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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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finden.“
    „Das würden alle“, hatte er zugestimmt und dabei ihre Schönheit betrachtet. Erst später mußte er zu seiner Bestürzung feststellen, daß er damit eine Einladung angenommen hatte, von deren Vorhandensein er nichts hatte ahnen können.
    Seit vier Monaten nun schon war er im Palais des Marschalls zu Hause, und er hatte dabei die Grundzüge der Arbeit des Generalstabs von Freiland kennengelernt. Und ebenso – zu seinem zunehmenden Erschrecken – einiges von dem komplizierten und unvorhersehbaren Verhalten einer Frau. Darüber hinaus beschäftigte ihn die verwirrende Frage, warum er sie nicht begehrte. Natürlich mochte er Elvine Rhy. Ihre Gesellschaft war angenehm, ihre Attraktivität unbestreitbar – und die gewisse, ehrgeizige Gewandtheit ihres Wesens entsprach seinen ähnlich beschaffenen Charakterzügen. Doch er begehrte sie nicht. Nein, nicht die Spur.
    Nach einigen Stunden beendeten sie das Angeln. Elvine hatte vier Fische gefangen, die im Durchschnitt gut sieben bis acht Kilogramm wogen. Donal hatte nicht einen einzigen erwischt.
    „Elvine …“, setzte er an, als sie zusammen die Stufen zur Terrasse hinaufstiegen. Doch bevor er seine sorgfältig zurechtgelegten Worte aussprechen konnte, erklang das Signal eines in einem Rosenstrauch verborgenen Rufers.
    „Kommandeur“, sagte der Rosenstrauch höflich, „die Elektrikwache an der Tür meldet einen gewissen Senior-Gruppenführer namens Tage Lee, der Sie sprechen möchte. Wünschen Sie ihn zu empfangen?“
    „Lee …“, murmelte Donal. Er hob die Stimme. „Von Harmonie?“
    „Er sagt, er käme von Harmonie“, antwortete der Rosenstrauch.
    „Ich empfange ihn“, sagte Donal und schritt schneller aus, auf das Haus zu. Er hörte, wie ihm Elvine eilig folgte. Dann packte sie seinen Arm.
    „Donal …“, sagte sie.
    „Es wird nur einen Augenblick dauern“, sagte er. „Wir treffen uns in ein paar Minuten in der Bibliothek.“
    „In Ordnung …“ Sie ließ ihn gehen und folgte ihm hinauf.
     
    Lee – der gleiche Lee, der seine Dritte Gruppe angeführt hatte – wartete auf ihn.
    „Nun, Gruppenführer“, sagte Donal, als sie sich die Hände schüttelten. „Was führt Sie hierher?“
    „Sie, Sir“, erwiderte Lee. Er sah Donal in die Augen, und in seinem Blick lag etwas von dem Trotz und der Herausforderung, die Donal an ihm aufgefallen waren, als er ihn kennengelernt hatte. „Könnten Sie eine Ordonnanz brauchen?“
    Donal musterte ihn.
    „Warum?“
    „Seit man uns nach dieser Sache mit Killien alle fortgeschickt hat, führe ich meinen Kontrakt nur spazieren“, sagte Lee. „Wenn Sie es genau wissen wollen: Ich habe eine ziemliche Sauftour hinter mir. Das ist mein Kreuz. Kaum habe ich die Uniform aus, bin ich Alkoholiker. Mit der Uniform ist’s besser, doch früher oder später kommt mir irgend jemand quer. Ich habe es immer wieder hinausgeschoben, mich um eine neue Stellung zu bewerben, weil ich nicht wußte, was ich wollte. Jetzt weiß ich es endlich. Ich möchte für Sie arbeiten.“
    „Sie machen jetzt einen recht nüchternen Eindruck“, sagte Donal.
    „Ein paar Tage lang schaffe ich alles – selbst mit dem Trinken aufzuhören. Wenn ich hier mit einer Schnapsnase aufgetaucht wäre, hätten Sie mich auf keinen Fall genommen.“
    Donal nickte.
    „Ich bin nicht teuer“, sagte Lee. „Sehen Sie sich meinen Kontrakt an. Wenn Sie selbst es sich nicht leisten können, dann gehe ich als einfacher Soldat einen Vertrag ein, und Sie sorgen dafür, daß ich Ihnen zugeteilt werde. Ich trinke nicht, wenn ich etwas zu tun habe. Und ich kann mich nützlich machen. Sehen Sie …“
    Mit einer freundlichen Geste streckte er den Arm aus, als wollte er Donal erneut die Hand schütteln – und plötzlich hielt er ein Messer.
    „Das ist der billige Trick eines Hinterhof-Mietkillers“, sagte Donal. „Glauben Sie, der würde bei mir funktionieren?“
    „Bei Ihnen … nein.“ Lee ließ das Messer wieder verschwinden. „Darum möchte ich für Sie arbeiten. Ich bin ein eigenartiger Typ, Kommandeur. Ich brauche etwas, das mir Halt gibt. Ich brauche es so, wie gewöhnliche Leute Essen und Trinken und Freunde und ein Zuhause brauchen. Es wird alles in der psychologischen Indexnummer meines Kontrakts beschrieben – wenn Sie sie notieren und überprüfen wollen …“
    „Im Augenblick genügt mir Ihr Wort darauf“, sagte Donal. „ Was stimmt bei Ihnen nicht?“
    „Ich bin ein psychologischer Grenzfall“, antwortete Lee, und sein

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