Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen (German Edition)
Mengen gewinnen, aus Oberflächenreservoiren oder aus Öl, das ins Meer gesickert war und sich mit Schwämmen sammeln ließ. Ein gewisser »Colonel« Edwin Drake hatte jedoch den Auftrag bekommen, ein Verfahren zur Steigerung des Angebots zu finden. Er war der erste, der ein Rohr in die Erde treiben ließ, um nach Öl zu suchen. Das war im Jahr 1858, in seiner Heimatstadt Titusville, Pennsylvania. In einer Tiefe von 20 Metern wurde er fündig. Und so begann eine Geschichte, die auch heute noch nicht zu Ende ist.
Wie so oft, wenn etwas billig zu haben ist, finden sich neue Anwendungsmöglichkeiten, so auch in diesem Fall. Eines der Nebenprodukte bei der Kerosinherstellung nannte man »Benzin«. Es handelte sich um eine Flüssigkeit, die zu entzündlich und zu flüchtig war, um für Lampen Verwendung zu finden. Also verkaufte man sie als billigen Fleckentferner für Kleidungsstücke.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts stellte sich heraus, dass sich Benzin als Treibstoff für sogenannte »Verbrennungsmotoren« eignete. Motoren dieser Art hatte es schon eine ganze Weile gegeben, mangels passenden Treibstoffs war ihr praktischer Gebrauch jedoch limitiert. Mit dem Benzin wurde alles anders. Der von Nikolaus August Otto im Jahr 1876 entwickelte erste Viertaktmotor markierte den Beginn einer Revolution. Später, im Jahr 1892, erfand Rudolf Diesel den nach ihm benannten Motor, der mit einer anderen Destillatfraktion des Erdöls laufen konnte, dem heutigen »Dieselkraftstoff«. Diese Motoren ermöglichten es, Fahrzeuge von so geringem Gewicht zu bauen, dass sie auf Straßen fahren und mit den Pferdekutschen konkurrieren konnten, eine umwälzende Neuerung für den Verkehr.
Die Verbreitung von Straßenfahrzeugen ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert schuf weitere Verwendungsmöglichkeiten für Erdöl. Reifengummi war zum Beispiel ein wachsender Markt. Zunächst wurde Gummi nur aus natürlichen Materialien hergestellt, nämlich aus tropischen Bäumen. Die wachsende Zahl von Fahrzeugen löste jedoch einen Ansturm auf Kautschuk aus. Im Kongo kostete die westliche Kontrolle über die Kautschukproduktion und die Gewinne aus seiner Ausbeutung Millionen Einwohnern das Leben 66 . Erneut kam das Erdöl zu Hilfe. Seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden Verfahren zur Herstellung von synthetischem Gummi aus Öl mehr und mehr gebräuchlich und verdrängten allmählich den Naturgummi. Des Weiteren stellte man aus Erdöl auch Bitumen für den Straßenbau her. Die Verbindung von Verbrennungsmotoren, synthetischen Gummireifen und befestigten Straßen war der Dreitakt, der zu dem Straßenverkehrssystem führte, wie wir es heute kennen: Autos und Lastwagen, wohin das Auge blickt.
Erdöl ermöglichte auch noch andere Transporttechniken. Im Jahr 1903 hob erstmals ein motorgetriebenes Flugzeug der Gebrüder Wright vom Boden ab. Das war die erste Etappe in der schrittweisen Entwicklung der Luftfahrt, die bis heute nur dank der hohen Leistungsdichte des aus Erdöl gewonnenen Kraftstoffs aufrechterhalten werden kann. Ebendiese hohe Leistungsdichte machte das Erdöl auch für den Einsatz im Bereich der Schifffahrt interessant. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wechselten Handelsschiffe wie Kriegsschiffe von platzraubenden Dampfmaschinen mit geringer Effizienz zu Dampfturbinen, die entweder mit Kohle oder mit Öl betrieben werden konnten. Später gingen die meisten Schiffe zu den zweckmäßigeren und verlässlicheren Dieselmotoren über.
In den 1960er Jahren überflügelte Erdöl die Kohle und übernahm die Rolle als tragende Energiequelle für die Wirtschaft. Eine Zeit großen Wohlstands brach an, wie ihn die Geschichte vorher wohl noch nie gesehen hat. In der westlichen Welt stand auf einmal in jeder Garage ein Auto, in jeder Küche ein Kühlschrank und in jedem Wohnzimmer ein Fernsehgerät. Jedermann fuhr in den Sommerurlaub. Autos wurden mit Heckflossen ausgestattet, so dass sie wie kleine Raumschiffe aussahen. Sie waren nicht allein zum Fahren da. Die Amerikaner verbrachten ihre Ferien im Auto, aßen im Auto, sahen Filme im Auto und nicht wenige Angehörige der heutigen Generation sind vielleicht auf dem Rücksitz eines Autos gezeugt worden. Sie sind, wenn man so will, die Söhne und Töchter des Erdöls. In den 1960er Jahren eroberte der Mensch auch den Weltraum. Das Erdöl lieferte die Energie für die Raketen und die Raumschiffe, die 1969 erstmals in der Geschichte Astronauten zum Mond brachten.
Die von fossilen Brennstoffen
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