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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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gerade von einer Probe. Wer ist der Getötete?«
    »Ein Journalist.«
    »Von welcher Zeitung?«
    »Der Frankfurter Allgemeinen.«
    »Keil? Meinen Sie ihn?«
    »Ja. Sie kennen ihn?«
    Er nickte. »Ich kenne ihn noch aus meiner Zeit in Frankfurt. Ich habe mit Forsythe gearbeitet, bevor ich das Engagement hier angenommen habe.«
    »War er Ihnen zugetan? Ich meine, hat Keil gut über Sie berichtet?«
    Mit den Augen wies er auf die Bilder im Regal. »Er war ein Bewunderer von Forsythe und seiner Arbeit. Somit hatte ich gute Karten, als ich hierher gekommen bin. Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Im Gegenteil, er ist einer der Wortführer gegen den Abbau des Tanztheaters hier am Hause.«
    »Soll das Ballett geschlossen werden?«
    »Man drückt es nicht so krass aus. De facto kommen die befürchteten Entlassungen im Ballett der Schließung der Sparte gleich. Nur zum Anschein hält man zwei oder drei Produktionen im Jahr am Leben, um das Gesicht zu wahren.«
    »Was bedeutet das für Sie?«
    »Dass ich mir einen neuen Job suchen muss. Die verbleibenden Produktionen werden mit freien Choreographen besetzt.«
    »Und Keil hat dagegen angeschrieben?« Er nickte.
    Kilian zeigte auf die Terrakottaschale am Boden.
    »Fehlt Ihnen eine Pflanze?«
    Er beugte sich über den Schreibtisch, blickte nach unten.
    »Ja, verdammt, da hat mir wirklich jemand meine Yucca geklaut. Ich fass es nicht.«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    »Heute Morgen, bevor ich zur Probe ging.«
    »Waren Sie die ganze Zeit bei der Probe, oder haben Sie sie zwischendurch verlassen?«
    »Es gab eine Pause. Ich habe sie mit der Gruppe auf dem Gang verbracht.«
    »Hier auf dem Stockwerk?«
    »Nein, gegenüber in der Oeggstraße. Probebühne Nummer vier war für uns disponiert.«
    »Und Sie haben auch während der Pause die Gruppe nicht verlassen?«
    »Nein.«
    »Einer Ihrer Tänzer?«
    Er dachte nach. »Nein, wir hatten einige Dinge zu besprechen. Die ganze Gruppe, ohne Ausnahme, war auf dem Gang versammelt. Der eine oder die andere ging kurz auf die Toilette, war aber gleich wieder zurück.«
    »Wer wusste noch davon, dass Sie Ihr Büro nicht verschlossen halten?«
    Er zog eine leidige Miene. »Der Intendant. Er hat mich kürzlich deswegen vor meinen Leuten gerüffelt.«
    »Sie meinen Tänzer?«
    »Tänzer, Klavierspieler, wer zu der Zeit eben auf der Probe war.«
    Je näher Kilian der Tatwaffe kam, desto größer wurde der Kreis der möglichen Attentäter. Der Anpfiff des Intendanten hatte sich bestimmt im Haus herumgesprochen, weshalb wahrscheinlich jeder wusste, dass er sein Büro nicht verschlossen hielt.
    Kilian bedankte sich für seine Hilfe und trat hinaus in den Gang. Auf dem Pflanzentopf mussten also zumindest die Fingerabdrücke des Ballettdirektors sein. Wenn er Glück hatte, war der Mörder unvorsichtig gewesen und hatte seine ebenfalls zurückgelassen. Die Chance war winzig.
    Dennoch, Kilian musste den Kreis der möglichen Täter eingrenzen. Falls er niemand finden sollte, der sich am Ende der Pause im dritten Stock aufgehalten hatte, so musste er klären, wie jemand dorthin gelangen konnte und unter Umständen mit der Pflanze im Arm gesehen wurde. Sein Blick fiel auf den Aufzug. Er war in Gebrauch gewesen, als Kilian in den Gang gekommen war. Entweder hatte ihn jemand aus demselben Stockwerk benutzt, oder er wurde von unten gerufen. Er trat in den Aufzug. Keine Kamera, nur ein abgewetztes Aluschild mit fünf Knöpfen. Der letzte war mit »Tiefgarage« beschriftet.
    Nach einer abenteuerlich ruckligen Fahrt, die mindestens eine Minute dauerte, stand Kilian am Fuße des Treppenhauses, über ihm der hell beleuchtete Schacht. Er blickte nach oben. Das Licht, das von den Dachfenstern herunterfiel, erlaubte es ihm nicht, Genaues zu erkennen. Raimondi konnte ihn nicht erkannt haben, als er nach oben geschaut hatte. Einen möglichen Gehilfen im dritten Stock jedoch auch nicht. Wenn überhaupt, und diesen Gedanken verbannte er sofort ins Reich der Phantasie, konnte er maximal ein Zeichen gegeben haben. Alles andere wäre einem Bungeesprung an einem Gummifaden gleichgekommen.
    Kilian schaute sich um. Die einzige Tür, die von hier aus weiterführte, trug die Aufschrift »Tiefgarage«. Er ging hindurch, fand sich in einem langen, kahlen Schlauch wieder, die nächste Tür führte ihn direkt in die Tiefgarage. Sie fiel hinter ihm ins Schloss. Verdammt, jetzt würde er den ganzen Weg außen herum gehen müssen, um wieder ins Theater zu

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