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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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gegessen hatte, schlang seine Portion heißhungrig herunter. Anschließend erzählte er seine Geschichte. Sie war wirr, doch nach einer Weile bekam Morra eine ungefähre Vorstellung, was geschehen war. Am meisten überraschte ihn Bazerats Verrat. Er hatte den Ritter Matteo zur Seite gestellt, damit der Toskaner nicht auf die Idee kam, sich seinen Pflichten zu entziehen. Doch letztlich hatte sich Matteo als zuverlässig erwiesen. Seine Furcht vor der Hölle und sein Wunsch nach Vergebung waren offenbar stärker, als Morra immer angenommen hatte.
    Sie hatten sich einen Steinwurf vom Lager entfernt. Simone und die anderen brauchten die Einzelheiten der Suche nicht zu erfahren. Zu viel Wissen verwirrte einfache Männer wie sie nur. Morra blickte über die schwarzen Berggipfel, über denen die Sterne viel klarer leuchteten als in seiner Heimat. Matteos unerwartetes Auftauchen war der himmlische Fingerzeig, auf den er in den letzten Tagen gewartet hatte. Die Ironie dabei belustigte ihn. Der Herr fand sogar für Ketzer Verwendung.
    Nach einer Weile sagte er: »Erzähl mir von der Ägypterin. Was hat sie mit dem Zepter zu schaffen?«
    »Ich weiß es nicht, Eminenz.« Matteo verstummte. Als er weitersprach, lag ein Anflug von Zorn in seiner Stimme. »Einer Satanshure genügt es, Zwietracht und Unheil zu säen. Welchen Grund braucht sie noch?«
    Morra bezweifelte, dass die Ägypterin eine Hexe war. Matteo schwor Stein und Bein, gesehen zu haben, wie sie durch eine Feuersbrunst ging. Doch Morra kannte solche Geschichten. Mit dem Tod vor Augen sah ein Mann alles Mögliche. »Vielleicht steht sie in den Diensten einer dritten Macht. Ich will wissen, mit wem wir es zu tun haben.«

    »Es spielt keine Rolle mehr, wer sie ist. Die Mongolen haben ihr und Bazerat längst die Köpfe abgeschlagen.«
    »Hast du ihre Köpfe gesehen?«, erwiderte der Kardinal. »Ihre Leichen?«
    »Nein«, gab Gaspare zu. »Aber al-Munahid wird dafür gesorgt haben, dass sie ihm nicht mehr in die Quere kommen.«
    Ja, das wird er, dachte Morra, so wie in Konstantinopel. Und was hat er dort erreicht? Doch er sprach seine Vorahnungen nicht aus. Je älter er wurde, desto mehr neigte er zu Schwarzseherei. Dabei hatte er allen Grund, sich von Matteos Nachrichten hoffnungsvoll stimmen zu lassen.
    Es war schon spät, und sie beide waren müde. Mit raschelnden Kutten gingen sie zum Lager zurück. Die Waffenknechte schliefen bereits; nur der Bergführer war noch wach. Die Beine untergeschlagen, saß er am Feuer und schnitzte. Die Spitze des Astes hatte sich unter seinem Messer in die vordere Hälfte eines springenden Berglöwen verwandelt.
    Um die Männer nicht zu wecken, senkte Morra die Stimme, als er den Armenier ansprach.
    »Unser Ziel hat sich geändert. Bring uns nach Süden, zum Euphrat.«

SECHSUNDZWANZIG
     
     
    N ach Süden, zum Euphrat. Mehr hatte ibn-Marzuq nicht gesagt, denn er fürchtete, entbehrlich zu werden, wenn er al-Munahids Ziel preisgab.
    Simon genügte diese knappe Angabe. Wie fast alle Bewohner des Dorfes war er Schmuggler und kannte sämtliche Bergpfade, verborgenen Pässe und geheimen Lagerplätze fernab der großen Handelsrouten. Mit seinen stämmigen Packpferden belieferte er Trapezunt mit mesopotamischem Silber und Yerevan mit Perlen aus dem Schwarzen Meer, Edessa mit Eis aus dem Hochland und entlegene Bergdörfer mit Werkzeug, Tuch und Wein von der Küste - und niemals zahlte er den mongolischen, seldschukischen, byzantinischen oder mameluckischen Herren auch nur eine Kupfermünze Zoll.
    Zurzeit verdiente er sein Geld, indem er einen ägyptischen Wesir, einen jungen Ritter und eine Djinn von Armenien ins Zweistromland führte. Die Schmugglerpfade führten sie durch menschenleere Täler, über Bergkämme und Hochebenen, auf denen noch im Hochsommer Schnee lag. Jada konnte Hitze ertragen, die einen Menschen tötete, aber die Kälte in diesen Regionen machte ihr zu schaffen. In mehrere Decken gehüllt saß sie auf ihrem Pferd; nachts schlief sie so nahe am Lagerfeuer, dass sich jeder andere aus ihrer Gruppe Verbrennungen zugezogen hätte.
    Um Städte machten sie einen Bogen, in einsamen Gehöften und Siedlungen füllten sie ihren Proviant auf. Simons Begabung, mongolischen Reitwachen auszuweichen, glich der Andraniks. Kein einziges Mal kreuzten sie den Weg eines Reitertrupps.
Wenn sie Mongolen in der Ferne sahen, verfinsterte sich die Miene ihres ansonsten so fröhlichen Führers, und er murmelte Flüche in seiner Sprache, bis die fremden

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