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Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0

Titel: Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Barth
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Marmeladengläser, zerdrückte die Bananen, rieb die Limettenschale ab, würfelte den Ingwer, kochte alles ein und füllte es in die Gläser. Das Ergebnis war sehr interessant, denn ich lernte, was noch schlimmer riecht als reife Banane: warme reife Banane. Als die Marmelade erkaltet war, hatte sie Konsistenz, Aussehen und Geruch von gelierter Affenkotze. Um die Frage also zu beantworten: Ja, man sollte reife Bananen einfach wegwerfen. Das Vorher-Einkochen spart man sich am besten.
    Übrigens: Bei der Suche nach dem Rezept habe ich aus Spaß mal «Bananenfäden» gegoogelt. 690 Ergebnisse. Davon mindestens zehn Internetforen, in denen Jugendliche fragten, ob man Bananenfäden tatsächlich rauchen kann. Der Einfallsreichtum gelangweilter Teenager fasziniert mich immer wieder. Die Antworten der Erwachsenen, die auch mal gelangweilte Teenager waren, fielen leider eher ernüchternd aus: Natürlich kann man Bananenfäden rauchen. Es bringt aber nichts. Ich habe mich dann in einem der Foren angemeldet und folgenden Tipp angefügt: «Peitscht euch lieber gegenseitig damit aus! DAS ist mal ’n krasser Trip!»
    Jetzt warte ich auf die ersten «Banana-Whipping»-Videos bei YouTube. Ich bin sicher, es wird nicht lange dauern.

[zur Inhaltsübersicht]
IT ’S AMAZING !
    Ich mache mir ein bisschen Sorgen um unsere amerikanischen Freunde. Wir alle wissen, dass Amerikaner schnell zu begeistern sind, aber mittlerweile nimmt dieser Charakterzug bizarre Formen an.
    Als ich mir vor zehn Jahren in New York eine Jeans kaufte, legte mir der Verkäufer anschließend den Kreditkartenbeleg und einen Stift hin. Ich unterschrieb, er schaute begeistert auf die Unterschrift und sagte: «That’s amazing, dude!» – «You think so?», fragte ich überrascht, und er antwortete: «Absolutely!»
    Ich fühlte mich schon ein bisschen geschmeichelt und lächelte stolz. «I have been able to write my name since the age of seven!»
    Ungläubig schüttelte er den Kopf: «Wow!»
    Ich drückte mich noch ein bisschen an der Theke herum, dann dachte ich mir: «Ach, was soll’s!», holte mir noch eine Hose und bezahlte sie wieder per Unterschrift. Die Begeisterung des Verkäufers war kaum noch zu bändigen.
    Nach der siebten Hose war dann mein Verfügungsrahmen gesprengt. Aber ich hatte einen Menschen sehr, sehr glücklich gemacht.
     
    Das war meine erste Begegnung mit der amerikanischen Begeisterungsfähigkeit. Die nächste war dann vor vier Jahren. Ich sollte mit einer amerikanischen Autorin zusammenarbeiten, von der ich zuvor noch nie gehört hatte. Jessy hieß sie, und als wir einander vorgestellt wurden, fiel sie mir sofort um den Hals und begrüßte mich mit einem überschwänglichen: «Markus! Finally!
So
pleased to meet you!» Dabei küsste sie mich links und rechts auf die Wange. (Das heißt, sie küsste nicht meine Wange, sondern die imaginäre Verlängerung meiner Wangen links und rechts. Wir wissen ja, das Immunsystem der Amerikaner ist so empfindlich, dass ihnen bei einer tatsächlichen Berührung oder einem Kuss sofort die Lippen wegfaulen würden.) Dann stellte sie sich vor mich und fragte ernst: «So tell me: How are you? What are you doing? Oh my god, it’s so amazing!» Es war, als hätte Jessy ihr ganzes Leben lang kein anderes Ziel gehabt, keine andere Hoffnung, keinen anderen Wunsch, als mich zu treffen. Ich war gerührt. Sie findet es «amazing!», mich zu treffen! Und ich stehe hier rum, habe keine Ahnung, wer die Frau ist, und habe mich ehrlich gesagt ungefähr so stark auf sie gefreut, wie man sich nach einem Montag auf den Dienstag freut!
    Ich wollte das gerade alles gutmachen und ihr sagen, dass auch ich mich wahnsinnig freue, doch da hatte Jessy sich schon wieder weggedreht und einen anderen Kollegen ins Visier genommen. Seitdem weiß ich: «It’s amazing!» heißt im Amerikanischen irgendwas zwischen «Na?» und «Laaangweilig!».
     
    Jedes Mal wenn ich seitdem Amerikaner sehe, habe ich das Gefühl, dass dieser Hang zum überbordenden Enthusiasmus immer noch ein bisschen schlimmer geworden ist. Wenn Sie das nicht glauben, schauen Sie mal eine amerikanische Dauerwerbesendung im Nachtprogramm. Da können sich Verkäuferinnen stundenlang darüber freuen, dass ein Entsafter tatsächlich Saft herstellt. Und wenn sie dann den Saft auch noch probieren, hat man ein bisschen Angst, dass ihnen vor lauter Begeisterung die Augäpfel aus dem Gesicht schießen und den Kameramann niederstrecken. Die Amerikaner sind ein Volk der

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