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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zielbewußten Frau. Denn Robert Sorant war verheiratet, seit einigen Jahren schon. Und glücklich, sehr glücklich sogar.
    Warum dann dieser seltsame Abstecher Roberts nach Altenbach? Warum? Das weiß der Teufel, warum.
    Robert Sorant war Künstler. Mit normalen Maßstäben können solche Menschen nicht gemessen werden. Das wird sich noch oft genug in diesem Buch erweisen.
    Der Kellner Martin Eisner stand immer noch vor Robert und fragte ihn nun: »Noch einen Wunsch, mein Herr?«
    »Ja. Sie sagten mir, die Dame wohnt nicht hier im Hotel?«
    »Nein, sie kommt nur manchmal zum Essen her.«
    »Sie ist also Altenbacherin?«
    »Das nicht; sie zog zwar vor kurzem hierher nach Altenbach, will aber, soviel ich weiß, nicht hier wohnen bleiben.«
    »Wie heißt sie? Wo wohnt sie?«
    Nun schien es aber dem Kellner wieder zuviel zu sein, denn er antwortete ein zweites Mal an diesem Tage: »Es wäre mir lieber, wenn Sie sie selbst das fragen würden.«
    Und er setzte hinzu: »Vielleicht möchte sie nicht, daß ich diese Dinge von ihr preisgebe.«
    Auf dem Weg in sein Zimmer kam Robert Sorant an der Kammer des Stubenmädchens vorbei, aus dem eine Stimme mit hellen Ausbrüchen ertönte:
    »Oh, könnte ich Sie umarmen! Aber ich weiß, daß mein Herz mich dazu hinreißen würde, einen Kuß der Freundschaft für ein Geständnis zu nehmen …«
    Sorant blieb stehen, kämpfte kurz mit sich und schämte sich dann nicht, durchs Schlüsselloch zu gucken. Was er sah, amüsierte ihn. Das Zimmermädchen kniete vor einem jungen Mann. Wahrscheinlich der Hausbursche, denn er trug Arbeitskleidung. In der Hand hielt er ein Textbuch, in das er angestrengt hineinblickte. »Gut, gut«, brummte er.
    Die beiden probten den 3. Akt von DURCH DICK UND DÜNN.
    Herrgott – es war eben Frühling.
    In seinem Zimmer verzichtete Sorant auf das Licht der großen Deckenbeleuchtung und begnügte sich mit der Leistung einer Tischlampe; er setzte sich und sinnierte vor sich hin. Seine Augen folgten dem Flug eines Nachtfalters, der die Freiheit durchs offene Fenster hätte gewinnen können, sich aber immer wieder dafür entschied, zum Licht der Tischlampe zurückzukehren.
    Sorant kam sich reichlich verlassen und dumm vor – dumm wie der Falter. Da hatten ihn vor kurzem seine Freunde unter Mithilfe seiner Frau beiseite genommen, mitten in einer Gesellschaft im Hause des Verlagsdirektors, und hatten ihm in eindringlichen Worten klargemacht, daß alle über sein Aussehen entsetzt seien und er eine Aufmöbelung nötig habe. Letzteres zeige auch deutlich der Mißerfolg seiner Novelle GOLDREGEN. Auf diesem Mißerfolg ritt natürlich besonders der Verlagsdirektor herum und riet mit Nachdruck einen Erholungsurlaub an. Allerdings empfahl er, keine zu weite Reise anzutreten, etwa nach Lugano oder St. Moritz, auch nicht nach Bad Ems oder zum Bodensee, sondern in der Nähe zu bleiben, um bei Bedarf jederzeit erreichbar zu sein. Der Verlag warte nämlich auf ein neues Buch. Und ein Autor, der das seltene Glück habe, einer derjenigen zu sein, die vom Verlag ›verlangt‹ würden, müsse alles tun, um sich diese Eigenschaft zu erhalten; er müsse ›am Ball bleiben‹, und so richtig ginge das nur in der Nähe. In diesem Sinne erfolgten entsprechende Vorschläge: Godesberg, Königswinter oder St. Goar.
    Alles wohlklingende, verführerische, weinfrohe Namen. Gerade deshalb aber verfielen sie Sorants spontaner, energischer Ablehnung. Die Freunde konnten ja nicht ahnen, daß in Godesberg ein Mädchen in einem Hutgeschäft auf das Wiederauftauchen eines großen, blonden Mannes wartete, daß außerdem in Königswinter ein tobender Ehemann Rache bis aufs Blut geschworen und daß schließlich in St. Goar ein Küfer verkündet hatte, den Verführer seiner einzigen Tochter in Wein zu ertränken. Gut, daß besonders Gerti von alldem keine Ahnung hatte. Für Erholungsaufenthalte waren aber diese Orte jedenfalls denkbar ungeeignet.
    Bis der Name ›Altenbach‹ fiel. Und dabei blieb es. Robert Sorant erklärte sein Einverständnis. In diesem Nest kannte ihn niemand, und er hatte auch nicht die Absicht, daran, wenn er hinfuhr, das geringste zu ändern, etwa nach den Beispielen in Godesberg, Königswinter und St. Goar. Dieser Entschluß Roberts stand eisern fest, als der erholungsbedürftige junge Mann in den Eisenbahnwaggon geklettert war (nach einem rührenden Abschied von Gerti). Aber der Geist ist willig, und das Fleisch ist schwach.
    Wenige Stunden nach der Ankunft in Altenbach schien

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