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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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verschneiten Schulhof schauen. Die Bäume bildeten skurrile Figuren, waren ebenfalls schneebeladen, und ihr Geäst sah aus, als hätte es einen weißen Anstrich bekommen.
    Über dem Schulkomplex lag ein Himmel, der wie eine düstere Drohung wirkte. Wolken klebten zusammen, bildeten Schatten, ließen keine Sonne durch und sahen aus, als wollten sie sich in den nächsten Minuten nach unten auf den Hof senken, um alles zu verschlingen. Selbst die drei von den Schülern gebauten Schneemänner schienen sich vor ihnen zu fürchten.
    Etwas zog Greta Franklins Brust zusammen. Sie wußte auch nicht, weshalb sie dieses Gefühl überkam, jedenfalls konnte sie es nicht mehr vertreiben.
    Hing es mit dem niedrigen Luftdruck zusammen, der sich auf ihr vegetatives Nervenkostüm legte und ihr deshalb das Gefühl gab, etwas Fremdes, Gefährliches sei im Anmarsch?
    Sie konnte es nicht sagen und mußte sich irgendwie ablenken. Einige Schüler zuckten zusammen, als die Lehrerin sich erhob. Das schlechte Gewissen stand in den kleinen Gesichtern geschrieben. Wahrscheinlich hatten welche versucht zu mogeln, doch Greta nahm es nicht so genau und lächelte, während sie auf den breiten Mittelgang zuging. Um ihn herum bildeten die Tische und Stühle einen ziemlich großen Halbkreis. Natürlich kannte sie ihre Pappenheimer, wußte, wer gut oder schlecht in Mathe war und blieb bei den Schülern stehen, die zu den schlechtesten zählten.
    Auch Mike war dabei.
    Er stöhnte wie ein alter Mann.
    »Na?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Mathe ist Mist. Mathe ist einfach große…«
    »Bitte, Mike.«
    »Ja, schon gut, Mrs. Franklin. Ich komme nicht zurecht.«
    Die blaß geschminkten Lippen der Frau verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Wenn du dir etwas Mühe gibst, wirst du es bestimmt schaffen, mein Lieber.«
    »Das sagt meine Mutter auch.«
    »Hat sie denn nicht recht?«
    »Nein!«
    Greta mußte sich das Lachen verbeißen, beugte sich dem Jungen entgegen und flüsterte ihm einige Worte ins Ohr, erzählte ihm den Lösungsweg der ersten Aufgabe.
    Mike bekam einen roten Kopf, nickte ein paarmal und wollte sich bedanken, aber Greta legte schnell einen Finger auf die Lippen. Sie ging weiter.
    »Da war jemand auf dem Hof, Mrs. Franklin!« Die Kleinste in der Klasse meldete sich. Sie hieß Michaela und gehörte zu den vorwitzigen Schülern, aber in Mathe war sie auch nicht besonders gut.
    »Still, still, Ela. Störe die anderen nicht.«
    »Aber da war jemand!«
    Jetzt schauten auch die anderen Schüler aus dem Fenster, die Lehrerin ebenfalls, nur konnte sie niemand entdecken.
    »Macht weiter, bitte, sonst verlieren wir zuviel Zeit.«
    Ela ließ nicht locker. »Es war ein Fremder. Ein Mann, den ich noch nie hier gesehen habe.«
    »Bestimmt jemand, der etwas angeliefert hat.«
    »Nein, der sah komisch aus. Er trug einen Overall und hatte einen Helm auf dem Kopf.«
    »Dann kam er mit dem Motorrad. Das soll es ja geben. Wir bekommen oft Besuch.«
    »Der trug aber was.«
    Greta verdrehte die Augen. »Hast du auch gesehen, was er da getragen hat?«
    »Was Komisches.«
    »Wie komisch? Einen Hund mit dem Kopf einer Katze, einen Clown oder was?«
    Alle lachten, nur Ela blieb ernst. Sie wartete, bis es still geworden war.
    »Ich habe Angst«, sagte sie dann laut und deutlich. Jeder hatte es hören können.
    Greta Franklin schwieg. Als sie mit der Zungenspitze über ihre Lippen fuhr, war dies ein Zeichen ihrer Nervosität, denn sie dachte sofort an das ungute Gefühl, das sie noch vor wenigen Minuten während der Betrachtung des Himmels gespürt hatte.
    Sollte da tatsächlich etwas im Anmarsch sein?
    Greta überlegte, schalt sich eine Närrin und schüttelte dann den Kopf.
    »Es ist bestimmt ein Lieferant, Ela. Okay jetzt?«
    »Weiß nicht. Der sah so komisch aus und hat auch den Kopf gedreht, um durch die Scheibe zu schauen.«
    »Ja, ja, so komisch.« Greta Franklin klatschte in die Hände. »Jetzt wird weitergemacht, aber schnell!«
    Murrend senkten die Kinder ihre Köpfe. Die Störung war schlecht gewesen, denn die Lehrerin stellte fest, daß die Jungen und Mädchen nicht bei der Sache waren. Verstohlen verdrehten sie die Augen. Ihre Blicke glitten immer öfter zum Fenster hinüber, und Greta rechnete damit, die Arbeit wiederholen zu müssen.
    Hier und da ein leises Wispern, mal ein Kichern, vorsichtige Blicke in Richtung Pult, das alles addierte sich noch und verstärkte die Unruhe. Jemand riß wuchtig die Tür auf.
    Eine Sekunde später hatte der Tod das
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