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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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kniete auf dem Hof, in den Händen das in Kopf und Stab zerbrochene Zepter. Das Gold war geschwärzt und angelaufen. Insgeheim hatte ibn-Marzuq gehofft, ihm würde sich vielleicht doch noch eine Möglichkeit bieten, es an sich zu bringen und seinem Sultan zu überreichen. Aber nun würde das Zepter niemandem mehr etwas nützen. Sein Auftrag war unwiderruflich zu Ende. Er hatte versagt.

    Herr aller Himmel, was ist hier geschehen?, dachte er, als er sich zum Rand der Zisterne bewegte und den Kopf reckte.
    Verendete Pferde, tote Männer, sogar der Stein wirkte stumpf und alt, als seien die Keime der Krankheiten in ihn eingesickert.
    Allah hatte diesen Ort verflucht.
     
    Die Wehrmauern der Festung retteten Kardinal Morras Leben. Wie eine stürmische Woge schlug die befreite Last des Zepters gegen die drei Ellen dicken Wälle und wurde dahinter schwächer. Heftiges Fieber, das ihm binnen weniger Minuten alle Kräfte raubte, erfasste Morra. Er rutschte aus dem Sattel und schlug neben seinem sterbenden Pferd auf. Als die Sonne höher stieg und heiß auf Pfad und Felsen brannte, versuchte er, in den Schatten zu kriechen. Doch er war zu schwach, sich auch nur einen Schritt zu bewegen.
    Die Hölle, dachte er. Sie haben ein Tor zur Hölle aufgestoßen und Wahnsinn, Tod und Verderben in die Welt gelassen. Diese Hitze … ich verbrenne. Er wurde ohnmächtig. Während er von Dämonen, hohnlachenden Aussätzigen und einem schwarzen Zepter in der Klauenhand Luzifers träumte, versengte die Sonne seine Haut, trocknete sein Innerstes aus und fachte die Fieberglut weiter an.
    Ihm erschien ein Teufel, ein an den Rändern ausgefranster Schatten vor einem roten Glutball. Er sprach mit der Stimme Bazerats, auch wenn sie anders klang als in Rom, kraftvoller, entschlossener. »Er lebt noch.«
    Wie kann das sein?, dachte Morra. Sind auch die Toten auferstanden?
    Zwei weitere Schatten tauchten vor ihm auf. Einer ging neben ihm in die Hocke und murmelte erstaunt: »Das ist also Kardinal Morra. Ich wünsche mir schon viele Jahre, ihn einmal kennen zu lernen. Wie kommt er hierher?«
    »Ich weiß es nicht«, hörte er wieder Bazerats Stimme. »Vermutlich
ist er uns seit Konstantinopel gefolgt, und Matteo hat ihn hergeführt.«
    »Was machen wir mit ihm?« Der dritte Schatten klang wie eine Frau.
    Kälte lag in Bazerats Stimme. »Sagt Ihr es mir, Eminenz. Sagt mir, warum wir Euch nicht sterben lassen sollen, so wie Ihr mich sterben lassen wolltet.«
    Mit einer Hand berührte Morra Bazerat an der Wange. Er war wirklich, nicht durchlässig wie ein Geist. Du hast mich betrogen, wollte er sagen, doch seine Lippen, seine Zunge waren zu ausgedörrt, um Worte zu formen. Dann schüttelte ihn wieder das Fieber, in einem heftigen Wechsel aus Heiß und Kalt.
    Lange Zeit schwieg Bazerat. Schließlich sagte er: »Es sind schon zu viele gestorben. Wir bringen ihn in die nächste Stadt zu einem Arzt. Sucht etwas, das wir als Bahre verwenden können.«
    »Hier ist etwas Wasser; es ist sauber«, sagte die Frau. Sie hatte die Satteltasche des toten Pferdes geöffnet und setzte Morra den Schlauch an die Lippen. Flüssigkeit rann seine Kehle herab. Zu warm und zu wenig, um das Fieber zu lindern; trotzdem trank er gierig.
    Stunden später fand er sich auf einer Bahre wieder. Ihr Fußende schleifte über einen Pfad, das Kopfende wippte im Schritttakt des Mannes, der sie zog, leicht auf und ab. Die Landschaft glitt an ihm vorüber: Aus Felsen wurde flaches Land, aus dem Glutball der Sonne die silberne Sichel des Mondes. Als er die Augen erneut öffnete, ruhte er auf einem Karren, der über eine belebte Straße rumpelte. In regelmäßigen Abständen flößte ihm jemand kaltes Wasser ein, dennoch wurde das Fieber schlimmer.
    Schließlich erwachte er in einem weichen Bett unter einem grünen, durchscheinenden Schleier. Der Duft von Sandelholz und Rosenwasser lag in der Luft, überlagerte wohltuend den Geruch von Schweiß und Fieber. Ein Mann, ein Sarazene mit warmen Augen, tupfte ihm die Stirn.

    »Wo bin ich?«, fragte Morra nach einer Weile. Seine Stimme klang, als hätte er sie nie zuvor benutzt.
    »In Aleppo. Eure Freunde haben Euch in meine Obhut gegeben«, erwiderte der Mann auf Latein. Er wrang das Tuch über einer Schüssel aus, tauchte es hinein.
    Meine Freunde, hallte es in Morra nach. »Sind sie noch da?«
    »Nein. Sie sind heute Morgen abgereist. Aber sorgt Euch nicht, sie haben genügend Silber für Eure Behandlung dagelassen.«
    Morra stemmte sich in den

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