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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Teil seiner Kraft durch das Zepter in Bishrs Verletzung geflossen, um zerfetzte Haut, Muskeln und Adern wieder zusammenzufügen. Aber er war weit davon entfernt, vor Müdigkeit zusammenzubrechen. Seine Erwartung hatte sich bestätigt: Das Heilen leichter Wunden kostete nicht so viel Kraft wie das schwerer - was seine Pläne deutlich vereinfachte.
    Mit schweren Gliedern ging er zu seinem Pferd und verstaute das Zepter in der Satteltasche, als Unardhu ihn rief. Die Männer hatten die Beute auf dem Boden ausgebreitet. Das Meiste war Plunder, Waren, die nur dann Geld einbrachten, wenn man sich die Zeit nahm, sie tagelang auf einem großen Basar feilzubieten. Kadar schritt an Ballen gefärbter Wolle vorbei, an Säcken mit Salz, Nüssen und Aprikosensteinen, einem Fass Tinte und zwei Kisten mit Wetzsteinen. Nur die Kiste mit dem Kupferschmuck war wertvoll. Die Stücke ließen sich leicht transportieren und würden in Syrien, wo diese Form der Schmiedekunst unbekannt war, einen anständigen Preis erzielen.
    Unardhu und Najib stellten eine Truhe vor ihm ab, deren
Schloss sie mit einem Axthieb zerstört hatten. Kadar klappte den Deckel auf. Sie war voller Silber, Kupfer und Gold: byzantinische Folles und Bézants, Dirhams und Tankahs aus dem Sultanat, Münzen und Prägungen, die er nie zuvor gesehen hatte. Er tauchte seine Rechte hinein, nahm eine Hand voll. Kadar lächelte, und eine nach der anderen fielen die Münzen mit einem hellen Klimpern wie von einer Narrenschelle zurück in die Truhe.

FÜNFUNDZWANZIG
     
     
    K ardinal Morra nahm den Bergführer in Augenschein. Der Mann war klein, unrasiert und hatte ein rundes, gutmütiges Gesicht. Seine Mütze wie seine Kleidung bestanden aus grober, schmutziger Schafswolle, hinter seinem Gürtel steckte ein breiter Dolch. Wie fast alle Bewohner des Hochlandes war er ein Mischling, in dessen Adern armenisches, byzantinisches und seldschukisches Blut floss. Morra hielt dieses Volk für Barbaren. Einige waren Christen, aber sie gehörten der oströmischen Kirche an, was sie nicht besser als die Sarazenen machte. Aber darauf kam es ihm jetzt nicht an. »Taugt er etwas?«, fragte er Simone. Der Hauptmann war mit dem Hirten, bei dem sie seit sechs Tagen wohnten, ins Nachbardorf gewandert, um den Führer zu holen.
    »Ich weiß es nicht, Eminenz. Er spricht nur Griechisch.«
    Morra wandte sich an den Bergführer. »Verstehst du mich?«, fragte er auf Griechisch.
    Der Mann nickte.
    »Wir wollen nach Armenien und würden es vorziehen, keinen Mongolen zu begegnen.«
    »Schwierig«, sagte der Bergführer. »Die Mongolen überwachen alle wichtigen Pässe und Handelsstraßen. Wir müssten die alten Hirtenpfade benutzen.«
    »Wie weit ist es bis ins Landesinnere?«
    »Sechs Tagesritte. Sieben oder acht, wenn das Wetter umschlägt. Bei Sturm oder Schnee sind manche Wege zu gefährlich.«
    Acht Tage … Damit hatten die Mamelucken einen Vorsprung
von fast zwei Wochen. Wenn wir Armenien erreichen, ist das Zepter vermutlich schon auf dem Weg nach Kairo, dachte Morra niedergeschlagen. Auch nach der Freilassung durch die Mongolen hatte er kein Glück gehabt. Sie waren nach Westen geritten und hatten hinter der Grenze des Mongolenreichs, im Niemandsland des Ararathochlandes, im Schuppen eines einsamen Gehöfts ihr Lager aufgeschlagen. Nach zwei Tagen rang er sich durch, doch nicht nach Trapezunt zurückzukehren. Zu viel hing vom Erfolg seiner Aufgabe ab. Bei ihrem Gastgeber erkundigte er sich nach einem Führer, der sie unbemerkt nach Armenien bringen konnte, worauf Simone mit dem Hirten zum Nachbardorf aufbrach. Der Marktflecken war nur zehn Meilen entfernt, doch er lag auf der anderen Seite des Berges, was einen Weg von zwei Tagen bedeutete. Simone war erst nach vier Tagen zurückgekommen. Wegen eines Erdrutsches, der den Pass versperrte, hatten sie einen Umweg machen müssen. Kardinal Morra sah kaum noch eine Möglichkeit, das Zepter vor den Sarazenen zu finden - zumal er ohne die geheimen Aufzeichnungen von Athanasios nicht einen Hinweis darauf hatte, wo er suchen sollte. Doch er wäre nicht Kardinal geworden, wenn er sich leicht entmutigen ließ. Er musste es versuchen.
    »Was verlangst du für deine Dienste?«, fragte er den Bergführer.
    Der Mann nannte einen anständigen Preis. Morra beschloss, ihm zu vertrauen. Was blieb ihm auch anderes übrig? Einen anderen Führer aufzutreiben hätte ihn noch mehr Zeit gekostet. Er ließ sich von Simone seine Geldkatze bringen und gab dem Armenier die

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