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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Barth
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Bier übergießen war aber laut Braten-junkies.de der größte Fehler, den man überhaupt machen kann. Fast so schlimm, wie das Fleisch auf der Hautseite vorzugaren. Die Fleischfetischisten.de dagegen …
     
    Nach der 78. Meinung machte ich den Laptop zu. Konnte das denn wirklich so schwer sein? Meine Mutter hatte doch gesagt … Ich griff zum Telefonhörer.
    «Ach Markus», seufzte sie, «ein Braten ist das Einfachste der Welt. Da kann man gar nichts falsch machen!»
    «Okay», sagte ich, «dann streich ich das Fleisch mit Hustensaft ein, leg es auf den Toaster und bestreu es mit Konfetti. Was sagst du jetzt?»
    Meine Mutter schwieg eine Weile.
    «Du meinst, Konfetti wegen Karneval? Joah … kann man mal machen.»
    «Mama, bitte: Sag mir, was ich machen soll! Schritt für Schritt! Stell dir vor, ich bin ein hinduistischer Mönch, der nach 50 Jahren Grünzeug dem Vegetarismus abschwört und sich denkt: Was soll der Quatsch, heut muss ’ne Sau dran glauben! Wie würdest du dem das erklären?»
    Mama seufzte wieder: «Also gut: Kauf ein gutes Fleisch, am besten aus der Schulter, mach den Ofen heiß, würz dein Fleisch, leg es in einen Bräter, mach dein Gemüse dazu, und dann brätst du das Ding halt so lange, bis es gar ist!»
    «Ja, aber …»
    «Oh, da fällt mir ein: Ich muss noch zum Metzger. Viel Glück, Markus, wenn du noch Fragen hast, kannst du ja nochmal anrufen. Tschüs!»
    «Nein!», rief ich in den Hörer. «Nein, Mama, wie heiß soll der Ofen sein? Muss Brühe dazu? Oder Bier? Obendrüber? Untendrunter? Außen rum? Und was für Gemüse überhaupt? Mama … Denk an den Bettelmönch!»
    Doch sie hatte schon aufgelegt.
     
    Ich starrte vor mich hin. In meinem Kopf schwirrten Bilder einer international operierenden Schweinebraten-Geheimloge, bestehend aus der Nachbarin meines Freundes, Alfons Schuhbeck, meiner Mutter und Zimtsternchen38, deren oberstes Ziel es ist, das Rezept für den perfekten Braten geheim zu halten. Ich sah die Fleisch-Freimaurer um einen Tisch mit einem Bierkrustenbraten stehen, in dunklen Küchenschürzen mit Kapuzen. Ich sah, wie sie sich an den Händen fassten, leise das ultimative Schweinebraten-Rezept vor sich hin murmelten und sich über all die Idioten kaputtlachten, die tatsächlich glaubten, man könne dieses Rezept im Internet finden.
     
    Verwirrt und kraftlos fuhr ich zum Supermarkt. Der Verkäufer begrüßte mich mit einem gutgelaunten: «Ah, Sie sind der Schweinebraten, oder?»
    Ich nickte matt.
    «Kleines Problem: Der Lieferant hat mich beschissen.»
    «Aha?»
    «Japp. Das Stück, das er mir für Sie verkauft hat, ist nämlich nicht aus der Schulter, sondern aus der Hüfte.»
    Der Verkäufer, der Lieferant – zwei Mitglieder mehr in der Loge.
    «Und … das heißt?», fragte ich vorsichtig.
    Er sah mich an, als hätte ich gerade ein Kilo Eidechsen-Mett bestellt. Dann deutete er erst auf seine Schulter und anschließend auf die Hüfte: «Schulter … Hüfte!» Er schaute mich mit einem «So weit verstanden?»-Blick an. Dann griff er in die Kühltheke, holte ein Stück Fleisch heraus und knallte es auf die Theke.
    «Hüfte ist halt ein bisschen dicker als Schulter.»
    Ich bäumte mich ein letztes Mal auf: «Aber wenn ich ihn einfach länger im Ofen lasse – dann müsste es doch gehen, oder?»
    Er wiegte den Kopf. «Nüah … nicht unbedingt. Is nämlich ein bisschen weniger geworden als bestellt. Um genau zu sein …» Er legte das Fleisch auf die Waage. «1800 Gramm. Kommt noch was dazu?»
    Ich schaute ihn erschöpft an. «Die restlichen 2200 Gramm vielleicht?»
    Er lachte: «Haha, ja, wie gesagt, der Lieferant …» Er wedelte sich mit der Hand vor dem Gesicht herum.
     
    Ich habe das Fleisch dann trotzdem gekauft. Und nach Hause gebracht. Und gebraten. Vier Stunden, 250 Grad, ungewürzt, ohne Übergießen. Dann kamen meine Gäste. Dann habe ich Pizza bestellt.
    Wenigstens konnte ich meinen Schweinebraten im ganz normalen Hausmüll entsorgen.

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ZUR GEBURT
    Es kommt die Zeit in unser aller Leben, in der sich der gesamte Freundeskreis hemmungslos vermehrt. Ab Mitte 20 sitzt man alle zwei Wochen vor einer Glückwunsch-Karte und überlegt sich haareraufend einen pfiffigen Text. Denn das Schwierige bei Geburtskarten ist, dass alles Wesentliche schon draufsteht. «Alles Gute zum Nachwuchs» – mehr muss man eigentlich nicht sagen. Schreibt man aber nur ein «… wünscht Markus» rein, denken sich die Eltern: «Na, da hat sich ja einer

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