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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Oberbürgermeisterin und der Intendanz habe ich ein entsprechendes Finanzierungsmodell vorgelegt. Wenn alles klappt, und davon gehe ich aus, wird die Inszenierung mehr einbringen, als sie kostet. Inklusive meines Engagements.«
    »Wie wollen Sie das erreichen?«
    »Wie Sie es eben schon angedeutet haben: Italien, Amerika, Frankreich und einige Häuser in Deutschland machen es uns vor. Ein öffentliches Dreispartenhaus lässt sich auf Dauer nur dann finanzieren, wenn es die Regeln der Marktwirtschaft kennt und für sich anwendet.«
    »Die Idee ist nicht neu und schon bei anderen Häusern gescheitert.«
    »Das stimmt. Einsicht bedeutet noch lange nicht Erfolg. Aber deswegen bin ich hier. Ich möchte ein neues Konzept der Projektfinanzierung vorstellen und mit ihm die Misere der Theater beenden. Theater müssen wie straff organisierte und auf den Erfolg programmierte Unternehmen auftreten, um sich gegen die Konkurrenz des Fernsehens, der Kinos und der Eventkultur zu behaupten. Wer das nicht versteht und nicht danach handelt, bleibt auf der Strecke.«
    »Nun sagen Sie uns doch, was Sie vorhaben.«
    »Ich bitte Sie um Geduld. Sie werden es in den nächsten Tagen und spätestens bei der Aufführung des
Don Giovanni
erleben.«
    Wieder ein Fingerzeig auf den nächsten Fragesteller.
    »Ist der Generalmusikdirektor, Beat Stiller, in Ihre Pläne involviert?«
    Reichenberg antwortete: »Herr Stiller befindet sich noch auf einem Gastspiel in Paris. Er wird bald eintreffen. Dann ist Zeit genug, alles Weitere zu besprechen.«
    »Herr Stiller ist dafür bekannt, seine eigenen Vorstellungen bei der Aufführung umzusetzen.«
    Raimondi zuckte mit den Schultern. »Ich sehe da kein Problem. Herr Stiller ist auf dem Weg dorthin, wo ich schon bin – an die Spitze. Der Erfolg ist sein Ziel. Ich kenne ihn zwar noch nicht persönlich, aber mir wurde zugetragen, dass er ein Profi ist. Daher sollte es keine Meinungsverschiedenheiten zwischen uns beiden geben.«
    »Stiller verlangt musikalische Bestleistungen. Wo sehen Sie Ihren Ansatz?«
    »Wie ich dem Ensemble schon sagte: Das sängerische Handwerk setze ich voraus. Es ist die Grundlage, überhaupt hier am Haus arbeiten zu dürfen. Den Schwerpunkt meiner Arbeit sehe ich in der dramaturgischen Aufbereitung des Stücks.«
    »
Giocoso
1 oder tragisch?«
    »Beides. Der
Don Giovanni
, den ich sehe und den ich in meiner Karriere habe spielen dürfen, ist ein Außenseiter ohne Moral, einer, der im Moment lebt, der keine Verantwortung für seine Taten übernimmt. Das ist für den
Don Giovanni
ein heiteres Spiel, für die Geschädigten hingegen enden seine Späße tragisch.«
    »Aber der
Don Giovanni
fährt am Schluss zur Hölle. Sein Leben endet tragisch.«
    »Das sehe ich nicht so. Der
Don Giovanni
bleibt sich bis in den Tod treu, ja, sein Untergang ist die zwingende Konsequenz seiner Redlichkeit und Treue zu seinem Weltund Menschenbild. Das hat tagespolitische Brisanz.«
    »
Don Giovanni
ist redlich? Wollen Sie uns das wirklich weismachen?«
    »Wenn nur einer unserer Politiker bis in den Tod für seine Haltung einstehen würde, dann hätten wir nicht diese Probleme. Mein
Don Giovanni
wird ein Zeichen setzen.«
    Raimondi sah auf die Uhr. »So viel für heute. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.«
    Doch so schnell wollten die Journalisten ihn nicht gehen lassen. Interviewwünsche wurden laut. Raimondi wies sie ab. Bevor er in der Gasse verschwand, winkte er Ludewig zu sich.
    »Sagen Sie dem Mann von der Frankfurter Allgemeinen, dass ich heute Nachmittag in der Probenpause Zeit für ihn hätte.«

7
    Die übliche Truppe hatte sich um den Obduktionstisch im Gerichtsmedizinischen Institut versammelt. Im Grunde handelte es sich um eine Routineangelegenheit. Anwesend waren Pia und Karl, die beiden Obduzenten, Ernst, der Sektionsgehilfe, und Heinlein als Vertreter der Kriminalpolizei. Kilian hatte sich vergeblich gesträubt, an der Obduktion teilzunehmen. Wenn er Heinlein bei der Aufklärung des Todes von Fred Sandner unterstützen wollte, musste auch er sich vor Augen führen lassen, was zum Ableben des Regisseurs geführt hatte.
    Der rundum geflieste Raum war in ein unangenehm grelles Neonlicht getaucht. Er gab in seiner Nüchternheit eine Vorahnung auf das, was sich die nächsten zwei Stunden in diesem Raum abspielen sollte. Der Tod spielte in dieser Inszenierung die Hauptrolle; es ging nun darum, welche Spuren die Tatwaffe hinterlassen hatte, um daraus Rückschlüsse auf den Tathergang ziehen zu

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