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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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buchstäblich eine Auserlesene von Kultis darstellte. Sie war die Fleischwerdung ihrer besten ausgewählten Eigenschaften. Sie war wie ein lebendes Kunstwerk, das sie verehrten. Es spielte keine Rolle, daß sie nicht immer glücklich war – sicherlich haftete ihrem Alltag mehr oder weniger das gleiche Ausmaß von Kummer und Betrübnis an, wie das bei normalen Menschen der Fall ist. Diesen Aspekt übersahen die meisten Exoten bei ihrer Bewunderung. Nein, wichtig waren allein die Anlagen und Fähigkeiten, die sie ihr genetisch vererbt oder anerzogen hatten. Sie schätzten die Fähigkeit und Tüchtigkeit zum Leben, nicht das Leben, das sie tatsächlich führte. Es war ihr eigenes, persönliches Kapital, und daraus etwas zu machen, lag an ihr selbst. Den Exoten gefiel die Tatsache, daß sie – wenn sie das Kapital einsetzte und Erfolg hatte – Gefallen am Leben finden konnte. Ähnlich war es mit Sayona, dem Bürgen und Mittler. In einer Weise, die wiederum nur Exoten ganz begreifen konnten, war Sayona tatsächlich das zu Fleisch und Blut materialisierte Bindeglied zwischen den beiden Welten. In ihm war die Fähigkeit zum gesunden Menschenverstand verankert, zu beiderseitigem Verständnis, zur Aussöhnung und dazu, das Gemeinsame im Denken und Fühlen von Menschen zum Ausdruck zu bringen …
     
    Plötzlich wurde sich Donal der Tatsache bewußt, daß Sayona zu ihm sprach. Der ältere Mann redete bereits eine ganze Weile mit ruhiger und gleichmäßiger Stimme. Und Donal hatte die Worte durch seine Gedanken fließen lassen; sie waren an ihm vorbeigeströmt wie das Wasser eines Baches, das an seinen Fingern entlangglitt. Doch nun brachte ihn eine bestimmte Bemerkung wieder ganz in die Wirklichkeit zurück.
    „… Äh, nein“, antwortete Donal. „Ich dachte, das sei ein normaler Vorgang für jeden Kommandeur, bevor Sie ihn unter Vertrag nehmen.“
    Sayona kicherte.
    „Wir sollten jedem neuen Kommandeur so viel Mühe machen und ihn all diesen Tests unterziehen?“ fragte er. „Nein, nein. Das spräche sich herum, und dann könnten wir nicht mehr die Leute anwerben, die wir haben wollen.“
    „Ich habe absolut nichts gegen Tests“, gab Donal dumpf zurück. „Ich finde sogar Gefallen daran.“
    „Das weiß ich.“ Sayona nickte. „Schließlich stellt ein Test eine Art Wettbewerb dar, und Sie sind der geborene Wettkämpfer. Nein.
    Normalerweise sind – wie bei allen anderen auch – militärische Erfolge unsere Entscheidungskriterien, wenn wir einen Soldaten suchen – andere Dinge spielen keine Rolle.“
    „Weshalb verfahren Sie dann in meinem Fall anders?“ fragte Donal und wandte sich ihm zu, um ihn anzusehen. Sayonas hellbraune Augen erwiderten den Blick, und er glaubte einen ganz schwachen Hauch von Belustigung darin zu erkennen.
    „Nun, Sie interessierten uns nicht nur als Kommandeur“, antwortete Sayona. „Wie Sie wissen, ist da auch noch die Sache mit Ihren Vorfahren. Tatsächlich sind Sie ein halber Exot. Und diese Gene haben unsere Neugier geweckt, auch wenn sie rezessiv sind. Und dann sind da noch Sie selbst – Ihre Persönlichkeit. Sie besitzen ein erstaunliches Potential.“
    „Ein Potential wofür?“
    „Zu einer Anzahl von ziemlich bedeutenden Dingen“, sagte Sayona ruhig. „Selbstverständlich sagen Ihre Testergebnisse da nichts Genaues. Wir können es nur erahnen.“
    „Darf ich fragen, worum es sich bei diesen bedeutenden Dingen handelt?“ erkundigte sich Donal neugierig.
    „Tut mir leid, nein“, gab Sayona zurück. „Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Meine Erklärung würde Ihnen ohnehin nichts sagen, persönlich gesehen – weil man nichts in beziehungslosen Begriffen und ohne Relationen ausdrücken kann. Darum hielt ich es für angebracht, mich hier mit Ihnen zu unterhalten. Mich interessiert Ihre Philosophie.“
    „Philosophie!“ Donal lachte. „Ich bin ein Dorsai.“
    „Jeder, sogar ein Dorsai, jedes lebendige Geschöpf, hat seine eigene Philosophie – ein Grashalm, ein Vogel, ein Baby. Die individuelle Philosophie ist eine Notwendigkeit, der Prüfstein, an dem wir unsere eigene Existenz messen. Außerdem – Sie sind nur zum Teil Dorsai. Was meint die andere Hälfte?“
    Donal runzelte die Stirn.
    „Ich bin nicht sicher, ob die andere Hälfte überhaupt eine Meinung hat“, sagte er. „Ich bin Soldat. Ein Söldner. Ich habe einen Beruf, dem ich nachgehe. Und das versuche ich – immer – auf die bestmögliche mir bekannte Weise zu tun.“
    „Aber abgesehen

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