Der Genesis-Plan SIGMA Force
Akteneinsicht genommen?«, sagte Monk.
»Ich wollte mehr über ihn wissen«, erwiderte Ryan. »Ich wollte wissen … was damals geschah …« Er schüttelte den Kopf.
»Und was haben Sie in Erfahrung gebracht?«, fragte Gray.
»Nicht viel. In einer Kiste waren Unterlagen des Forschungslabors der Nazis, in dem mein Urgroßvater gearbeitet hat. Er hatte den Rang eines Oberarbeitsleiters inne und leitete das Projekt.« Auf einmal klang er beschämt und herausfordernd zugleich. »Aber woran da gearbeitet wurde, habe ich nicht herausbekommen. Das war wohl geheim. Das meiste waren Privatbriefe, die er an Freunde und Familienangehörige geschrieben hatte.«
»Und Sie haben sie alle gelesen?«
Ryan nickte langsam. »Dabei bekam ich den Eindruck, dass meinem Urgroßvater Zweifel an seiner Arbeit gekommen sind. Aber er konnte nicht aussteigen.«
»Sonst hätte man ihn erschossen«, meinte Fiona.
Ryan schaute einen Moment ganz elend drein, dann fasste er sich wieder. »Ich glaube, es ging ihm eher um das Projekt – er konnte einfach nicht loslassen. Jedenfalls nicht ganz. Er war gleichzeitig fasziniert und abgestoßen.«
Gray spürte, dass auch Ryans Vergangenheitsforschungen ambivalent getönt waren.
Monk drehte den Kopf nach hinten, wobei es laut knackte. »Was hat das alles mit der Darwinbibel zu tun?«, kam er wieder aufs eigentliche Thema zu sprechen.
»Ich habe eine Notiz gefunden«, sagte Ryan. »Adressiert an meine Tante Tola. Darin wird eine Bücherkiste erwähnt, die mein Urgroßvater nach Hause geschickt hat. Ich erinnere mich deshalb daran, weil mir einige Bemerkungen seltsam vorkamen.«
»Was hat er geschrieben?«
»Der Brief befindet sich im Museum. Ich hab mir gedacht, Sie könnten ihn sich vielleicht kopieren … als Ergänzung zu der Bibel.«
»An den genauen Wortlaut erinnern Sie sich nicht mehr?«
Ryan legte die Stirn in Falten. »Nur an ein paar Zeilen. ›Versteckt in meinen Büchern findet sich Vollkommenheit, liebe Tola. Die Wahrheit ist zu wundervoll, um sie sterben zu lassen, und zu verstörend, um sie freizusetzen.‹«
Schweigen senkte sich herab.
»Zwei Monate später ist er gestorben.«
Gray ließ sich die Zeilen durch den Kopf gehen. Versteckt in meinen Büchern . Damit waren die fünf Bücher gemeint, die Hugo vor seinem Tod nach Hause geschickt hatte. Hatte er das getan, um irgendein Geheimnis zu bewahren? Um etwas zu schützen, das zu wundervoll war, um es sterben zu lassen, und zu verstörend, um es freizusetzen?
Gray fixierte Ryan im Rückspiegel. »Haben Sie sonst noch jemandem von Ihrer Entdeckung erzählt?«
»Nein, aber der alte Herr mit der Nichte und dem Neffen … die zu Anfang des Jahres mit meinem Vater über die Bücher gesprochen haben … Die waren bereits in der Burg gewesen und hatten die archivierten Unterlagen meines Urgroßvaters durchgesehen. Ich glaube, sie hatten die Notiz ebenfalls gelesen und wollten von meinem Vater weitere Auskünfte haben.«
»Diese Leute … die Nichte und der Neffe. Wie sahen sie aus?«
»Beide weißhaarig. Groß gewachsen. Aus gutem Hause, wie mein Vater sagen würde.«
Gray wechselte einen Blick mit Monk.
Fiona räusperte sich und zeigte auf ihren Handrücken. »Hatten sie an dieser Stelle ein Tattoo?«
Ryan nickte langsam. »Ich glaube, ja. Kurz nach ihrer Ankunft schickte mein Vater mich weg. Wie heute. Die Kinder brauchen nicht alles zu hören.« Er versuchte zu lächeln, doch die Spannung im Wagen hatte auf ihn übergegriffen. Sein Blick huschte hektisch umher. »Kennen Sie die beiden?«
»Konkurrenten«, antwortete Gray. »Sammler wie wir.«
Ryan schaute skeptisch drein, stellte aber keine weiteren Fragen.
Gray dachte erneut an die handgezeichnete Rune in der Bibel. Gab es in den anderen vier Büchern vielleicht ganz ähnliche kryptische Symbole? Standen sie in Verbindung mit Hugos Forschungen, die er im Auftrag der Nazis betrieben hatte? Und worum ging es überhaupt? Es war höchst unwahrscheinlich, dass die Mörder hier aufgetaucht waren, um auf gut Glück ein paar alte Dokumente durchzusehen. Sie mussten nach etwas ganz Speziellem gesucht haben.
Aber wonach?
Monk sah immer noch nach hinten. Unvermittelt wandte er sich wieder nach vorn und ließ sich in den Sitz zurücksinken. Leise sagte er: »Du weißt, dass wir verfolgt werden?«
Gray nickte wortlos.
Einen halben Kilometer hinter ihnen mühte sich ein zweiter Wagen die regennassen Serpentinen hoch. Derselbe Wagen, den sie auf dem Parkplatz gesehen
Weitere Kostenlose Bücher