Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen (German Edition)
eine Vorstellung vom Ausmaß der Arbeitsabläufe im heutigen Bergbau.
Kapitel 2
Der geplünderte Planet:
die Geschichte des Bergbaus
Fossile Brennstoffe und
die Geburt des modernen Bergbaus
Die Epoche, die wir Antike nennen, endete mit dem Niedergang des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung. Als Europa die Schwelle zum Mittelalter überschritt, waren seine Bodenschätze, vor allem Gold und Silber, stark dezimiert, aufgebraucht durch die Bedürfnisse vorangegangener Epochen. Das Mittelalter war aber auch ein Zeitalter technischer Innovation. Das Schwarzpulver, das in China erfunden und nach Europa importiert wurde (vielleicht auch hier neu erfunden), veränderte nicht nur die Methoden der Kriegsführung, sondern auch die des Bergbaus, mit dem Ergebnis, dass der Begriff »Mine« nun auch für »Sprengladung« stand. Der Einsatz von Schwarzpulver erleichterte es erheblich, Gestein zu zertrümmern und Tunnel zu graben. In dieser Zeit nahmen Bergwerke allmählich das Aussehen an, das wir normalerweise mit ihnen verbinden: tiefe Gruben und lange unterirdische, in den Fels gegrabene Tunnel.
Die neue Technik machte es möglich, alte Bergwerke zu reaktivieren und erneut mit der Produktion mineralischer Güter zu beginnen. Die eigentliche Revolution im Bergbau kam aber mit der Entdeckung der Neuen Welt durch Christopher Columbus im Jahr 1492. Sie läutete nicht nur das Ende des Mittelalters ein, sondern behob auch den Mangel an Bodenschätzen in Europa, vor allem was Edelmetalle betraf. Für lange Zeit diente der amerikanische Kontinent als Bezugsquelle für Edelmetalle. Das spanische Reich verdankte seinen Wohlstand wesentlich den Minen von Potosi in Südamerika. Auf dem »unberührten« amerikanischen Kontinent, der seiner Bodenschätze bisher noch nicht beraubt worden war, wurde an vielen Stellen Gold gefunden.
Das bekannteste Beispiel für die Reichhaltigkeit der neuen Vorkommen ist der »Goldrausch« in Kalifornien 1848. Das Goldfieber schuf nicht nur den Mythos der »Forty-Niner«, sondern verwüstete auch das Land und trug zur Ausrottung der einheimischen Bevölkerung bei 64 . Es geschah hier nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal, dass die Produktion in einer neuen Bergbauregion rapide anwuchs und anschließend jäh abstürzte.
Die Entwicklung des Bergbaus nach dem Ende des Mittelalters beinhaltete aber nicht nur die Ausbeutung neuer Regionen. Auch die Entdeckung neuer Elemente und neuer, vorher noch nie erschlossener Ressourcen brachte der Wirtschaft einen frischen Zufluss an Bodenschätzen. Im 18. Jahrhundert kam es in der Chemie zu einer wahren Lawine an Entdeckungen. Einige davon befassten sich auch mit der Identifizierung und Abscheidung neuer Metalle. Die Liste der sieben in der Antike bekannten Metalle erweiterte sich um weitere 16 65 . Zu diesen neuen Metallen gehörten Kobalt, Chrom, Platin, Zirkonium, Uran und viele mehr. Auch einige Nichtmetalle wurden im 17. und 18. Jahrhundert isoliert, darunter Wasserstoff, Sauerstoff, Chlor und Phosphor. Im 19. Jahrhundert folgte eine Entdeckung auf die andere, was Dmitri Mendelejew im Jahr 1869 dazu veranlasste, das Wissen über die chemischen Elemente in seinem »Periodensystem« systematisch zu erfassen. Das 20. Jahrhundert verlagerte sich auf die Identifizierung instabiler radioaktiver Elemente. Im 21. Jahrhundert sind wir immer noch mit dem Versuch beschäftigt, den Bereich der bekannten Elemente um extrem instabile Isotope mit Halbwertszeiten von Bruchteilen von Millisekunden zu erweitern.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die meisten Elemente des Periodensystems bekannt. Ihre wirtschaftliche Verwertung konnte aber erst dank der Entdeckung und Erschließung einer anderen Art von Bodenschätzen erfolgen, nämlich der fossilen Brennstoffe. Alles begann mit der Kohle (vgl. den Beitrag von Zittel & Schindler, S. 233 ff. ). Der Überlieferung zufolge waren die Römer die ersten, die Kohle als Brennmaterial verwendeten, wobei sie die reichlichen Vorräte, die ihnen in Britannien zur Verfügung standen, abbauten, allerdings nie in großem Maßstab. Wie in Marco Polos Reisebeschreibung »Il Milione« zu lesen ist, verbrannten die Chinesen Kohle bereits im 13. Jahrhundert. In Europa begann Kohlenbergbau in großem Stil im Lauf des 18. Jahrhunderts. Nachdem es gelang, Steinkohle zu verkoken, konnte sie die Holzkohle in der Eisenproduktion ersetzen, und zwar zu einem erheblich günstigeren Preis. Mit Holzkohle erschmolzenes
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