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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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und nichts als Krieg und Unheil
gebracht haben.«
    Sie hatten inzwischen die Straße erreicht, die direkt am Strand
entlangführte. Unter ein paar Bäumen stand eine Bank, von der man die Aussicht
auf die weit geschwungene Bucht genießen konnte. Paikea ließ sich auf die Bank
fallen und verschwendete keinen Moment an die Aussicht. Stattdessen wischte sie
mit dem Handrücken trotzig die Tränen aus dem Gesicht. »Ich brauche eine
Wohnung. Ich möchte nicht mit Menschen zusammenwohnen, die so sehr und
beständig die Schuld für ihr Unglück bei anderen suchen.«
    Vorsichtig legte John ihr den Arm um die Schultern – und war für
einen Augenblick fast beschämt, weil sie sich so zerbrechlich unter seinen
Händen anfühlte. »Hast du dir das auch gut überlegt? Du hast mich heute Abend
in dein Haus gebracht, weil du unbedingt wolltest, dass ich wenigstens einmal
eine glückliche Familie erlebe. Und jetzt willst ausgerechnet du darauf verzichten
– wegen eines dummen Streits?«
    Â»Ich …«, fing sie an und brach dann ab. Dann wandte sie sich ihm zu.
»Gehst du wirklich in die USA? Ist das immer noch
dein Plan? Auf ein Schiff steigen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden?«
    Â»Ich weiß es nicht«, erklärte John und war in diesem Augenblick so
ehrlich wie selten in seinem Leben. »Ich hänge an diesem Land, ich mag die
Alpen, die Fjorde und die Geysire. Und am meisten mag ich dich.« Jetzt hatte er
es ihr endlich gesagt. Er beobachtete genau ihre Reaktion. Aber Paikea nickte
nur, so als hätte er eine Selbstverständlichkeit gesagt.
    Â»Und wann wirst du dich entscheiden?«, fragte sie schlicht.
    Er hob die Hände. »Bald. Ich muss mich bald entscheiden, weil mich
das Motel hier in Kaikoura ruiniert. Wenn ich noch eine Woche hierbleibe, dann
kann ich mir bald nicht mehr die Passage in die USA
leisten und starte mein neues Leben ohne einen Cent in der Tasche.« Er zog eine
Grimasse. »Das ist zwar keine neue Erfahrung für mich, aber ich lege eigentlich
keinen Wert darauf, das immer wieder zu erleben …«
    Â»Was ist die Alternative? Wenn du nicht nach Amerika gehst, was
willst du dann tun?« Ihr Ton war jetzt sachlich. Wenn er nicht den Arm um ihre
Schulter gelegt hätte, wäre ihm dieses Gespräch wie ein amtliches Verhör
vorgekommen.
    Â»Hier in Kaikoura kann ich nicht bleiben. Es gibt keine Jobs, das
hast du selbst gesagt. Also bleibt nur Christchurch. Wenn es mir gelingen
würde, dort ein funktionierendes Geschäft aufzumachen, könnte ich jedes
Wochenende hierherkommen.« Er zögerte. »Das heißt natürlich, nur wenn du das
willst.«
    Â»Was verstehst du unter ›funktionierendes Geschäft‹? Was hast du
vor?« Sie sah ihn immer noch forschend an.
    Â»Ich möchte nicht wieder am Hafen arbeiten.« Er zuckte verlegen mit
den Schultern. »Da würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach meinen Ziehvater treffen
und würde immer wieder davonlaufen. Das will ich aber nicht. Ich bin ein
erwachsener Mann, ich möchte nicht den Rest meines Lebens vor den Geistern
meiner Kindheit fliehen. Also habe ich da eine Idee, etwas, das noch nie dagewesen
ist … Aber zuerst muss ich wissen, wie dir der Gedanke gefällt, dass ich
hierbleibe.«
    Sie lachte leise. »In Christchurch zu leben und zu arbeiten bedeutet
nicht unbedingt, dass du hierbleibst. Wir würden uns nur jedes Wochenende
sehen.« Sie schwieg einen Moment lang. Dann fügte sie hinzu: »Das würde ich
allerdings sehr gerne.«
    Mit einem festen Griff drückte John ihre Schulter. »Dann ist es
entschieden. Ich fahre nach Christchurch und sehe, was sich machen lässt. Vielleicht
wird aus meinen Plänen nichts. Und am Wochenende komme ich hierher und besuche
dich. Ich fürchte, weitere Besuche bei deiner Familie stehen allerdings nicht
auf dem Plan.«
    Â»Wann willst du abreisen?«
    Â»Schon morgen. Ich muss mir in Christchurch ein kleines Zimmer
nehmen, bei einer Bank nach Kredit fragen – und dann sehen, ob ich einen guten
Ort für mein Geschäft finde.« Mit einem Mal hatte seine Ziellosigkeit ein Ende.
»Und nächstes Wochenende bin ich wieder hier – vielleicht brauchst du dann ja
auch schon Hilfe bei einem Umzug …«
    Â»Und den will ich unbedingt«, murmelte Paikea. »Die Atmosphäre bei
meiner Mutter ist zu vergiftet … auch wenn ich

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