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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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von jetzt an nie mehr derselbe sein wird. Und den, der sich aus all dem zusammensetzt, was vorher war. Er befindet sich im Übergang, von einer Sekunde zur nächsten. Vielleicht hat er das immer. Vielleicht tut das jeder.
    »Hören Sie mir zu, blinder Mann?«, fragt Harley.
    Am liebsten würde er sie bitten, ihn Mr. Finn zu nennen, aber es erscheint ihm zu kindisch. Ihr ewiges »blinder Mann« erinnert ihn daran, dass er verdammt nochmal nicht sehen kann, so wie es nicht mal seine tatsächliche Blindheit tut.
    Sie riecht nach Lehm. Nach einer Frau, die in der Erde gräbt und sich nicht oft wäscht.
    »Was machst du hier?«, fragt er. »Warum bist du vorhin weggelaufen?«
    »Ich bin nicht weggelaufen, ich bin einfach nur gegangen. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte, und gehofft, Sie würden es beherzigen.«

    »Ich hab dich aber nicht verstanden. Ich weiß immer noch nicht, was du …«
    »Weil Sie mir nicht zugehört haben. Und jetzt versuch ich es wieder, obwohl es mir albern vorkommt, an nur einem Tag so viele Worte zu verschwenden.« Ihre Stimme wird weicher. »Ich war noch nie hier, im Hotel. Es ist … hübsch.«
    Sie glaubt ihm einfach nicht, dass er keine Ahnung hat, wovon sie redet. Sie drehen sich in einem immer enger werdenden Kreis.
    »Warum bist du nicht schon vorhin gekommen und hast dir deinen Kopf untersuchen lassen?«
    »Er tut nicht weh.«
    »Trotzdem, jemand sollte einen Blick drauf werfen.«
    »Ich hab doch gesagt, mir geht es gut.«
    »Du hast geblutet. Du könntest eine Gehirnerschütterung haben.«
    Harley bringt ihn mit einem Zischen zum Schweigen. Sie tritt einen Schritt näher, dann wieder zurück. »Ich mag sie nicht.«
    »Wen?«
    »Die Mädchen hier. Sie machen sich über mich lustig. Sie kommen in die Stadt, schnappen sich unsere Jungs, betrinken sich mit unserem Whiskey, und dann schnattern und flüstern sie und zeigen mit dem Finger auf uns. Auf mich und die anderen. Sie zeigen auf meine kleinen Schwestern und meinen kleinen Bruder. Sie grinsen die ganze Zeit blöd und kommen sich wahnsinnig toll vor.«
    »Sie machen sich über jeden lustig.«
    »Umso schlimmer.«
    »Ich meine nur, Harley, es ist nichts Persönliches.«

    »Für mich ist es das aber.«
    »So sind die meisten verwöhnten Mädchen in dem Alter.«
    »Ist es deswegen vielleicht in Ordnung? Wie kleine Katzen schleichen sie fauchend durch die Gegend, schlimm ist das.«
    »Da hast du Recht.«
    Finn muss an Lea Grant und Caitlin Jones denken, die tatsächlich wie wütende Kätzchen klingen.
    Harley macht ein ähnliches Geräusch, ungehalten und voller Energie. »Kann allerdings gut sein, dass sie es bald bereuen werden. Die anderen sind alle weg.«
    Sie droht gern und glaubt sich dabei sicherlich im Recht, weigert sich aber, eine Erklärung zu geben. In ihren Augen hat er irgendetwas verbrochen, aber was zum Teufel soll das sein?
    »Warum werden sie es bereuen?«, fragt er.
    »Das kann Ihnen egal sein. Solange Sie wissen, dass es wahr ist.«
    »Du sollst meine Frage beantworten, Harley.«
    »Ach ja? Und wenn nicht? Was dann?«
    Darauf hat er keine Antwort. »Wer hat dir auf den Kopf geschlagen?«
    »Das werden Sie schon bald erfahren, wenn Sie die Dinge nicht in Ordnung bringen.«
    »Welche Dinge?«
    »Die Leute, mit denen Sie zu tun haben. Sie denken immer noch, alles wird gut, oder?«
    Finn atmet lange und gleichmäßig aus.
    Er stellt sich Harley im Unterricht vor, wie sie sich zögernd meldet und abgedroschene Fragen auf neue, faszinierende Art und Weise beantwortet. Eigentlich will
er gar nicht wissen, wovon sie spricht, weil er nicht will, dass sie aufhört zu reden. Ihre Stimme trägt ihn davon.
    Die Tennessee-Schönheit, die Apfelwein-Königin, die er vor Augen hat, wenn er mit Harley spricht, sieht ihn mit ihren blauen Augen leicht bestürzt an wie ein dummes Kind. Schmutzigblonde wilde Korkenzieherlocken umrahmen ihr Gesicht.
    »Sie hören mir nicht zu, Mann. Und jetzt stellen Sie sich auch noch taub. So kommen wir nicht weiter.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Mit Lügen kommen Sie da nicht raus.«
    »Du glaubst, ich lüge?«
    »Etwa nicht?«
    »Harley, sag mir einfach, was du mir zu sagen hast. Falls du mir überhaupt etwas zu sagen hast.«
    »Sie sind ein merkwürdiger Kerl. Und clever, Mann, wirklich.«
    Er stellt sich vor, wie sie ihre sommersprossige Nase kräuselt. Der Schönheitsfleck in ihrem Augenwinkel erregt seine Aufmerksamkeit.
    »Warum hast du gefragt, ob ich sterben will?«
    »Weil Sie es

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