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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Schmerzen und Wunden das Zepter in sich aufgenommen hatte. In seinen Händen hatte es hundertfachen Aussatz geheilt und ganze Dörfer von Seuchen befreit, verletzte Soldaten vor dem Tod durch Wundbrand bewahrt, gebrochene Knochen zusammengefügt, Blutungen gestillt und Menschen das Augenlicht zurückgegeben, Pestbeulen ausgedörrt und Dämonen aus dem Verstand Geisteskranker vertrieben. Jedes Mal, wenn das Zepter einen kranken, fiebrigen, verwundeten Körper berührte, nahm es die zersetzende Kraft der Leiden in sich auf, verwahrte sie tief in seinem Innern … bis es nach seinem tausendjährigen Schlaf auf dem Hof einer Bergfestung zerstört wurde. Es war wie eine dunkle Wolke, die sich von Jada ausbreitete, unsichtbar, unhörbar, aber mit dem üblen Geruch von Krankenlagern, Lazaretten und Pesthäusern. Jadas Lebenskraft war anders beschaffen
als die von Menschen, Tieren und Pflanzen; das, was so lange im Zepter gefangen gewesen war, konnte ihr nichts anhaben. Aber alles andere Leben wurde vernichtet, sowie es mit der Wolke in Berührung kam.
    Harun ibn-Marzuq spürte, wie das Wasser der Zisterne faulig wurde. Er schloss die Augen und begann stumm zu beten, als er zu ahnen begann, was außerhalb der Zisterne geschah.
    Unardhu kam nicht dazu, den Bogen zu spannen. Geschwüre brachen an seinen Armen und Beinen auf, sein Mund füllte sich mit Blut, und er fiel tot auf die Rampe.
    Kadar al-Munahid war müde. Die Suche nach Erlösung und Frieden hatte ihn hierhergeführt, aber gefunden hatte er nur Trauer für so viele vergeudete Jahre, für ein vergeudetes Leben. Er dachte an den Kampf gegen den Ritter. Er hat dazugelernt. Ich bin wirklich ein Narr, auf so eine alte List hereinzufallen. Das habe ich jetzt von meiner Gefühlsduselei … Die Wunde in seiner Seite war tief und sein Herz schwach. Als der Schatten über ihn hinwegstrich, hörte es auf zu schlagen.
    Hunderte von Ratten verendeten in ihren Tunneln unter der Festung, die Vorräte in den Kellern verdarben und verrotteten binnen weniger Augenblicke. Akif, Bishr, Rafiq und die Beduinen brachen die Tür zur Turmkammer auf, stürmten brüllend und mit blanken Waffen herein, doch sie erreichten ihre Feinde nicht. Der Nubier brach auf der Schwelle zusammen, von Krämpfen geschüttelt. Er erstickte an seiner Zunge. Bishr erblindete, und an seiner Brust klaffte eine Wunde auf, die ein römischer Legionär vor tausend Jahren einem christlichen Mönch zugefügt hatte. Akif, der Eunuch, hatte am meisten Glück. Seine Leber, Niere und Lunge versagten gleichzeitig, und er war tot, bevor er auf dem Boden aufschlug. Auch den restlichen Kriegern der Festung, Mohammed Dakhir und seinen Stammesbrüdern, erging es schlecht: An ihren Körpern öffneten sich Pfeil-, Schwert- und Speerwunden, Verletzungen aus einem lange zurückliegenden Aufstand in den Straßen Alexandrias.

    Es wäre ziemlich dumm, so kurz vor dem Ende zu sterben, dachte Matteo Gaspare, der als Letzter in die Festung ritt. Er hatte beschlossen, es Morras Männern zu überlassen, sich mit der Hexe, Bazerat und al-Munahids Söldnern anzulegen, und hielt Ausschau nach einem geeigneten Versteck, in dem er das Ende der Kämpfe abwarten wollte. Doch in dem Augenblick brachen vor ihm die Pferde zusammen, und die Waffenknechte blieben mit Eiterbeulen am ganzen Körper, fahler Haut und eingefallenen Gesichtern auf dem Hof liegen und regten sich nicht mehr. Bei allen Kreisen der Hölle, was ist das wieder für eine Teufelei?, durchfuhr es Matteo. Er wollte sein Pferd herumreißen, aber schon knickten alle vier Beine des Tiers ein, und als es stürzte, wurde er darunter begraben. Sein Schlüsselbein brach. Den Schmerz bekam er kaum mehr mit, denn die Krankheit, die eben noch in Raouls Lunge gewohnt hatte, ging auf ihn über und verrichtete in wenigen Herzschlägen das Werk von Monaten. So erfuhr Matteo Gaspare, dass ein Mann die Hölle schon im Diesseits erleben konnte, ehe er mit Blut auf den Lippen starb.
    Eine Minute, nachdem Harun ibn-Marzuq in der Zisterne untergetaucht war, durchstieß sein Kopf die Wasseroberfläche, und er rang nach Atem. Er hielt Raoul in den Armen. Es machte ihm zu schaffen, dass er im Kampf gegen al-Munahid so nutzlos gewesen war, deshalb hatte er sich bemüht, den jungen Ritter wenigstens vor dem Ertrinken zu bewahren. Er wischte das ölige Wasser aus dessen Gesicht, stellte fest, dass dieser noch atmete, und dankte Allah dafür.
    Jada bint-Ghassan - oder wie auch immer ihr wahrer Name war -

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