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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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jedes Jahr in meinem langen und wenig abenteuerlichen Leben gesehen. Aber irgendwie kommt bei mir keine Weihnachtsstimmung
auf, solange ich nicht nach der Schlussrede, von wegen George Bailey sei der wohlhabendste Mensch der Stadt, gekotzt habe.«
    »Der reichste Mann«, sagt Finn. Er kann es sich nicht verkneifen, sie zu korrigieren. Im Unterricht tut er das dauernd, um wach zu bleiben, keine Fehler zu machen, ein Vorbild zu sein. »Ich denke, das ist eine Metapher für die Liebe und die Familie.«
    »Ich weiß, Finn, das ist genau dieser zuckersüße Scheiß, bei dem mir schlecht wird.«
    »Ich muss Roz finden.«
    »Aber natürlich«, sagt Judith. Murphy ist noch nicht mit dem Eierlikör zurück. Wahrscheinlich ist er schon abgehauen. Sie klingt genauso bockig, wie sie ist. »Verschwinde nur. Kalte Nächte sind für Liebespaare gemacht, nicht wahr?«

E ine Frage, die beantworten werden will. Finn denkt darüber nach und sucht nach einer Antwort, die nicht zu banal ist. Ihm fällt nichts ein. Der Reiz der Selbstzerstörung ist ihm nicht fremd.
    Judith bewegt sich auf einem schmalen Grat. Sie hat einen Haufen Kummer und ist auf dem besten Wege, sich noch mehr einzuhandeln. Das ist eine regelrechte Sucht. Das Stochern in der eigenen Wunde ist Teil des Rituals. Er sucht nach den richtigen Worten, um sie zu trösten, aber bevor er etwas sagen kann, ist Judith schon weg und unterhält sich mit den Mädchen über Gott weiß was.
    Unterschwellige Schwingungen strömen durch den Raum und brechen sich an Finns Körper. Er schlingert und wankt. Er stellt sich vor, mit Roz zu tanzen, sie in den Armen zu halten, während die Musik sie durch den Raum trägt. Die anderen sind beeindruckt, wie er sie herumwirbelt und führt, die Musik bestimmt ihren Rhythmus und verbindet sie noch stärker miteinander.
    Wo zum Teufel ist sie? Er wünscht, nur dieses eine Mal hätte sie ein Handy dabei.
    Finn hat die Hände zu Fäusten geballt. Er lockert den Griff um den Gehstock und vergewissert sich, dass er ihn nicht zerbrochen hat. Diese Demonstration physischer Stärke kommt nicht nur vor, wenn er frustriert oder wütend ist. Es ist, als würde sein Körper nach Aufmerksamkeit schreien und ihn damit beeindrucken wollen, wozu er noch in der Lage ist. Ein Kind, das sich vor
seinen gleichgültigen Eltern aufspielt. Beachtet mich. Seht mich an. Seht mich an. Hier bin ich, hier.
    Er streckt die linke Hand aus, als könne er Roz allein mit seiner Willenskraft zu sich holen.
    Manchmal hat er das Gefühl, nie wieder irgendeinen Einfluss auf die Welt zu haben. Und manchmal fühlt es sich an, als müsse er nur den Kopf zur Seite legen und mit den Fingern schnipsen, und alles, was er sich erträumt, wird wahr. Kein guter Ort für solche Gedanken. Er merkt, wie er ins Wanken gerät, und lässt die Hand sinken.
    Wo ist sie?
    Finn geht zur Tür und eilt hinaus auf den Flur, als müsse er jemanden verfolgen.
    Die Fenster am Ende des Korridors klappern traurig. Hier lang, sagen sie, bitte, komm zu uns. Sie sind mindestens so lebendig wie er, ihre Einsamkeit ist ihm wohlvertraut. Das kalte Glas zu personifizieren kommt ihm völlig natürlich vor, und seine Stimme erscheint ihm hilflos, menschlich. Er läuft mit lauten Schritten auf sie zu.
    Diese Fenster brauchen ihn mehr als sonst irgendjemand hier. Sie spielen ein schmachtendes Thema, kontrapunktisch zum brutalen Pfeifen des Klaviers, das noch in seiner Brust nachhallt.
    Er spürt einen Lufthauch im Nacken. Sein Körper reagiert schneller als sein Kopf.
    Fast rutschen ihm die Füße weg, als er einem Paar Lippen direkt neben seinem Ohr ausweicht. Murphy und seine Leute scheinen den Boden gut zu bohnern.
    »Sie müssen Ihr Leben in Ordnung bringen, Mann«, sagt Harley Moon.
    So sieht wahrscheinlich ein Nervenzusammenbruch aus.

    Leute, die durch die Fifth Avenue laufen und vor sich hin murmeln, ins Gespräch vertieft mit verschollenen Kindern, toten Eltern, Klassenlehrern, Ausbildern bei der Armee, all den Heiligen, Märtyrern und anderen imaginären Bekannten.
    Finn überlegt, wen oder was Harley Moon wohl repräsentiert, für welche seine Fehler sie steht. Sein erstes Mal, seine Highschool-Freundin, Danielle, Rays Gespielinnen, Howies Zorn, die Mädchen im Leichenschauhaus. Die Toten und die Vermissten, die aus seinem Unterbewusstsein aufsteigen und ihn auf seltsame Weise am Leben halten.
    Finn schüttelt den Kopf. Er hat das Gefühl, sich aufzuspalten. In den Finn, der in diesem Augenblick entsteht, der

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