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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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einmal nichts. Noch geht es ihr gut, im Krankenhaus ist im
Moment kein Bett frei – wir können ihr die nötigen Medikamente auch hier geben.
Das ist für sie wahrscheinlich sogar besser, so muss sie ihre gewohnte Umgebung
nicht verlassen.«
    Brandon nickte und schaute nachdenklich. Irgendwann schaltete er den
Fernseher ein, der nicht einmal umgefallen war. In den Nachrichten erfuhren sie
von den schweren Schäden an der Kathedrale und an einem Bürogebäude. Der
Premierminister stapfte mit ernster Miene zwischen den zerstörten Gebäuden
herum, redete von einer »Katastrophe« und versprach sofortige Hilfe für alle
Betroffenen. Das, was man nach jedem Unglück sehen konnte – und von dem man nie
geglaubt hätte, dass es einen mal selbst betrifft.
    Bei diesem Gedanken erinnerte Katharina sich an den Artikel, den sie
noch schreiben sollte. Sie entschuldigte sich bei ihren Freunden, die ohnehin
den Eindruck machten, als wären sie jetzt am liebsten allein. Vor dem Laptop
versuchte sie, die Schrecken der letzten achtzehn Stunden in Worte zu fassen.
Fast zwei Stunden vergingen, in denen Katharina immer wieder neue Formulierungen
suchte, Sätze und Worte verwarf und etwas zu schreiben versuchte, das den
Schrecken und die Machtlosigkeit angesichts des Erdbebens widerspiegelte.
Endlich war sie mit dem Text zufrieden. Sie nahm das Telefon, wählte die Nummer
ihrer Redaktion – in Deutschland herrschte schließlich heller Vormittag! – und
gab ihren Text durch. Keiner konnte von ihr erwarten, dass sie jetzt ein
funktionsfähiges Fax oder gar einen Internetzugang auftrieb …
    Danach verschwand sie in ihrem Bett. Die Regale hatte sie im Laufe
des Tages wieder eingeräumt, es sah fast wieder normal aus. Kaum berührte ihr
Kopf das Kissen, fiel Katharina in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
    Zwei Tage lang räumte Katharina Seite an Seite mit Brandon das Haus
auf. Dazwischen lief Ava mit ihren dicken Beinchen herum, zeigte jedem, der es
wollte, ihren Gips an ihrem Ärmchen und schimpfte, dass ihre Mama so
schrecklich wenig zu Hause war. Aber Sina musste immer wieder Sonderschichten
im Krankenhaus einlegen: Auch wenn die Opferzahl des schweren Erdbebens relativ
niedrig war – die zahllosen Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen und Prellungen
wollten versorgt werden. Viele der Einwohner von Christchurch hatten sich auch
erst einmal um ihr Haus, ihre Verwandten und ihre Boote im Hafen gekümmert,
bevor ihnen auffiel, dass so manche Schnittverletzung vielleicht doch besser
genäht werden sollte.
    Katharina schrieb täglich an ihrem Bericht für ihre Zeitschrift,
schaffte es sogar, den Film aus ihrem Fotoapparat per Luftpost nach Deutschland
zu schicken. Ansonsten richtete sie umgefallene Regale auf, richtete Pflanzen
wieder auf und sammelte das zerschmetterte Geschirr, die zerbrochenen Gläser
und die geborstenen Tonkrüge in einen der großen Container, die die Stadtverwaltung
in jeder Straße aufgebaut hatte. Nach zwei Tagen sah alles fast wieder wie
vorher aus – wenn man einmal davon absah, dass man bei den Cavanaghs nur noch
drei unzerbrochene Teller und zwei Tassen vorfand. Den weiteren Bedarf
überbrückten sie zunächst einmal mit Plastikgeschirr.
    Am zweiten Tag fuhr Brandon nach Lyttelton und Charteris Bay, kam
aber wenig später mit beruhigenden Nachrichten zurück. »Meine Crew wartet
darauf, dass sie bald wieder auslaufen können – und mein Großvater schimpft
darüber, dass sein Swimmingpool im Garten einen Sprung hat und jetzt nicht mehr
dicht ist. Aber da kann ihm wohl keiner helfen – seine Nachbarn sind im Moment
alle damit beschäftigt, dass Teile ihrer Grundstücke an der Steilküste einfach
direkt ins Meer gerutscht sind.«
    Natürlich hatte er jeden Verwandten gebeten, sich Blut abnehmen zu lassen:
Sollten Sina und Brandon als Spender für Ava nicht infrage kommen, dann hatten
sie ja vielleicht Glück mit Brandons Eltern, seiner Schwester Caithleen oder
dem alten George Cavanagh.
    Â»Wie haben sie die Nachricht von Avas Krankheit denn aufgenommen?«,
wollte Katharina wissen.
    Â»Sie können es nicht fassen. Sie sah immer so unglaublich gesund
aus, wie kann man da annehmen, dass irgendetwas mit ihren Blutwerten nicht
stimmt. Und ihre Blässe ist nun wirklich niemandem besonders aufgefallen …
schließlich hatte sie ein schlimmes Erlebnis, und im Übrigen:

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