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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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überhaupt bauen?«
      »Die haben ziemlich getrickst. Er hat sich in diese Gegend verliebt, und als er dann den Hut hinwarf, ist jemand auf die Idee gekommen, daß hier die Fundamente einer alten Jagdhütte waren. Er mußte nur die Bedingung erfüllen, die Jagd von der Gemeinde zu pachten. Das machte er auch.« Er grinste. »Irgendwie haben wir alle bei dem Beschiß mitgemacht. Und irgendwie haben wir ihm dann auch zu einem Wasseranschluß verholfen und zu Strom und Telefon. Er war einfach ein guter Typ, verstehen Sie?«
      »Ich weiß. Was machte er mit der Jagd?«
      »Er bezahlte Hege und Pflege und ließ andere jagen.«
      »Sagen Sie, irgendwie sind Sie kein normaler Polizist, oder?«
      »Wieso denn das?«
      »Ein Polizist, der seinen Schäferhund Goethe nennt, kann kein normaler Polizist sein.«
      Er lachte. »Ich mache hier in Adenau zwei Jahre Revierdienst, dann geht die Akademie weiter.« Er bewegte sich zu seinem Auto hin und fragte ein wenig hinterhältig: »Sie werden doch nicht etwa recherchieren, oder?«
      »Ist das eine ernsthafte Frage?«
      »Nein, eigentlich nicht.« Er hockte sich hinter das Steuer und ließ den Hund auf den Beifahrersitz. Dann fuhr er ab.
      »Komm, Krümel, wir gehen die Natur erkunden«, sagte ich. Ich sah mir die Reifen des Suzuki-Jeeps sehr genau an. Getrocknete Rückstände von zwei Erdtypen: Einer war krümelig und dunkel und mit Tannennadeln durchsetzt, der andere schleimiger, grau bis hellbraun. »Wir werden Wald haben und ein Quellgebiet. Und ich bitte dich, nicht allzuweit abzuhauen.«
      Ich folgte dem gut ausgebauten Waldweg bergauf. In einer der Sonneninseln auf dem moosigen Boden spielte eine Amsel. Krümel schlich sich geradezu dramatisch an, wobei sie dermaßen mit dem Hinterteil wackelte und den Schwanz peitschen ließ, daß es ganz so aussah, als wolle sie den Vogel mit allen Mitteln warnen. Die Amsel fing an, mächtig zu schimpfen, und Krümel setzte sich erst mal und leckte sich betulich die Pfote. Dann sauste sie wie ein Pfeil in einen Besenginster und war verschwunden.
      Der Hochwald endete, der Weg, inzwischen nur noch eine undeutliche Fahrspur, wand sich in einer sanften Rechtskurve durch einen lichten Birkenwaldstreifen mit viel Ginster. Die Sonne war hier sehr grell, und das Summen der Bienen wurde immer intensiver und einschläfernder. Zur Linken stießen in einem spitzen Winkel Birkenwald und Hochwald zusammen, dazwischen der Ausläufer einer sauren Wiese mit vielen Binseninseln. Die Wiese stieg steil an, und in der Mitte der Steigung trat eine Quelle aus; das Wasser hatte eine dunkle Spur gezogen, und es wuchs Minze dort.
      Krümel blieb verschwunden. Der Weg, den ich ging, war von beiden Seiten mit Ginster bewachsen, der unvermittelt wie ein Vorhang quer über die Fahrspur hing. Ich bog die Zweige zur Seite und ging hindurch. Der Weg teilte sich. Nach links ging es in einen lichten Bestand aus jungen Eichen und Kiefern, nach rechts in einen jener Streichholzwälder, deren schlanke, kerzengerade gewachsenen Stämme in genau vorgeschriebenen Abständen in Reih und Glied stehen, um schnell eine möglichst hohe Rendite zu bringen.
      Eigentlich wollte ich geradeaus in eine große Brache hineinstapfen, in der sich Schwertlilien breitgemacht hatten. Doch dann kam Krümel von irgendwoher und rieb sich miauend an meinen Beinen. Sie sah zu mir hoch, eindeutig um Hilfe bittend. Dann trottete sie ein paar Schritte abseits, hob den Buckel, ließ den Schwanz peitschen.
      »Also gut, du hast etwas gefunden. Dann zeig es mir, aber mach nicht solchen Lärm.«
      Sie lief den Weg nach links, verließ ihn nach einigen Metern und schlug sich in die Büsche.
      Als ich sie endlich eingeholt hatte, saß sie vor einem Motorradhelm, unischwarz, Marke Uvex. Daneben lag ein Fernglas.
      »Reg dich nicht auf. Das ist irgendein Tourist, der ein Sonnenbad nimmt.«
      Krümel verschwand, tauchte wieder auf, fiepste, verschwand. Ich ging hinter ihr her. Sie führte mich den Weg weiter zu der sauren Wiese mit der Quelle. Krümel war vielleicht vierzig Meter vor mir und starrte mit steil emporgerecktem Schwanz irgend etwas an. Sie kam gerannt und rieb sich an meinen Beinen. Links vor dem Wiesenzaun standen Birken, rechts war ein Mischwald, vor mir war Besenginster in den Weg gewachsen. Der Mann lag unmittelbar hinter den Büschen auf dem Rücken. Er war klein, vielleicht einen Meter sechzig groß. Er trug eine abgewetzte, dunkelblaue

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