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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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würden Baumrinde lecken ohne mich.«

M urphy setzt sich und sagt: »Ich bin am Verdursten! Slainte! «
    Er hebt seinen Eierlikör, um auf Weihnachten anzustoßen. Finn tastet nach seinem Glas und wirft es fast um.
    Murphy haut ihm auf die Hand, wie einem Kind, das nach Streichhölzern greift. Er weiß, dass er das nicht darf, aber der Mistkerl tut es trotzdem immer wieder. Finn schlägt zurück und packt sein Glas.
    »Autsch, du Bastard«, sagt Murphy. »Nicht so stürmisch. Ich wollte nur nicht, dass du das wunderbare Lamm ruinierst.«
    »Hab ich auch nicht«, antwortet Finn.
    »Du brauchst ein bisschen Minzgelee.«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    Es hat damit zu tun, dass sie die beiden Alphamännchen auf dem Campus sind. Zwischen ihnen herrscht eine seltsame Spannung, sogar wenn der Rest der Belegschaft in der Schule ist. Große Hunde müssen sich anbellen. Es erinnert Finn an die schwachsinnigen Spielchen, die er mit Ray am Laufen hatte.
    »Ungläubiger, du hast einfach keine Ahnung«, sagt Murphy. »Du weißt nicht, was gut ist.«
    »Das sagt Duchess auch immer.«
    »Eine tolle Frau, kocht wie meine Ma, mit wahrer Meisterschaft und Liebe. Man schmeckt es bei jedem Bissen.«
    Heute Abend gibt es Honigschinken und Lamm, und Finn hat es noch nie besser zubereitet gegessen. Im
Speisesaal herrscht allgemeines Gelächter. Obwohl nur noch eine Handvoll Schülerinnen auf dem Campus sind, haben sie sich in ihre kleinen Cliquen und Grüppchen an den fünf, sechs Tischen verteilt.
    Ein leises Schnalzen tönt von den Wänden des leeren, großen Raums, kein richtiges Echo. Finn dreht den Kopf in Richtung des Geräuschs. Es klingt, als klatsche jemand in die Hände.
    Judith ist noch im Büro. Sie kommt immer als Letzte, weil sie will, dass vorher alle Platz genommen haben. So kann sie bestimmen, bei wem sie sitzt, wem sie ihre Gesellschaft aufdrückt. Ein kleiner, aber wichtiger Bestandteil ihrer Souveränität. Normalerweise sitzt sie schräg gegenüber von Murphy, so dass sie ihm nicht in die Augen gucken muss, aber an der Unterhaltung teilnimmt. Judith ist ihren Gefühlen gegenüber so machtlos, dass dieses kleine Vortäuschen von Autorität große Bedeutung für sie hat.
    Finn versteht das vollkommen. Egos sind empfindlich. Kleine Errungenschaften sind manchmal besser als gar keine.
    Murphy hat eine kaputte Schulter, sie knackt, wenn er den Kopf dreht. Jetzt sieht er sich um, begutachtet die Mädchen, hört ihnen zu, genau wie Finn. Gesprächsfetzen fliegen durch den Raum.
    Jesse Ellison diskutiert etwas zu laut mit Lea Grant und Caitlin Jones über Vonnegut, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass Finn es mitbekommt. Sie weiß, dass er es mitbekommt. Von Suzy und Sally Smyth dringt ein leises obszönes Lachen herüber. Vielleicht haben sie tatsächlich etwas in den Eierlikör getan oder Murphy überredet, es für sie zu tun. Jesse kriegt kein Wort aus den
anderen heraus und fängt an, Violet mit ihrem Namen anzusprechen, um sie ins Gespräch zu verwickeln, aber Vi reagiert kaum. Finn versucht, nicht auf Vi zu achten, aber seine Gedanken waren in letzter Zeit so sprunghaft, dass er fast froh ist, sich für einen Moment auf sie konzentrieren zu können.
    Violet Treato hört Jesse nicht zu, tut aber so, indem sie entsprechende Laute von sich gibt, damit Jesse weiterredet. Vis Präsenz ist so stark, dass Finns Augen immer wieder in ihre Richtung wandern. Zum ersten Mal ist er froh über seine Sonnenbrille. Auf der Liste der vielen Fehler in seinem Leben liegt Vi gerade mal irgendwo in der Mitte, aber vielleicht ist sie es, die ihn endlich zu Fall bringt. Er kann es nicht abschütteln, dieses Gefühl, das er hatte, als er sie berührt hat. Seine Finger zittern leicht, als könne er ihre Feuchtigkeit und ihre Hitze noch spüren.
    Murphy beugt sich vor. Er riecht nach Rasierschaum und Whiskey. Er hat ohne Unterbrechung gearbeitet und die Wege freigeschaufelt. Um nicht zu frieren, hat er sich in regelmäßigen Abständen aus seinem Flachmann bedient. Ein grober Verstoß gegen die Schulordnung, aber da ist er nicht der Einzige hier. Murphys Vitalität ist allzeit präsent, er ist dauernd in Bewegung. Sogar betrunken in seiner Wohnung läuft er unruhig hin und her, greift nach CDs, hört sich ein oder zwei Stücke an und wirft sie dann in die Ecke, um die nächste zu suchen. Sein musikalisches Wissen ist beeindruckend. Er versucht, Finn damit anzustecken, aber Finn interessiert sich nicht so sehr für Musik wie andere denken

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