Der Geruch von Blut Thriller
zu reiten. Innerhalb von Sekunden ist es vorbei.
Sie sagt: »Du gottverdammtes Arschloch, du bist die Liebe meines Lebens.«
J esse wimmert. Das Blut tropft am Hals runter auf ihre Bluse. Finn wirft den Mantel ab und zieht das Messer aus dem Gürtel.
Eigentlich ist ein Messer nicht das, was er braucht. Es war dumm, es mitzunehmen. Das wird ihm jetzt bewusst. Erbost schleudert er es weg und hört es erst gegen die Wand und dann auf den Boden fliegen.
Er ist immer noch nicht sicher, wer oder was Rack ist. Ein geistig Behinderter wie sein Bruder? Ein Soziopath? Ein Vollpsycho? Ein einfacher Arbeiter, der so viel Crystal gekocht hat, dass ihm die Sicherungen durchgebrannt sind? Kann er das alles wirklich nur wegen des Geldes getan haben?
»Au, au!«, stößt Jesse hervor. »Er schneidet mich. Er will nicht, dass Sie näher kommen. Außerdem sollen Sie ihren Stock weglegen.«
»Stimmt das, Rack? Du willst nicht, dass ich näher komme? Ich dachte, darum geht es. Wie soll ich dir sonst das Geld geben?«
Finn tritt einen Schritt vor. Er holt seine Brieftasche raus und öffnet sie. Es sind ungefähr $ 150 drin. Die Scheine fallen ihm aus den Händen. Was immer er sonst noch sein mag, Rack ist ein mieser Drogendealer, der um sein Geld betrogen wurde.
»Willst du dein Geld noch, Rack? Oder geht es nicht mehr darum? Es ist deins, wenn du es willst. Ich schwöre. Ich leg auch noch was drauf. Fünfzehn Riesen. Du kriegst
es nach den Feiertagen, sobald die Bank aufmacht. Ist das okay für dich? Kannst du jetzt gehen?«
Finn hat keine Wahl mehr, und er ist froh darüber. Er hat seine Möglichkeiten lange verspielt. Es hat etwas Befreiendes, vom Ozean weggetragen zu werden. Er hört auf zu kämpfen und erlaubt sich den Luxus, einfach dahin zu gehen, wo die Welt ihn hinträgt.
»Er fasst mir an die Brust, Mr. Finn!«, schreit Jesse. »Er drückt sie! Er tut mir weh!«
Finns Schatten knetet Jesses Brust.
»Hör auf damit!«, zischt Finn.
Er klopft mit dem Stock auf den Boden und spürt in den Knochen, wo Rack steht. Er lässt sich einen Moment Zeit, die Information zu verarbeiten.
Dann reißt er den Arm zurück und schleudert ihm den Stock entgegen.
Er stellt sich vor, wie er sich zweimal in der Luft dreht und Rack im Gesicht trifft. Während Finn vorstürmt, brüllt er: »Jesse, lauf!«
Warum seinen Tod tatenlos erwarten? Es gibt keinen Ausweg für ihn, und er sucht auch nach keinem. Rack wird ihm das Messer in den Bauch stoßen, wahrscheinlich relativ tief, in die Leistengegend, und wenn er nicht auf der Stelle und trotz aller Bemühungen der Ärzte tot ist, verreckt er innerhalb eines Monats an einer Blutvergiftung. Das stört ihn nicht. Solange er noch drei Wochen hat und Ray wiedersieht.
Finn zieht die Schultern ein und geht zum Angriff über. Howies Zorn war immer in ihm, zwanzig Jahre lang hat er darauf gewartet, in genau diesem Moment losgelassen zu werden. Finn hört Jesse zu Boden fallen, als er sich auf Rack stürzt.
Sein Verstand fühlt sich, wie immer, zerstückelt an und scheint außerhalb seines Körpers zu schweben. Es ist, als könne er durch die Masse aus Knochen, Blut und Hirn, die ihm bei jenem Vorfall aus dem Kopf geflogen sind, ein Stück Leben wahrnehmen.
Er hofft, dass es Jesse gutgeht, und stellt sich gleichzeitig vor, wie Violet ein Stockwerk tiefer der Leichenstarre entgegenzuckt. Er sieht Roz ohne ihren Mantel, mit Erbrochenem bedeckt und dem Ausdruck resignierten Grauens im Gesicht. Duchess, die mit der Zunge nach ihrer abgebrochenen Krone fühlt, und Judith, deren Mundpartie übel zugerichtet aussieht. Worte und Phrasen bestürmen ihn in der Dunkelheit. »Angst«, »unregelmäßiger Puls«, »abbringen«, »leidenschaftlicher Verfechter der Gerechtigkeit«, »sehnsüchtige Lyrik der Verdammten«.
Finn schlägt zu und erwischt Racks Schulter. Er versucht es nochmal und trifft ins Leere. Dann spürt er einen stechenden Schmerz im Bauch. Rack hat höher gezielt als erwartet. Die Spitze der Klinge dringt gute zwei Zentimeter ein, bevor Finn den Bauch einziehen und sich wegdrehen kann. Sein Arm schnellt vor, er versucht, Rack am Ellbogen zu packen, jedoch ohne Erfolg. Er tritt zu und erwischt ihn am Knie.
Immer noch gibt der Kerl keinen Laut von sich. Es ist schwer, ihn zu orten. Jemand atmet gegen sein Ohr, Finn wirbelt herum und zielt auf die Rippen. Ein Luftzug, sonst nichts. Dann stürzt Rack sich auf ihn. Die beiden gehen zu Boden und ringen um Halt. Das Messer streift seinen Nacken,
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