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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Barth
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Schweizer Kaffeevollautomat, ein richtig guter sogar, aber irgendwie hat die Chemie zwischen uns von Anfang an nicht gestimmt.
    Schon am ersten Tag war ich irritiert, als mir das Ding nach gerade mal zwei Tassen Kaffee ein schlechtgelauntes «Wassertank füllen!» entgegenblinkte. «Wassertank füllen!», in giftigem Alarm-Rot. Da ich meinen Kaffee vorher immer mit einer sehr umgänglichen französischen Presskanne zubereitet hatte, hat mich dieser Befehlston völlig überfordert. Die Franzosenkanne, deren schwarzer Deckel mit dem runden Druck-Bömmel obendrauf fast wie eine Baskenmütze aussah, gab höchstens mal ein leises Seufzen von sich, wenn man den Kaffee zu schnell nach unten drückte. Das klang dann nach einem freundlichen «Eh bieeeen …» und rundete das französische Gesamtbild drollig ab.
    «Wassertank füllen!» dagegen war ein echter Anschnauzer. Und das um sieben Uhr morgens, vor meiner ersten Tasse Kaffee. Ich stellte mich vor den Vollautomaten, stemmte die Arme in die Hüfte und fragte: «Wie heißt das Zauberwort?» Deutsche Zauberwörter sind aber in der Schweiz anscheinend nicht so bekannt. Der Automat jedenfalls blinkte weiter zickig «Wassertank füllen!» vor sich hin. Ich schüttelte den Kopf und füllte resigniert unter einem gemurmelten «Soll nochmal einer sagen, die Schweizer wären so freundlich!» den Wassertank.
    Doch anstatt sich zu bedanken, schob der Automat direkt den nächsten Befehl hinterher: «Kaffeesatz leeren!»
    Spätestens da war mir klar: Hier werden Machtspielchen veranstaltet! Dieser miese kleine Drecks-Automat will die Herrschaft über meine Wohnung übernehmen! Schnauzt mich an, blinkt mir Befehle entgegen, scheucht mich zum Wasserhahn und zurück, lässt mich seine dampfenden Innereien entleeren – und morgen früh muss wahrscheinlich ich ihm einen Kaffee zubereiten! Ich hätte mich nicht gewundert, wenn er auch noch ein «Minarette verbieten!» angezeigt hätte.
     
    Ich beschloss, die Machtverhältnisse wieder geradezurücken, ignorierte seine Unverschämtheiten und schaltete ihn einfach ab. Doch als ich ihn am nächsten Tag wieder einschaltete, hatte er nichts dazugelernt. Vielmehr blinkte er mir nun ein völlig undifferenziertes «Reinigen!» entgegen.
    «Wie reinigen? Was soll ich denn bitte reinigen?», zischte ich. «Die Milchschaumdüse? Den Kaffeesatzbehälter? Oder gleich die ganze Wohnung? Isses dir zu dreckig? Gefällt’s dir nicht bei mir? Sag’s mir nur!»
    Aber er sagte gar nichts. Stattdessen gab die Milchschaumdüse einen kleinen Dampfstoß von sich. Ein «Pffft!», wie einen kurzen, triumphierenden Lacher. Und das Display blinkte weiter «Reinigen!».
    Da hat’s mir dann gereicht. Ich stellte den Schweizer Kaffee-Diktator neben meinen Backofen mit Selbstreinigungsfunktion und brummte: «So, unterhalt dich mal mit dem. Da kannste noch viel lernen.»
    Die Maschine weigerte sich allerdings strikt, irgendetwas zu lernen. Sie blinkte weiter gehässig vor sich hin und machte von Tag zu Tag schlechteren Kaffee. Am Ende habe ich meine französische Presskanne wieder rausgeholt. Denn eins ist sicher: Wenn ich mich jemals von einer Maschine versklaven lasse, dann bitte von so einem bedrohlich-düsteren Killer-Roboter wie in «Matrix», mit Tentakel-Armen und Stahlfräsen-Maul. Aber sicher nicht von einem schlechtgelaunten Schweizer Bohnenbrüher.

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MEIN DIGITALER GEBURTSTAG
    Geburtstag – der schönste Tag des Jahres. Die Nase wird vom Duft kross gebackener Weizenbrötchen wachgekitzelt. Die Augen blinzeln schüchtern in die Sonne, die sofort begeistert ihren Fixstern-Kumpels «Er ist wach, er ist wach!» zuruft. Man streckt sich und spürt erfreut, wie fit und durchtrainiert man mit seinen über dreißig Jahren noch ist. Man schlüpft in die Lederslipper, die vor dem Bett stehen, und schlurft durch das liebevoll eingerichtete Reihenendhaus in die offene Wohnküche. Auf einem Stövchen köchelt der Zitronenverbenen-Tee vor sich hin, und die Gattin zündet gerade die letzten Kerzen auf dem Geburtstagskuchen an. Sie hält die Hand schützend vor die Flamme, denn von der Verandatür strömt eine leichte Sommerbrise herein. Neben dem Kuchen sind unzählige Geburtstagskarten von Nachbarn, Freunden und Familienmitgliedern aufgestellt, die die Gattin in den letzten Tagen gesammelt und versteckt gehalten hat. Zwei frisch gekämmte Kinder, die bis eben noch an dem Geburtstagsbild für ihren Papa gemalt haben, kommen aus ihrem Zimmer

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