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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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eher still, sie wurde nicht an die große Glocke gehängt, aber jeder Polizist in London wußte Bescheid. Fire-Johnson war ausgebrochen!
    Er hatte es tatsächlich geschafft, den Hochsicherheitstrakt der Anstalt hinter sich zu lassen, in der er seit zwei Jahren hockte. Jetzt würden einige Menschen wieder vor ihm zittern.
    Fire-Johnson war ein Psychopath. Er killte nur, wenn es brannte, und er killte durch das Feuer. Er beschaffte sich nicht nur Streichhölzer – mit ihnen hatte seine Faszination an der Glut begonnen –, er griff zu härteren Mitteln.
    Fire-Johnson war spezialisiert auf Flammenwerfer!
    Nach zwei Tagen war noch immer keine Spur von ihm gefunden worden. Er hatte auch noch kein Feuer gelegt.
    Unter den Experten nahm die Nervosität zu. Irgendwann würde sich der Ausbrecher melden. Fire-Johnson war Psychopath, und er haßte die Männer der Feuerwehr.
    Bei ihnen rief er dann nach dem vierten Tag seines Ausbruchs an. Er ließ sich den Chef der großen Londoner Feuerwehr persönlich geben, kicherte zuerst in die Leitung hinein und erklärte dann mit einer Stimme, die einem Zischeln und Fauchen der Flammen nachgeahmt war: »Bald wird es brennen! Bald wird es brennen! Ich höre schon die Schreie der Menschen. Feuer! Feuer! Feuer!«
    Danach legte er auf.
    Der oberste Brandmeister aber war grau im Gesicht geworden und sah um Jahre gealtert aus…
    ***
    Als die Lehrerin Greta Franklin in die zahlreichen Kinderaugen schaute, die sie ansahen, konnte sie sich ein leises Lachen nicht verkneifen, denn in den Augen las sie zum größten Teil eine gewisse Furcht vor den kommenden Ereignissen in der nächsten Stunde.
    »Sie können ja lachen!« rief die elfjährige Sally. »Aber wir müssen die Arbeit schreiben.«
    »Ja, das müßt ihr.«
    »Und warum gerade heute? Es schneit so toll, und da dachten wir, wir würden hinausgehen und einen Schneemann bauen, eine Schneeballschlacht mit Ihnen machen und…«
    »Und… und… und«, sagte Greta. »Das können wir alles machen. Aber zuvor wird die Arbeit geschrieben. Erst dann kommt das Vergnügen.«
    Sie schaute auf die Uhr. »Die Zettel mit den Aufgaben habt ihr bekommen, deshalb fangt bitte an.«
    Sie versuchten es, sie stöhnten, und Greta mußte laut sprechen, um die Stimmen zu übertönen. »Es geht alles von eurer Zeit ab. Bitte, ich brauche die Arbeit nicht zu schreiben. Ich kann es schon.«
    »Dann können Sie es mir ja sagen!« rief der sommersprossige Mike und grinste sie aus der ersten Reihe her an.
    »Mach du deine Sachen mal allein. Hinterher kannst du stolz auf dich sein.«
    »Hm.« Mike verzog den Mund. »Glaube ich nicht, Mrs. Franklin.«
    Sie hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. Trotz dieser kleinen Schwierigkeiten machte ihr der Beruf als Lehrerin Spaß. Sie hätte sich keinen anderen wünschen können, und sie wollte auch nur mit kleinen Kindern umgehen, nicht mit den Halbwüchsigen, die oftmals zu frech und abgebrüht waren.
    Hinter dem Pult nahm sie Platz und drückte ihren Rücken gegen die Lehne. Sie hatte dort ein Kissen befestigt, denn das war wieder ein Wetter für ihre Rückenschmerzen. Mit fünfunddreißig Jahren stand sie mitten im Leben und dachte an ihren Mann, der jetzt auf dem Atlantik fuhr, denn er hatte sich für den Beruf des Seemanns entschieden und stand kurz vor dem Kapitänspatent. Obwohl Greta lange Zeit von ihrem Mann getrennt war, glaubte sie, eine gute Ehe zu führen, denn wenn Slim bei ihr war, erlebten sie die Zeit immer sehr intensiv. Sie war eine attraktive Frau mit silberblonden Haaren, die sie kurz und abstehend trug. An diesem Tag trug sie eine moderne rote Steghose und einen schwarzen Pullover mit Rollkragen. Die Hosenbeine steckten in den Schäften der gefütterten, halbhohen Schuhe, deren Leder einen grauen Glanz zeigte.
    Die Kinder waren ruhig geworden.
    Damit sie nicht voneinander abschreiben konnten, hatten sie verschiedene Aufgaben bekommen, was die Kleinen natürlich ärgerte. Hin und wieder stöhnte der eine oder die andere auf, als würden sie unter einer fürchterlichen Folter leiden.
    Mrs. Franklin drehte den Stuhl etwas herum. In der Stille erschrak sie fast selbst über das Quietschen.
    Greta schaute aus dem Fenster.
    Es war groß, sehr groß sogar und nahm eine gesamte Wand ein. Es begann dicht unter der Decke, und die Scheibe fand ihr Ende erst in Höhe der Heizung.
    Die gesamte Schule war in einem Flachbau untergebracht, der aus mehreren Trakten bestand. Von ihrem Platz aus konnte sie auf den
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