Der Gesang der Maori
Spendern
durchsuchen â aber niemand scheint zu unserem kleinen Mädchen zu passen.
Immerhin â der Bruch heilt ganz gut ab. Eigentlich ein Wunder bei ihrem Gesamtzustand.
Bei deiner Suche nach John gibt es nichts Neues, nehme ich an?«
»Das hätte ich dir sofort gesagt!«, antwortete Katharina. »Aber ein
John Cavanagh scheint weder auf der Nord- noch auf der Südinsel bekannt zu
sein. Was wirklich merkwürdig ist, wenn man bedenkt, dass sonst wirklich jeder
jeden zu kennen scheint â¦Â«
»Vielleicht stimmt es ja doch, was immer behauptet wurde«, seufzte
Sina. »John junior sitzt auf einer Pazifikinsel und säuft. Wer auch immer der
gepflegte ältere Herr auf Ruihas Beerdigung war â es war womöglich gar nicht
Brandons Onkel.«
»Schwer zu glauben. Wie geht es Brandon denn überhaupt?«
»Nicht besonders. Zu allem Ãberfluss hatte sein GroÃvater vor zwei
Tagen einen Schlaganfall. Er erholt sich gut, aber er will nicht aus dem Bett
und redet immer wieder von vergangenen Zeiten. Von seiner Ruiha, seinem
Bergwerk ⦠Ewan hat keine Ahnung, was sein Vater da plappert, und nimmt an,
dass es sich nur um einen völlig verwirrten Geist handeln kann. Wir wissen es
besser, aber ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um alles aufzudecken? Mir fehlt
auf jeden Fall die Kraft dazu. Von mir aus soll der alte, bösartige Knacker
einfach sterben und seine Geheimnisse mit ins Grab nehmen.«
»Ich bin in ein paar Tagen wieder bei euch«, tröstete Katharina ihre
Freundin. Sie merkte es selbst, wie hilflos sie klang. »Vielleicht habe ich ja
Glück und finde euren geheimnisvollen Onkel doch noch.«
»Hoffentlich â¦Â«, begann Sina einen Satz. In dieser Sekunde hörte man
im Hintergrund eine Männerstimme. »Ich mache jetzt Schluss«, erklärte Sina
eilig. »Brandon ist gerade eben aus dem Krankenhaus gekommen, ich muss
unbedingt hören, wie es Ava geht!« Ohne ein weiteres Wort legte sie auf.
Katharina sah einen Augenblick etwas verdutzt auf den Hörer, legte
dann auf und ging zurück in das gemütliche Wohnzimmer. Auf Matius fragenden
Blick hin zuckte sie nur mit den Schultern. »Nichts Neues. Der Kleinen geht es
immer schlechter â und es findet sich kein geeigneter Spender. Weder innerhalb
der Familie noch in den Datenbanken.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir können
da erst einmal nichts tun, nehme ich an. Also los â gehen wir an den Strand und
erlegen ein paar Kühe, die wir nachher auf den Grill packen können.« Sie versuchte
ein Lachen, merkte aber selbst, dass es irgendwie gekünstelt und hohl klang.
Matiu nickte nur, und sie stürzten sich in einen perfekten
Hochsommertag. Der Himmel spannte sich wolkenlos über ihren Köpfen, das Meer
sah aus, als ob jemand tiefblaue Farbe hineingerührt hätte. Sie setzten sich
auf die gewaltigen Felsen, die am Ende des Strandes eine Heimat für die unzähligen
Robben darstellten.
Aber trotz all dieser atemberaubenden Schönheit konnte Katharina das
Telefonat vom Morgen nicht vergessen. Nachdenklich sah sie auf das Meer und
kaute an einem Nagel â bis Matiu ihr die Hand wegzog und in seine Hände nahm.
»Du kannst jetzt nichts weiter machen. Du hast schlieÃlich viel rumtelefoniert
und bei den Behörden nachgefragt ⦠Vielleicht passiert ja doch noch ein
Wunder«, meinte er mit zärtlicher Stimme. »Womöglich ist die Lösung für alle
Probleme viel näher, als du denkst!«
Katharina sah aufs Meer und schüttelte den Kopf. »Was könnte jetzt
noch passieren, das uns helfen würde?«
Später kauften sie sich Salat und Fleisch und grillten alles im
Garten von Matius Elternhaus. Fasziniert sah Katharina wieder auf das Meer
hinaus. »Es ist unglaublich, was für einen wunderschönen Blick ihr habt!«,
schwärmte sie zwischen zwei Bissen. »Wie seid ihr noch mal an dieses Haus gekommen?«
»Ach, das ist gar keine spektakuläre Geschichte!«, lachte Matiu.
»Die Familie meiner Mutter war nicht sonderlich geschäftstüchtig â um es
vorsichtig auszudrücken. Mein GroÃvater war offensichtlich sogar im Gefängnis!
Und mein Vater ist ein typischer neuseeländischer Selfmademan. Er hatte in
seinem Leben ein paarmal die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Na ja, und
dieses Haus steht wohl an der Stelle einer alten Garage, in der meine Mutter
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