Der Geruch von Blut Thriller
Laden.«
»Im Laden? In welchem Laden?«
»Im Supermarkt.«
»Du meinst, du fährst zurück in die Stadt?!«
»Ja. Bin gleich wieder da.«
»Das geht nicht, das da draußen ist ein Schneesturm, oder?« Allein der Weg vom Cottage hat sie beide völlig außer Atem gebracht.
»So schlimm ist es auch wieder nicht, außerdem ist es wichtig.«
»Was denn?«
»Ich muss etwas holen, etwas klären.«
»Was musst du?« Er greift nach ihr, aber sie ist schon auf den Beinen und weicht ihm aus. Er versucht es wieder und greift wieder daneben. »Was klären?«
»Bin bald zurück!«
»Moment mal«, ruft er. »Roz? Rose!«
Aber sie ist schon weg.
Er fragt sich, ob es etwas damit zu tun hat, dass sie keine Weihnachtsmänner haben.
Bevor er sich wieder setzen kann, fasst ihn Duchess am Arm. Er erkennt ihre Hand. Sie riecht nach Schinken und Honig. Und unterschwellig nach braunem Zucker und Schokolade.
»Warte, ich trockne dir erst mal die Haare, bevor du an Lungenentzündung stirbst«, sagt sie und holt so etwas wie ein Geschirrhandtuch hervor, hoffentlich ein sauberes. Als sie ihm die Haare abrubbelt, muss er an Harley denken, die kurz vorher dasselbe getan hat. Sein Nacken knackt zweimal, während Duchess ihm den Kopf vor und zurück drückt. »Findest du nicht, dass du eine Mütze tragen solltest, wenn du mitten im Schneesturm aus dem Haus gehst?«
Schon wieder die Mütze.
»Ich habe nur zwei, und ich mag sie beide nicht«, sagt er, was stimmt. Es sind beides Pudelmützen. Sein Vater trug zu besonderen Gelegenheiten einen Homburg. Finn verspürt einen Hauch von Nostalgie, er wünschte, man könnte sich so etwas heute noch erlauben.
»O ja, die, mit denen ich dich gesehen habe, waren grauenhaft. Du sahst aus wie ein Sonderschulkind, das auf den Bus wartet.«
»Warum hast du nichts gesagt?«
»Ich dachte, du wüsstest es und wolltest nur ein bisschen deine Unabhängigkeit beweisen.«
»Wer zum Teufel will mit einer lächerlichen Mütze Unabhängigkeit beweisen?«
Sie kichert. »Geht mich ja nichts an, wie du dein Ego streichelst.«
»Ich habe nicht versucht, mein Ego zu streicheln, und schon gar nicht mit einer Wollmütze.«
»Nein«, sagt sie, »mit dem Pudel oben drauf wohl eher nicht. Aber das hättest du mir ruhig früher sagen können. Immerhin ist Weihnachten, ich hätte mich nach etwas Hübschem umsehen können. Bist du ein Filzhut-Typ?«
Finn denkt kurz nach. »Ich glaube nicht.«
»Na ja, ich weiß auch nicht recht, ob ich die Dinger mag. Nicht seit Harlem in den frühen Siebzigern. Damals wussten die Männer noch, wie man einen Filzhut trägt. Nämlich leicht gekippt. Ich werde darüber nachdenken. Glaubst du vielleicht, ich habe Lust, durch die ganze Anlage zu stapfen, hoch in dein Büro und raus in dein kleines Häuschen, nur um dich mit Hühnerbrühe zu füttern? Deine schmutzigen, zusammengeknüllten Taschentücher wegzuräumen? Dich auf die Toilette zu tragen, wenn du Durchfall hast?«
»Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen«, sagt er, obwohl sie es in den letzten drei Jahren immer wieder getan hat. Er erkältet sich schnell. Er hasst Mützen. Und er mag Brühe.
»Bei dir und Roz habe ich natürlich nichts dagegen. Ich sorge gern für euch. Aber Judith scheint auch gern ihr Ego zu streicheln, und zwar auf ziemlich seltsame Weise.«
»Wie bitte?«
»Du hast mich schon verstanden. Sehr gut sogar.«
Selbst wenn sie ihm mit den Fingern das lockige Haar durchkämmt, sieht er sie in den Töpfen rühren. Er kann gar nicht nah genug herankommen, um zu sehen, was sie kocht. Er will wissen, worin zum Teufel sie so lange rührt. Wahrscheinlich stammt sein Bild von einer schwarzen Köchin aus irgendeinem alten Technicolor-Film, oder einer Werbung aus den Siebzigern, aber es sitzt so tief, dass er es nicht mehr loswird.
Duchess nimmt seine Hand und zieht ihn runter auf seinen Stuhl. Sie setzt sich neben ihn und sagt: »Stattdessen geht es ihr danach nur noch schlechter, und sie sitzt in ihren eigenen Tränen. Oder in ihrer Kotze. Sie trinkt jetzt irischen Whiskey. Weißt du, wie oft ich sie in letzter Zeit waschen durfte?«
Nichts, was man in der Öffentlichkeit besprechen sollte, aber inzwischen versucht sie nicht mal mehr, ihren Unwillen zu verbergen. Echte Bitterkeit ist das.
»Duchess …«
»Stimmt es etwa nicht?«, fragt sie. »Gebe ich nicht immer mein Bestes?«
»Doch, das tust du.«
»Findest du, ich bin selbstsüchtig, nur weil ich Erwartungen
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