Der Geruch von Blut Thriller
in der Hölle schmoren.
Die Mädchen wenden sich wieder Sallys Ingenieursfreund zu.
»Amüsierst du dich denn auch gut, Finn?«, fragt Murphy.
»Aber sicher.«
Murphy schnaubt. »Sicher ist gar nichts, obwohl das eine lustige Truppe ist. Drei Mädchen in einem Raum schaffen es immer, Freude zu verbreiten. Draußen könnte die Welt untergehen, und sie würden immer noch um die Wette strahlen.«
Das ist wahr. Ihre lebendige Wärme gibt Finn fast das Gefühl, zu ihnen zu gehören.
»Hast du Roz gesehen?«, fragt er.
»Nein. Und Duchess und Judith auch nicht. Allerdings stehen auf der Treppe noch zwei Mädchen, die einen Tick neben der Spur zu sein scheinen. Etwas seltsam, die beiden. Die wohnen in einem anderen Zimmer, wie meine Mutter zu sagen pflegte.« Murphy nimmt einen Schluck und schüttelt sich, dass ihm die Zähne klappern. »Buah, grauenhaft. Wer so reich ist, sollte mehr Geschmack haben.« Er stößt die Luft aus, wie um sich die Hände zu wärmen.
»Ich mache mir Sorgen«, sagt Finn.
»Um was?«
»Um Roz.«
»Und warum?«
»Sie ist weggefahren, um irgendetwas zu erledigen.«
»Sie hat den Campus verlassen? Wann?«
»Vor ein paar Stunden.«
»Um was zu tun?«
»Sie sagte, sie wolle zum Laden.«
»Zu welchem Laden?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber aus welchem Grund?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Das ist beunruhigend. Aber lass dich davon nicht fertigmachen. Du meinst, sie ist raus in den Schneesturm?«
»Ich glaube, ja.«
»Du glaubst es also. Vielleicht ist sie schon zurück. Hat sie ein Handy?«
»Nein. Hast du ihren Wagen auf dem Parkplatz gesehen?«
Murphy denkt kurz nach und schnalzt mit der Zunge. »Ehrlich gesagt, Finn, habe ich keine Ahnung. Ich hab nicht drauf geachtet. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht da ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie längst zurück ist.«
»Wenn nicht, steckt sie vielleicht irgendwo fest. Wie hoch liegt der Schnee?«
»Zehn Zentimeter oder so, und er fällt weiter. Draußen ist es dunkel und ungemütlich.«
»Mehr als das schafft ihr Wagen nicht, wenn die Straßen nicht geräumt sind.«
Murphy redet weiter. »Ich schaufele noch ein bisschen den Parkplatz frei und sehe mal nach. Die streuen hoffentlich von der Gemeinde noch etwas Salz und Sand auf den Hauptstraßen. Sie ist ein braves Mädchen, sie kommt schon zurecht.« Er reicht Finn einen Becher Whiskey. Seine Hände sind so kalt, dass Finn zusammenzuckt. Murphy lacht. »Ich bin noch halb erfroren.
Ein paar Drinks wärmen mich bestimmt wieder auf. Trinkst du nichts?«
»Nein, danke.«
»Ich bin sicher, Rosie geht es gut, vielleicht ist sie mit Duchess eine Kleinigkeit essen. Oder packt mit Judith Geschenke ein. Was Frauen so machen.«
»Und wenn nicht?«
»Wie gesagt, ich schau mich um.«
»Danke, Murphy.«
»Red keinen Quatsch.«
Finn will Murphy fragen, ob er vorhin zu Hause war, und wenn ja, was oder wer dort hingefallen ist, und warum er ihn nicht reingelassen hat, als er geklopft hat. Er will wissen, ob Murphy mit Harley Moon rumgemacht hat. Ob er ihr etwas angetan hat. Ob er womöglich eine Affäre mit Roz hat. Er hat sie Rosie genannt. Kaum jemand weiß, dass sie Rose heißt, und dass sie im Bett gern so genannt wird. All diese Fragen gehen ihm durch den Kopf und machen ihn wütend. Seine Rückenmuskeln ziehen sich zusammen, und plötzlich würde er Murphy am liebsten die Seele aus dem Leib prügeln.
Am anderen Ende der Suite sind die Mädchen noch am Plaudern. Es sind vielleicht sechs Meter Entfernung, aber die Kluft zwischen den Generationen ist doch tief genug, um sie trennen. Sally redet wieder von ihrem Freund. Jesse will mehr wissen. Ihre Stimmen werden leiser, dann brechen sie in Gelächter aus. Finn muss sich ständig ins Gedächtnis rufen, wie jung sie sind, was sie alles nicht wissen, was sie alles nie erfahren werden, und wie viel mehr sie wissen, das er nie erfahren wird.
Murphy sieht zu ihnen rüber, dann wieder zurück zu Finn, sein Nacken knackt laut. »Das bricht mir das Herz«,
sagt er. »Das ganze Leben liegt noch vor denen. So viele erste Male, so viel Kummer, aber auch so viel Freude. Die armen Jungs, denen sie das Herz stehlen.«
Murphy hat schon viele Geschichten erzählt, aber die wichtigste hat Finn bisher noch nicht gehört. Was ihn nach Amerika und ans St. Val’s geführt hat. Was er von seinem restlichen Leben erwartet, wofür er sein Geld spart, falls er überhaupt welches hat. Finn fragt sich, ob trotz der ganzen beknackten Soap-Opera,
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