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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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Golf zu spielen. Der Junge aber war glücklich und bestens versorgt und lächelte wie ein Idiot, der absichtlich dumm gehalten wurde und keine Ahnung hatte, was er draußen verpasste. Als Finn ging, ließ die Mutter Metallrollläden einbauen.
    Nachdem er sich angewöhnt hatte, die Schritte bis ins Klassenzimmer, in den Speisesaal oder zu Roz zu zählen, wurde Finn irgendwann bewusst, dass seine Welt aus ein paar Hundert Quadratmetern bestand. Diese Geborgenheit ist ihm zu verlockend. Er muss nur an die Lähmung des alten Mannes denken, und schon rennt er los. Er läuft durch die Gegend, verirrt sich, ruft manchmal um Hilfe und versucht dann, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Das ist immer noch besser als die Alternative.
    Der Schnee weht ihm ins Gesicht, und er spürt, wie er auf seiner Brille liegen bleibt. Sie abzuwischen ist eigentlich ein schlechter Witz.
    Er wird langsamer, ohne zu wissen, warum. Irgendetwas lenkt ihn ab. Er versucht, durch das Rauschen des Windes in den Bäumen etwas zu hören. Der Schnee fällt ihm in den Nacken, aber ihm ist sowieso schon kalt.
    Finn hat schon immer auf seine Instinkte vertraut, aber jetzt ist er fast völlig von ihnen abhängig. Er hat
keine andere Wahl. Er ist ein Sklave seiner übrig gebliebenen Sinne. Am liebsten würde er schreien. Am liebsten würde er in genau diesem Augenblick schreien.
    Auch in dieser Gegend ist der Friedhof einer jener halbversteckten Orte. Mit unzähligen Vertiefungen im Boden, von Unkraut übersät und voller zerfallener Grabsteine und zugewachsener Felsen. Finn macht noch einen Schritt, dann noch einen. Er schwenkt seinen Stock. Er steht kurz vor dem ersten Grab. Indem er immer wieder mit den Fingern über die gemeißelten Rillen fuhr, hat er sich viele der Namen auf den Tafeln gemerkt. Er weiß, wie weit sie jeweils vom Weg entfernt sind.
    Auf diese Weise bleibt er ein Mann, einer, der auf eigenen Füßen steht.
    Das hier vorne ist nur ein Felsbrocken. Ein Dutzend Schritte weiter den Gang entlang schlägt er mit dem Stock gegen eine Statue. Ein kniender Engel, die Flügel nur halb ausgebreitet. Die Hände sind zum Gebet verschränkt. Die Zeigefinger fehlen.
    Er geht weiter und öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber er hat keine Ahnung, was. Wen will er rufen? Wem will er antworten? Er fragt sich, wo zum Teufel Roz ist. Er denkt an Vi, aber das tut er eigentlich immer. Seine Seelenklempnerin versucht, deshalb nicht allzu wertend zu klingen, aber sie ist leider ziemlich schlecht darin, ihre Gefühle zu verbergen.
    Dieser Stein hier. Das ist Abbie Waylon, geliebte Mutter, von einer eifersüchtigen Nachbarin erschlagen, 1812-1847.
    »Hallo, Abbie Waylon«, sagt er. Er macht sich Gedanken über die Nachbarin und was sie dazu veranlasst hat, auf Annie einzuschlagen und sie umzubringen. Diese
verklemmten Puritaner. Vielleicht hat Abbie irgendwann mal zu viel Bein gezeigt oder ihren großen Hut vergessen. Vielleicht hat sie im entscheidenden Moment vergessen, zu erröten. Was hat ihre Nachbarin begehrt? Er stellt sich vor, wie Abbies Kinder das Grab besuchen und dort stehen, wo er jetzt steht. Seite an Seite, zu dritt oder zu viert, gelb gekleidet, zu Ostern, und Blumen auf die matschige Erde legen.
    Das hässliche Quäken eines Tiers verliert sich fast im Wind.
    Finn dreht sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und lässt die Schultern locker. Die Rücken- und Beinmuskeln spannen sich an. Er hält den Stock nach vorn und geht in Abwehrstellung. In der Gesäßtasche hat er ein Klappmesser. Seine Psychiaterin hat ihm empfohlen, Pfefferspray bei sich zu tragen, es sei wichtig, dass er seine Unabhängigkeit verteidige, sein Sicherheitsbedürfnis befriedige und seinen Selbsterhaltungstrieb auslebe. Sie wusste nicht, dass er da schon ein Messer hatte. Pfefferspray hat noch niemandem das Leben gerettet.
    Ein gequältes Wimmern. Etwas kriecht durch den dichter werdenden Schnee, der sich wie ein Schleier über den Boden legt.
    Es ist weder ein Hund noch ein Fuchs noch ein Reh.
    »Was?«, sagt er. »Hey?«
    Was zum Teufel haben die Mädchen jetzt wieder ausgeheckt?
    Er betet zu Gott, dass es nicht Vi ist, die betrunken vor ihm liegt und sich an ihn heranschleicht.
    »Hallo«, ruft er.
    Ein brausender Wind zerrt an ihm wie hartnäckige Kinderhände.

    Finn verlässt den Weg und läuft tiefer in den Friedhof hinein, dem Geräusch entgegen. Das Quäken wird zu einem kurzen Stöhnen, das sich mit Klagelauten vermischt. Womöglich stirbt

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