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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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sicher weiterhin fast jeden Tag
bei ihr vorbeisehen werde.« Sie wandte sich ihm zu. »Von was für einer Art
Geschäft redest du da überhaupt?«
    Â»Noch hat die Idee nicht ausreichend Gestalt angenommen. Aber schon
bald werde ich dir davon erzählen.«
    Â»Ich muss verrückt sein«, murmelte Paikea. Und John war sich nicht
sicher, worauf sich dieser Satz bezog. An diesem Abend war er einfach nur zufrieden,
mit ihr im Arm hier am Meer zu sitzen. Der Rest würde sich schon fügen.

CHRISTCHURCH, 1959

    17.
    Â»Das hier ist genau das
Richtige für Sie!« Der Vermieter schob die Tür zu dem schlichten Zimmer mit dem
schmalen Bett mit einer Geste auf, die eines Palastes würdig gewesen wäre. John
sah sich um. Ein kleines Waschbecken mit ein paar Kalkflecken in der Ecke
hinter einem wackeligen Sichtschutz, ein Schrank aus dunklem Holz, das schmale
Bett mit dem ovalen Couchtisch davor. Genau das, was man wohl erwarten durfte,
wenn man sich ein günstiges Zimmer ansah, das nur zum Schlafen dienen sollte.
Aber am Ende des Zimmers zeigte sich eine hübsche Aussicht auf den Park und den
Fluss, auf dem junge Männer mit Stocherkähnen zu sehen waren.
    Â»Ich nehme es«, erklärte er ohne
Umschweife. »Gibt es noch ein Bad oder eine Küche, die ich mitbenutzen kann?«
    Der Vermieter nickte. »Sicher, im Hinterhaus finden Sie ein
Waschzimmer, daneben sind eine kleine Küche und ein Aufenthaltsraum. Einige
meiner Mieter kochen jeden Abend.«
    Â»Und die nächsten Einkaufsmöglichkeiten?« John merkte selbst, wie
geschäftsmäßig seine Stimme klang.
    Der Vermieter schien sich daran allerdings nicht zu stören. Er
wischte gemächlich die Hände an seiner speckigen Hose ab, während er
antwortete: »Metzger und Bäcker sind um die Ecke. Wenn Sie etwas Gemüse oder
Obst suchen, dann ist der Weg weiter. Und im Park finden Sie eine Bude, die die
besten frittierten Muscheln der Südinsel verkauft.«
    John bot ihm die Hand. »Gut, dann sind wir uns also einig. Ich kann
sofort einziehen?«
    Â»Ja.« Der Mann sah ihn noch einmal misstrauisch an. »Sie sind sicher
am Wochenende nie in der Stadt? Ich muss mich darauf verlassen können!«
    Â»Was haben Sie vor?« John versuchte einen Witz. »Wollen Sie meine
Wohnung am Wochenende noch einmal vermieten?«
    Unwirsch schüttelte der Mann den Kopf. »Unsinn. Ihr Nachbar bekommt
Besuch von der Frau, die er außerhalb seiner Wohnung Cousine nennt. Die
Geräusche aus der Wohnung klingen allerdings alles andere als
verwandtschaftlich. Mir kann es ja egal sein – und er zahlt extra für seine
ungestörten Wochenenden.«
    Â»Die wird er haben!«, versprach John. Er freute sich viel zu sehr
auf sein Wiedersehen mit Paikea, als dass er auch nur ein einziges Wochenende
hier in Christchurch hätte verbringen wollen. Aber als Erstes brauchte er einen
Job. Er legte seinen Koffer auf das Bett, überprüfte sein Aussehen im Spiegel
und machte sich auf den Weg. Zuerst musste er noch etwas anderes erledigen. Ein
Besuch, der schon seit Jahren überfällig war.
    Â 
    Fiona ordnete sorgfältig
die Blumen für das Wohnzimmer. Sie liebte diese Tageszeit. Die beiden Männer
waren aus dem Haus und würden vor dem frühen Abend nicht wiederauftauchen. Sie
konnte sich den Einkäufen und ihrer ganz eigenen Ordnung in dem großen Haus
widmen. Ein raschelndes Geräusch aus dem Garten ließ sie aufschrecken. Mit
gerunzelter Stirn hob sie ihren Blick von den leuchtend roten und
orangefarbenen Blüten auf dem Tisch und sah durch die geöffneten Flügel der
Terrassentür nach draußen. Ein kleiner schwarzer Vogel machte sich an einem
leeren Korb zu schaffen. Der Wind vom Meer her fuhr durch ein paar trockene
Blätter, die sich in einer Ecke gesammelt hatten und die sie unbedingt noch
wegkehren musste. Sonst nichts.
    Mit einem leichten Achselzucken
machte Fiona sich wieder an die Arbeit. Vielleicht wurde sie ja allmählich
wunderlich – immerhin arbeitete sie seit über fünfzehn Jahren für George
Cavanagh. Ihr dreißigster Geburtstag war nicht lange her, und ganz allmählich
hatte sie sich damit abgefunden, dass sie hier bei dem strengen Patriarchen wohl
alt werden würde. Dass ihr jemals ein heiratswilliger Mann den Hof machen
würde, hoffte sie längst nicht mehr. Wieder dieses Geräusch. Fiona hob noch
einmal den Kopf und

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