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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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und hat einen Text der Schauspieler aufgezeichnet, die sich in der Nähe des Mikros befanden. Das darf aber eigentlich nicht passieren. Die Durchsagen sind für jeden bindend. Es kostet mich meinen Job, wenn damit Schindluder getrieben wird.«
    »Kann sich die Anlage zufällig eingeschaltet haben?«, fragte er und konnte nicht umhin, auf die beeindruckende Technik zu verweisen. Ganze Bündel von Kabeln führten wie Adern und Venen an den Arbeitsplatz, der mit mehreren Computerund Fernsehmonitoren ausgestattet war. In der Mitte ein Schaltpult mit Reglern und Knöpfen, die nach Lust und Laune zu blinken schienen. Ein Mikrophon ragte heraus, daneben ein Lautsprecher.
    Sie lehnte sich nach vorn, ans Mikro.
    »Sie müssen diese Taste hier drücken«, sie deutete darauf, »und sprechen dann ins Mikro. Die Übertragung geht in alle Stockwerke und Räume.«
    Kilian zweifelte, dass man die Taste, die sich wie auf einem Koordinatensystem befand, wirklich zufällig hätte drücken können. »Passiert das öfter, dass man Ihnen einen Streich spielt?«
    »Es ist meine letzte Spielzeit. Das ist die Art der Jungs, mich zu verabschieden.«
    »Ein neues Engagement?«
    »Beim Arbeitsamt, ja. Haben Sie denn noch nichts von den Entlassungen gehört?«
    *
    Marianne Endres kaute nervös auf den Fingernägeln. Viel war von ihnen nicht mehr übrig.
    Heinlein seufzte. »Also, noch einmal. Was haben Sie auf dem Gang im zweiten Stockwerk gemacht?«
    Marianne war der immer gleichen Frage nicht minder müde. Nur kurz nahm sie das angenagte Nagelbett aus dem Mund.
    »Zum hundertsten Mal, ich habe gewartet, bis Freddie aus dem Büro des Intendanten kommt.«
    »Haben Sie ihn getroffen, als er das Zimmer verlassen hat?«
    »Nein, ich war mal kurz auf der Toilette und, nein, ich habe keinen Zeugen dafür.«
    »Sandners Büro befindet sich auf demselben Stockwerk. Sie haben dort nicht mal kurz reingeschaut?«
    »Wieso sollte ich das tun?«
    »Um mit ihm zu sprechen.«
    »Alles war gesagt. Einer musste handeln.«
    »Und das waren Sie?«
    »Wer denn sonst? Die anderen haben doch alle keinen Mumm, wenn es darauf ankommt.«
    »Was sollte denn, Ihrer Meinung nach, geschehen?«
    »Irgendetwas eben. So konnte es auf jeden Fall nicht weitergehen.«
    Heinlein wartete einen Moment, bis er zuschlug.
    »Ging es nicht eigentlich darum, dass Sie Fred Sandner bloßstellen wollten, damit Sie seinen Job bekommen?«
    Marianne rang nach Luft. »Unverschämtheit. Ich brauche niemand zu denunzieren, wenn ich seinen Job haben will. Das haben andere erledigt.«
    »Wer denn?«
    »Kayleen, dieses Miststück.«
    »Was?«
    »Die Schlampe hat sich Freddie an den Hals geschmissen, als er die Produktion übernahm. Als die Sache klar war, hat sie hinter seinem Rücken Reichenberg über das Fiasko bei den Proben informiert. Sie wollte nicht daran schuld sein, wenn der
Don Giovanni
in einer Katastrophe enden würde.«
    »Wollte Kayleen die Regie übernehmen, oder was sollte ihr Beweggrund gewesen sein, Sandner zu hintergehen?«
    »Die Frau ist Ende vierzig. Sie hat vielleicht noch drei, vier gute Jahre. Dann ist sie schlicht zu alt für die Rollen, die sie singen kann. Sie muss sich absichern. Wenn der
Don Giovanni
floppt, wäre sie die Letzte gewesen, die nicht rechtzeitig Alarm gegeben hätte.«
    »Interessiert das jemand außerhalb des Mainfrankentheaters?«
    »Nein, aber den Intendanten und die Oberbürgermeisterin. In den nächsten Tagen geht es um die Vertragsverhandlungen. Und Kayleen wollte ein Festengagement für die nächste Spielzeit. Sie hat viel zu verlieren. Ein Engagement an einem anderen Haus kommt für sie nicht mehr in Frage.«
    War das ein Motiv für einen Mord?, fragte sich Heinlein. Sich absichern, bevor man mit dem sinkenden Schiff untergeht?
    »Haben Sie jemals bemerkt, dass Fred Sandner depressiv war?«, fragte Heinlein.
    »Sie meinen, ob er selbstmordgefährdet war?«
    »Ja, wenn Sie es so ausdrücken wollen.«
    »Freddie war ein sehr lieber Mensch, aber ein Dinosaurier. Er passte nicht mehr in diese Zeit, in der jede Produktion etwas bieten muss, damit sie in den Feuilletons besprochen wird. Er arbeitete grundsolide, aber ohne den Funken Genialität. Früher soll er das mal gehabt haben, vor meiner Zeit.
    Ob sich Freddie nach dem Rauswurf das Leben genommen hat? Es war die sauberste Lösung, für alle. Ja, ich glaube schon.«
    »Haben Sie je eine Waffe bei ihm gesehen?«
    »Da müssen Sie Kayleen fragen. Sie ist mit ihm ins Bett gestiegen. Und außerdem …

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