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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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Klassenzimmer betreten!
    ***
    Niemand schrie auf. Weder die Lehrerin noch die Schüler. Sie alle waren blitzschnell in den Tentakelarmen des Schreckens gefangen, als sie die Gestalt sahen, die in der linken Hand einen Revolver hielt und damit auf die Lehrerin zielte. Mit der anderen Hand umklammerte die Gestalt einen klumpigen Gegenstand, von dem niemand wußte, was es war. Der Mann trug einen Helm, hatte das Sichtvisier allerdings in die Höhe geklappt.
    »Wenn einer von euch schreit, ist die Lehrerin tot!«
    Es waren Worte, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Die Kinder rührten sich nicht, denn der Schock hatte sie voll und ganz erwischt. Sie sahen aus wie Puppen, die jemand gebastelt hatte.
    Greta Franklin stand mit dem Rücken zur Tafel. Sie spürte sie hinter sich und dachte komischerweise daran, daß jetzt die Kreide ihren Pullover beschmierte.
    Was sie hier erlebte, war Wahnsinn, war ein Alptraum, in den man sie und die Kinder hineingestellt hatte, nur entsprach dieser Traum leider den Tatsachen.
    Sie wußte nicht genau, was dieser Mensch wollte, aber sie konnte sich denken, daß er keine Rücksicht kannte.
    Er war ein Psychopath, vielleicht einer, der unter Drogen stand und auf nichts mehr Rücksicht nehmen würde, selbst auf Kinder nicht. Die Lehrerin spürte die Angst wie eine bohrende Faust, die sich immer tiefer in ihren Magen rammte, als wollte sie an der anderen Seite wieder zum Vorschein kommen.
    Er lachte.
    Ein widerliches Gelächter, das wie ein kurzer Stoß durch den Klassenraum irrlichterte.
    Dann war er wieder still.
    An seinen Schuhen klebte Schnee. Das meiste Zeug war getaut, so daß er von einer Wasserlache umgeben war. Er hatte den rechten Arm ausgestreckt, die Mündung der Waffe zielte auf Gretas Kopf, und er sagte: »Deinen Schädel werde ich dir in tausend Stücke pusten, wenn du nicht genau tust, was ich dir sage.«
    Greta nickte. »Ja, okay, ja, ich werde tun, was Sie wollen. Aber bitte, denken Sie an die Kinder. Ich will nicht, daß ihnen etwas geschieht. Nehmen Sie mich, aber nicht…«
    »Maul halten!«
    Sie schwieg.
    Verdammt, du mußt dich zusammenreißen, schoß es ihr durch den Kopf. Denk daran, was man dir beigebracht hat. Erinnere dich daran, was deine Lehrer damals sagten, wie du dich in Streßsituationen verhalten mußt. Aber an eine Situation wie diese hatte keiner der Lehrer auf der Schule gedacht. Das hier war ein Szenario des Terrors. Wenn ich nur wüßte, weshalb er dieses andere Ding da mitgebracht hat, dachte sie. Greta konnte sich unter dem Gerät nichts vorstellen, sie stufte es allerdings als schlimm ein.
    Sie dachte daran, daß es schon früher Nachmittag war, die Ganztagsschule bald beendet sein würde. Dann kamen viele berufstätige Eltern, um ihre Kinder abzuholen.
    Der Mann hatte den Blick der Lehrerin bemerkt. Er lachte wieder. Diesmal leiser. »Willst du wissen, was ich hier mitgebracht habe? Ist ein kleines Geschenk für euch. Ich bin Fire-Johnson! Ja, ich bin es! Erkennt ihr mich nicht?«
    Er bekam von den Schülern keine Antwort, von der Lehrerin ebenfalls nicht, aber Greta hatte mehr Phantasie als die Kinder. Sie konnte sich schon etwas vorstellen, als sie diesen Namen gehört hatte. Fire-Johnson!
    Feuer also!
    Ihre Kehle trocknete noch mehr aus. Dafür brach ihr der Schweiß aus. Er hatte sich schnell unter den Achselhöhlen gesammelt und rann als kühle Tropfenbahn ihren Ann entlang nach unten.
    »Weiß keiner von euch, wer ich bin, verdammt noch mal?« fragte Fire-Johnson wütend.
    »Nein!« erwiderte Greta.
    Er kam noch einen Schritt näher. Sein Revolver nahm an Größe zu. Für Greta wurde er zu einer regelrechten Kanone, die alles vernichtete, was sich ihr in den Weg stellte. »Feuer! Ich liebe das Feuer! Ich fühle mich irre wohl, wenn es brennt. Ich fühle mich wohl, wenn Häuser, Wohnungen und Menschen brennen! Ich will sie als Flammen sehen. Verstehst du das, Frau Lehrerin?«
    Ja, Greta Franklin verstand es. Sie wollte nur nicht darüber nachdenken, weil es einfach zu schrecklich war. Das paßte nicht in ihr Weltbild. Sie stellte sich vor, was geschehen würde, wenn dieser Irre seine Drohung wahrmachte, wenn plötzlich nicht nur der Klassenraum in Flammen stand, sondern auch die Schüler, die dann als lebende Fackeln umherirrten und elendig verbrannten. Bei diesem Gedanken wurde es Greta Franklin übel, sie mußte würgen.
    Fire-Johnson aber lachte.
    Schon jetzt empfand er eine perverse Vorfreude und erklärte mit Flüsterstimme, die aber bis in
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