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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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sein.«
    »Sind wir ja auch«, erklärte Vera. Sie war mittlerweile eine junge Dame geworden, die ihrem Vater auf gleicher Augenhöhe gegenübertreten konnte. Dem Anlass entsprechend hatte sie ihrem extravaganten Modestil für diesen Abend abgeschworen und sich wie ihre Mutter in ein Kostüm gekleidet. Sie umarmte ihren Vater und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Ich gratuliere dir von ganzem Herzen.«
    Claudia hatte sich im Flur vor dem Spiegel aufgebaut, begutachtete Frisur und Sitz der Kleidung.
    »Schorsch, komm mal her«, rief sie, und Schorsch folgte.
    »Ja, was gibt’s?«, fragte er ahnungslos.
    »Wie schau ich aus?« Claudia drehte sich um ihre eigene Achse, wie ein Model, das am Ende des Steges angekommen war. Nach der Drehung steckte sie die linke Hand in die Hüfte, das rechte Bein vor und hob das Kinn, sodass man meinen konnte, selbst Claudia Schiffer hätte noch etwas von ihr lernen können.
    Heinlein schnaufte ehrlich begeistert durch. »Du bist ganz große Klasse.«
    Claudia lächelte zurück und legte ihre Arme um ihn.
    »Das habe ich alles nur dir zu verdanken, mein Schatz.«
    Sie küsste ihn. »Ich bin stolz auf dich. Ehrlich. Wenn es einer verdient hat, dann du.«
    Heinlein war sich unsicher, wie er mit der unerwarteten Gefühlsäußerung vor den Kindern und Kilian umgehen sollte. Leicht röteten sich seine Wangen.
    »Na, wenn das so ist, dann sollten wir nicht länger Zeit verplempern. Der Polizeipräsident wartet auf uns.« Zu fünft quetschten sie sich ins Taxi.
    Das Weinhaus
Zum Stachel
ist mitten in der Stadt gelegen, zwischen Main und Marktplatz in einer kleinen Gasse. Das altehrwürdige Gasthaus ist eines der ältesten in Deutschland. Bereits 1413 erwähnt, machte es sich einen Namen in den Bauernkriegen, als es den Aufständischen Quartier bot. Der Götz von Berlichingen soll hier mit Florian Geyer und Tilman Riemenschneider beratschlagt haben. Der Name
Stachel
geht auf den in den Schlachten oft geführten Morgenstern zurück, eine mit
Stachel
n bewehrte Eisenkugel, die mit einer Kette am Schaft befestigt wurde. Diese gefürchtete Waffe hatte weiland der aufrührerische
Schwarze Haufen
ins Erkerfenster des Lokals gehängt.
    Heute ist der
Stachel
ein angesehenes Restaurant mit eigenen Spitzenweinen und einem malerischen Innenhof, ein wahres Kleinod fränkischer Bauund Lebenskunst. Weinreben und Farne schmiegen sich an dem alten Gemäuer entlang hinauf zu einer romantischen Galerie, die mit Kerzenlicht stimmungsvoll illuminiert ist. Ein Romeo könnte keinen besseren Ort für seine Liebesschwüre finden.
    Sie waren nicht die ersten Gäste. Heinleins Männerrunde – mit dem einzigen weiblichen Anhängsel Renate –, die sich als die Loosche bezeichnete, der Polizeipräsident mit Frau und schließlich Pia hatten bereits Platz genommen und den ersten Schoppen getrunken.
    Claudia platzierte ihren Mann an die Stirnseite des Tisches, gleich neben dem Präsidenten, und Kilian neben Pia. Kilian machte gute Miene zum erwartet bösen Spiel. Pia würde ihn sicher ansprechen und ihm Vorwürfe machen. In den vergangenen vier Wochen hatte er ihre Anrufe auf der Mailbox nicht beantwortet. Kilian wollte Ruhe und Abstand finden und langwierigen Erklärungen, wieso er nicht nach Würzburg zu ihr zurückkäme, entgehen.
    Doch wider Erwarten blieb die Strafpredigt aus. Entweder nahm sie sich Heinleins Bitte zu Herzen, am Tag seiner Feier Frieden zu bewahren, oder sie führte etwas anderes im Schilde.
    Pia schmiegte sich an Kilian, als ob nicht Heinlein, sondern sie beide etwas zu feiern hätten.
    »Eigentlich müsste ich dir die Leviten lesen«, sagte sie leise zu ihm.
    »Und wieso tust du es nicht?«, fragte Kilian unsicher.
    »Das ist nicht der richtige Ort. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir müssen reden.«
    Kilian ließ es dabei bewenden. Eine Schonfrist kam ihm nicht ungelegen.
    »Sei einfach ein wenig nett zu mir heute Abend«, bat sie ihn. Ein Kuss untermauerte die Bitte.
    Kilian nickte.
    Vielleicht lag es aber auch an der einnehmenden Stimmung, in die der
Stachel
abends bei Kerzenbeleuchtung und mediterranen Temperaturen getaucht wurde, oder am ununterbrochen herumschwänzelnden Service, dass Pia nicht so konnte, wie sie wollte. Claudia hatte den Abend organisiert, und sie ließ sich nicht lumpen.
    Hausgebeizter Lachs und Schinken vom fränkischen Karpfen, mit warmen Krevettenschwänzchen und Sahnemeerrettich, gefolgt von Waller, Zander und der Nachspeise Beerenpfannküchle mit

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