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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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hageres Gesicht war ausdruckslos. „Irreparabel. Ich kam mit einem psychischen Mangel auf die Welt. Sie sagten mir, ich könnte nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden, und abstrakte Verhaltensregeln seien in dieser Beziehung ohne jede Bedeutung für mich. Bei der Untersuchung für meinen ersten Kontrakt formulierten es die Ärzte so: Ich brauche meinen eigenen, ganz persönlichen und lebendigen Gott, den ich dauernd anbeten kann. Wenn Sie mich einstellen und mir befehlen, allen Kindern unter fünf Jahren, die ich finden kann, die Kehle durchzuschneiden, dann ist das in Ordnung. Befehlen Sie, ich soll mir selbst die Kehle durchschneiden – das gleiche. Ich mache alles, was Sie sagen.“
    „Sie preisen sich nicht gerade an.“
    „Ich sage Ihnen die Wahrheit. Ihnen könnte ich gar nichts vormachen. Ich bin wie ein Bajonett, das sein ganzes Leben lang auf der Suche nach dem passenden Gewehr ist. Und jetzt habe ich es gefunden. Sie brauchen mir nicht zu vertrauen. Stellen Sie mich auf die Probe, für fünf Jahre, zehn – den Rest meines Lebens. Aber weisen Sie mich nicht ab.“ Lee wandte sich halb um und deutete mit einem knochigen Finger auf die Tür hinter ihm. „Dort draußen wartet die Hölle auf mich, Kommandeur. Dagegen ist hier drinnen alles wie der Himmel selbst.“
    „Ich weiß nicht“, sagte Donal langsam. „Ich weiß nicht, ob ich die Verantwortung auf mich nehmen möchte.“
    „Keine Verantwortung.“ Lees Augen glänzten. Und es traf Donal an seiner empfindlichen Stelle, als er plötzlich erkannte, daß dieser Mann Angst hatte – schreckliche Angst vor einer Ablehnung. „Sie brauchen mir nur zu befehlen. Probieren Sie mich gleich aus. Befehlen Sie mir, mich hinzulegen und wie ein Hund zu bellen. Befehlen Sie, ich soll mir die linke Hand gleich hinter dem Gelenk abtrennen. Sobald sie mir eine neue haben wachsen lassen, stehe ich wieder zu Ihren Diensten und erledige alles, was Sie wollen.“ Plötzlich hielt er wieder das Messer in der Hand. „Wollen Sie’s sehen?“
    „Legen Sie das weg!“ sagte Donal scharf. Das Messer verschwand. „Also gut, ich persönlich werde Ihren Kontrakt kaufen. Sie gelangen durch die dritte Tür auf der rechten Seite zu meinen Räumen, am Ende der Treppe. Gehen Sie hinauf und warten Sie dort auf mich.“
    Lee nickte. Er sprach kein Wort des Dankes. Er wandte sich nur schweigend um und ging.
    Donal erzitterte bis auf die Grundfesten seines Ichs. Es war, als habe die emotionale Last, die während der letzten Augenblicke in der Luft geknistert hatte, eine physische Masse angenommen, die schwer auf seine Schulter drückte. Er drehte sich um und ging zur Bibliothek.
    Als Donal eintrat, stand Elvine an der breiten Fensterfront und blickte hinaus auf die beeindruckende Weite des Meeres. Sie drehte sich rasch um, als sie seine Schritte vernahm, und kam ihm entgegen.
    „Was war denn?“ fragte sie.
    „Einer meiner Soldaten von dem Einsatz auf Harmonie“, gab er zurück. „Ich habe ihn zu meiner persönlichen Ordonnanz gemacht.“ Er sah zu ihr hinab. „Ev …“
    Sofort zog sie sich ein wenig von ihm zurück. Sie blickte aus dem Fenster, und ihre Hand kam herunter und strich über eine silberne Halb-Statuette, die auf einem niedrigen Tisch neben ihr stand.
    „Ja?“ fragte sie.
    Es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen.
    „Ev, du weißt, ich bin schon recht lange hier“, sagte er.
    „Recht lange?“ Damit drehte sie sich um und sah ihn mit gelinder Überraschung an. „Vier Monate? Mir erscheint es nur wie ein paar Stunden.“
    „Vielleicht“, sagte er hartnäckig. „Aber es war eine lange Zeit. Und darum halte ich es für angebracht, daß ich gehe.“
    „Gehen?“ Sie riß die nußfarbenen Augen auf und starrte ihn an. „Wer sagt, daß du gehen mußt?“
    „Es ist selbstverständlich meine eigene Entscheidung“, entgegnete er. „Aber ich dachte, ich sollte zuvor noch etwas klarstellen. Ich habe dich ziemlich gemocht, Ev …“
    Aber ihre Reaktion kam schneller als erwartet.
    „Mich gemocht?“ schrie sie. „Das sollte man auch annehmen! Nun, ich habe kaum eine einzige Minute für mich selbst gehabt, weil ich dauernd für dich da war. Ich schwöre dir, ich weiß kaum noch, was es außer diesem Haus auf der Welt gibt! Mich gemocht! Das ist das mindeste, was ich von dir erwarten kann – für die ganze Mühe, die ich mir mit dir gemacht habe!“
    Eine ganze Zeitlang musterte er ihr wütendes Gesicht, dann lächelte er traurig.
    „Du hast

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