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Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Der gemietete Mann: Roman (German Edition)

Titel: Der gemietete Mann: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Brett Pitt an sich, dass alle Mädels dieser Welt ihn so toll fanden? Warum sagte keine: »Martin Semmelrogge« oder »Martin Lüttge« oder »Diether Krebs«? Aber ich sollte ja nichts hinterfragen. Merken: Keine Hirschhornknöpfe, keine bayrischen Floskeln, keine Locken, keine Bezüge.
    »Danke«, sagte ich. »Ich bitte um die Fragen.«
    Schand-Tall zog nun unter ihrem billigen Fellflüdderken eine Karte hervor, auf der Fragen notiert waren. Die Worte, die sie betonen sollte, waren unterstrichen. Es war ja auch nicht so einfach, so was fehlerfrei vorzulesen, wie Schand-Tall flugs bewies.
    »Kandidat eins«, leierte Schand-Tall. »Du bist bei mir zu Hause eingeladen. Was bringst du mit, um mir deine Intellek… was bringst du mit, um mir deine Intelligenz zu beweisen?« Sie kaute abwartend vor sich hin.
    Von der anderen Seite der Wand kam lange nichts.
    »Ist da jemand?«, fragte ich.
    »Jaja, i übaleck noch«, kam die Stimme des Strohkandidaten.
    »Sag halt irgendwas«, schrie Oda-Gesine ungeduldig aus dem Saal. »Ist ja nur ’ne Probe, Mann!«
    Die Mitarbeiter im Studio warteten gelangweilt. Emil schaute mich mit ausdruckslosen Augen an. Ob der verstand, was hier Wichtiges geschaffen wurde? Maik hielt mir unverdrossen den Neger hin, falls ich noch einmal etwas fragen wollte. Ich wollte aber nichts mehr fragen. Ich stand da, und mir taten die Füße weh. Es war später Abend. Ich wollte endlich ins Hotel.
    »Mir follt nix ei«, sagte der Strohkandidat.
    »Und du, Kandidat zwei«, leierte Schand-Tall. »Was bringst du mit, um mir zu imponieren?«
    »Nix«, kam es von der anderen Seite der Wand.
    Die Kameras fuhren hastig hin und her, um diese Verlautbarungen bei optimaler Beleuchtung und in Großaufnahme einzufangen.
    Schand-Tall hockte unschlüssig auf ihrem Schemel. »Ja soll ich jetzt weiterlesen?«
    »Weiter«, schrie Oda-Gesine. »Wir stoppen die Zeit!«
    »Kandidat drei. Du bist bei mir zu Hause eingeladen. Was bringst du Originelles mit, damit ich weiß, dass du der Richtige bist?«
    Schweigen.
    Alle Kameramänner starrten auf den dritten Strohkandidaten, dem auch nichts einfiel. Jetzt wusste ich, warum die Strohkandidaten hießen.
    »Dös waas i jetzt aanet«, kam es schließlich von hinter der Wand. Das war doch mal eine völlig originelle, witzige und schlagfertige Antwort!
    »Unser Hansi wird das jetzt noch mal zusammenfassen«, las ich von Maiks Neger ab.
    Hansi war niemals in der Sendung zu sehen. Er war einfach nur als Stimme anwesend. Ich hatte ihn noch nicht kennengelernt. Er musste irgendwo hinter den Kulissen hocken.
    »Hansi?«, schrie Oda-Gesine. »Bist du da?«
    Schweigen.
    »Der hat den Flieger verpasst!«, rief Melanie aus dem Zuschauerraum. Gott, was war das Kind hübsch!
    »O nein, nicht schon wieder!«, schimpfte Oda-Gesine. »Wozu bezahl ich den Kerl?«
    »Na, morgen isser bestimmt da«, tröstete Rolf.
    »Wer gibt mir den Hansi?«, brüllte Oda-Gesine sauer.
    Rolf wetzte hinter die Bühne. Ich hörte ihn am Mikrofon rumoren. Sekunden vergingen. Dann sagte Rolfs Stimme: »Also, liebe Lisa, wer soll nun dein ›Wört-Flört‹ sein? Kandidat eins, der dir zum ersten Rendezvous nichts mitbringt, weil ihm nix einfällt, oder Kandidat zwei, der dir nichts mitbringt, weil ihm nix einfällt, oder Kandidat drei, der dir nichts mitbringt, weil ihm nix einfällt? So, liebe Lisa. Jetzt musst du dich entscheiden.«
    Schand-Tall kaute. Die Kameras waren auf sie gerichtet. Mir taten die Füße weh.
    »Keinen«, sagte sie schließlich.
    »Sag halt irgendeinen!«, schrie Oda-Gesine genervt. »Mein Gott, wer hat mir denn diese Strohkandidaten besorgt?!«
    Ich überlegte, ob die auch noch Geld dafür kriegten, dass sie hier rumsaßen und Kaugummi kauten und zu blöd waren, eine Frage abzulesen.
    Aber ich war ja selber auch nicht brillant. Nicht die Spur. In so einer Umgebung fiel es wahrhaft schwer, brillant zu sein. Außerdem: An welcher Stelle hätte ich versuchen können, brillant zu sein? Zumal ich keinerlei Bezüge herstellen durfte! Ich musste noch lange an mir arbeiten, feilen und trainieren, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, das war mir klar.
    Niedergeschlagen sah ich in das leere Studio. Der Blick auf Emil und mein kleines Paulinchen hielt mich aufrecht.
    Wir probten das Herumschreiten der Kandidaten um die Wand, das Küsschengeben, das Überreichen einer Plastikrose, das Verabschieden der nicht gewählten Kandidaten, den Abgang durch die mittlere Gasse und schließlich das Aufrufen des

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