nicht zurück.
Am nächsten Tag zog ich meine feinste schwarze Gummizughose und ein properes Sakko in Mintgrün von Senta an und fuhr in die Stadt, um Frank zu treffen. Er hatte mich zum Kostümhaus Margarete Jacoby bestellt. Nie hatte ich bisher meinen Fuß über die Schwelle dieses teuren Ladens gesetzt.
Andächtig trat ich ein.
»Kann man Ihnen weiterhelfen?«, fragte sogleich eine gepflegt frisierte, gertenschlanke Dame um die Neununddreißig im Kostüm mit hochhackigen Pumps und ausgefallen gemusterten schwarzen Seidenstrümpfen. Sie war bestimmt Margarete Jacoby.
»Ich suche einen Kostümberater namens Frank«, sagte ich.
»Ach, Sie sind das! Natürlich. Ich bin informiert.« Kam es mir nur so vor, oder war das ein verächtlicher Blick? Margarete wies mir den Weg zum Fahrstuhl und sagte: »Dritter Stock. Der junge Mann ist bei den Übergrößen.« Übergrößen! Das klang
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