Der Geruch von Blut Thriller
selbst herausgefordert haben, wissen Sie das nicht? Was dachten Sie denn, was passiert? Sind Sie so blind, sehen Sie nicht, dass alles Ihre Schuld ist? Finden Sie das etwa nicht? Ich habe versucht zu helfen. Ich wollte Ihnen die Möglichkeit geben, alles in Ordnung zu bringen. Das ist mehr, als die meisten tun würden. Aber Sie wollten nicht auf mich hören. Ihre Schlamperei wird Sie teuer zu stehen kommen, mich vielleicht auch, und mit Sicherheit einige dieser stinkvornehmen Tussis.«
Sie redet mit ihm, und über ihn, als kenne sie ihn seit Jahren. »Hör zu, warum …«
»Ich habe Ihnen gesagt, dass sie früher oder später kommen.«
»Aber du hast nicht gesagt, wer.«
»Das muss ich auch nicht. Warum sollte ich das müssen?«
»Harley, wenn du mir helfen willst, dann sag mir einfach, worum es geht. Denn ich verspreche dir, ich weiß es nicht.«
»Und was ist Ihr Versprechen wert?«
Was zum Teufel soll er darauf antworten? »Alles.«
»Das ist nicht immer der Fall.«
Es ist, als könne sie nicht eindeutig antworten. Irgendwie scheint es ihrer Lebensauffassung zu widersprechen. Es erinnert ihn an die Leute in Brooklyn, die nie ein schlechtes Wort über jemanden sagen, der auch nur im Entferntesten mit der Mafia zu tun hat. Gar nicht mal so sehr aus Angst, sondern weil sie so konditioniert sind. Die Verschwiegenheit wird Teil ihres Wesens. Harley Moon muss es große Überwindung kosten, überhaupt hier zu sein.
Als sie gehen will, versucht er, sie zurückzuhalten. Seine Hand schnellt vor und bekommt ein Stück Stoff zu fassen. »Warte. Du darfst nicht gehen. Der Schneesturm wird immer schlimmer.«
»Ich lebe im Schnee.«
Dann ist sie wieder weg.
Und lässt ihn mit einem Schal zurück. Ihn ergreift eine Panik, die er nicht benennen kann. Wo ist Roz? Das Herz schlägt ihm bis zum Hals. Wo ist Violet? Wer kommt?
W ährend Harleys Schritte verhallen, wird Finn von einer wilden Paranoia gepackt. Je weiter sie sich entfernt, desto verschwommener fühlt er sich selbst. Sie hat einen Widerhaken in ihm hinterlassen, der an ihm zerrt und ihn zusammenzucken lässt. Das treibt ihn voran. Er hält sich am Geländer fest und hüpft seitlich die Stufen hinunter wie Fred Astaire in den Fünfzigern.
Lea und Caitlin stehen immer noch dort und unterhalten sich flüsternd. Wenn man es denn unterhalten nennen kann.
Er hört die Worte »Yukon«, »Betrug«, »unregelmäßiger Puls«. Ausdrücke wie »leidenschaftlicher Verfechter der Gerechtigkeit« und »die Vorzeichen der Erektion«. Womöglich haben sie ihn gehört und reihen jetzt absichtlich unzusammenhängende Wörter aneinander, um ihn zu verwirren.
Als er auf sie zukommt, sagt er: »Das Mädchen, das hier gerade vorbeigekommen ist …«
Lea sieht ihn aus den schläfrigen Augen von Carlyles Geliebter an und erwidert mit einem rosa Lächeln: »Hier ist niemand vorbeigekommen, Mr. Finn.«
»Ich dachte, sie wäre hier entlanggelaufen.«
»Hier sind nur wir. Aber Sie sind gerannt. Sie haben ganz rote Wangen, Mr. Finn. Steht Ihnen gut. Sieht aus, als hätten Sie etwas Erfreuliches erlebt.«
Blass, mit einem Gesichtsausdruck, der sagt, dass sie zurück nach Oklahoma will, mit dem Gestank nach Busbahnhof
und dem Kinderschänder im Nacken, erklärt Caitlin: »Ein Mädchen auf der Treppe, das nie hier war. Soll das eine Parabel werden? Ein Blinder, der nach einem Mädchen sucht, das nicht da ist?«
»Ein Taubstummer, der Radio hört …«
»… das gar nicht angeschlossen ist. Vielleicht sind hier noch andere unterwegs, von denen wir gar nichts mitbekommen«, sagt Lea. »Blinde, meine ich, und nicht unbedingt im übertragenen Sinn.«
»In Scharen, auf dem Dachboden. Sie vermehren sich wie die Irren.«
»Wir sollten Fallen aufstellen.«
»Was für einen Köder schlägst du vor?«
Lea überlegt. »Frischfleisch.«
Finn denkt, dass es Zeit ist zu gehen. Die Schlinge zieht sich allmählich zu.
Lea braucht wirklich eine Abreibung, das wird ihm immer klarer. Er ballt die Faust um den Stock. Es dauert einen Moment, bis er sich wieder beruhigt.
»Sind Sie immer noch am Abschweifen, Mr. Finn?«
»Allerdings«, sagt er.
»Sieh nur, wie sich seine Schultern zusammenziehen«, sagt Caitlin.
»Ich sehe es.« Lea nickt energisch genug, um eine leichte Brise zu entfachen.
»Er hat sich auf der Pseudoparty auch nicht amüsiert.«
»Wir haben es ihm ja gleich gesagt.«
»Ich schätze, es lag daran, dass Violet nicht da war.«
»Meine Damen«, sagt er. »Ich muss euch
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