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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Hochsommertag kündigte sich an. »Was haben
wir heute vor?«
    Â»Nichts Besonderes. Ich dachte, wir machen es uns einfach gemütlich
am Strand, grillen ein bisschen. Wenn du magst, können wir natürlich auch noch
einmal zu den Walen rausfahren.« Matiu unterdrückte ein wohliges Gähnen. »Mir
ist alles recht, solange ich nicht zu viel laufen muss und hin und wieder etwas
zu essen kriege.«
    Â»Strand, Grillen, Wale«, wiederholte Katharina mit leuchtenden
Augen. »Wenn das nicht nach dem perfekten Tag klingt. Das wollen wir machen.«
Sie hielt kurz inne. »Wenn wir an deiner Mutter vorbei sind.«
    Â»Kein großes Problem.« Matiu zuckte mit den Schultern. »Die hat für
uns sicher das perfekte Frühstück vorbereitet. Wenn du genug Hunger hast,
kannst du nichts verkehrt machen.«
    Katharina nickte und zog sich ein T-Shirt
und eine Cargohose über, bevor sie sich auf den Weg ins Badezimmer machte. Als
sie wenig später mit nassen Haaren am Frühstückstisch auftauchte, musste sie
Matiu recht geben. Von frisch gekochten Eiern über Schinken und Obstsalat aus
Kiwis bis zu herrlich duftendem Brot war einfach alles vorhanden. Katharina
genoss die Köstlichkeiten. Heimlich fragte sie sich allerdings, wovon diese
Familie lebte. Und vom Oberhaupt der Familie war weit und breit nichts zu
sehen. Ob es den überhaupt noch gab? Matius Mutter sah ihr lächelnd beim Essen
zu.
    Â»Was haben Sie denn noch vor?«, fragte sie schließlich.
    Â»Heute?« Katharina lachte. »Wir wollten an den Strand, später ein
bisschen grillen und noch später vielleicht bei einer Walbeobachtungstour mitmachen.
Ich fand das so faszinierend, dass ich es kaum erwarten kann, diese Tiere noch
einmal zu sehen. Sie sind so riesig und wirken so friedlich …«
    Matius Mutter spielte mit einer elfenbeinartigen Schnitzerei, die
ihr um den Hals hing. Erst jetzt bemerkte Katharina, dass diese Figur fast wie
eine Fluke aussah. Oder war es ein großer Angelhaken? Sie bemerkte ihren Blick
und lachte. »Ja, das finde ich auch. Den Walen bin ich seit meiner Jugend
verfallen. Dieser Schmuck ist aus echtem Walknochen – allerdings starb der Wal
für diesen Schmuck wahrscheinlich schon vor über hundert Jahren. Ein Bone
Carver, ein Knochenschnitzer, hat aus einem Stück Rippe, das er hier in der
Nähe gefunden hat, dieses Stück geschnitzt. Im Auftrag meines Mannes, der
wusste, dass ich gerne ein echtes Stückchen Wal in meiner Nähe haben würde. Ich
denke immer, dass sie weiser sind als alle Menschen zusammen.«
    Katharina sah endlich ihre Chance, nach diesem geheimnisvollen Vater
zu fragen. »Wo ist Ihr Mann eigentlich?« Sie versuchte, dabei möglichst
unbefangen zu klingen, biss in ein Stück Weißbrot und sah ihre Gastgeberin
neugierig an.
    Die lachte nur. »In Christchurch. Er hat dort geschäftlich zu tun
und kommt meistens nur für das Wochenende nach Kaikoura. Das hielten wir von
Anfang an so.« Sie stand auf und ging in die Küche – und machte damit
überdeutlich, dass das Thema für sie beendet war.
    Für einen Augenblick sah Katharina aus dem Fenster. Das Meer lag
heute friedlich da, tief dunkelblau und endlos bis zum Horizont. Bei einem
solchen Anblick wollte sie wirklich keine Minute an das Rätseln um abwesende
Männer verschwenden. Bevor sie sich allerdings in einen Tag voller Spaß,
Grillen und Sport stürzte, musste sie sich unbedingt bei Sina melden.
Vielleicht gab es ja gute Nachrichten von der kleinen Ava.
    Schon als sich Sina meldete, verlor Katharina alle Hoffnung. Die
Stimme ihrer Freundin klang angespannt und müde, heiser vom vielen Reden oder
Weinen. Sie meldete sich wie jemand, der einfach nur noch abgrundtief müde ist
und nicht mehr viel Hoffnung auf Besserung hat.
    Â»Ich bin’s, Katharina!«, rief sie in den Hörer und bemühte sich um
einen möglichst unbefangenen Ton. »Ich wollte einfach mal wieder hören, wie es
euch geht. Gibt es denn etwas Neues?«
    Â»Nein.« Sina rang hörbar um Fassung. »Ava geht es nicht besser. Sie
hängt im Krankenhaus an ihren Transfusionen, und nichts scheint wirklich zu
helfen. Ich hätte nie gedacht, dass ein Kind so schnell alle seine Reserven
aufbrauchen kann – aber genau das passiert direkt vor meinen Augen. Wir lassen
weiter die komplette Verwandtschaft testen, die Datenbanken nach anonymen

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