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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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allein zurück.
    Katharina zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, wir machen uns besser
wieder auf den Weg. Unsere Chancen auf einen Tee oder einen Kaffee liegen hier
sowieso bei null. Da werfen wir lieber noch einmal deinen Campingkocher an!«
    So machten sie sich wieder auf den Weg und als sie schließlich vor
dem Häuschen von Sina und Brandon angekommen waren, erwachte Ava endlich aus
ihrem tiefen Schlaf – Sinas Spritze hörte allmählich auf zu wirken. Sie rekelte
sich, spürte dann den geschienten Arm und protestierte. »Was? Weg!«
    Brandon hielt sie fest und versuchte ihr zu erklären, dass sie diese
Schiene jetzt erst einmal ein paar Wochen tragen müsse – so lange, bis der Arm
wieder ganz gesund wäre. Die kleine Ava wirkte nicht ganz überzeugt, wechselte
dann aber von einem Moment zum nächsten das Thema: »Hunger!«
    Brandon grinste Katharina an. »Das schlimmste Drama ist ganz
offensichtlich überstanden. Ich sehe mal nach, was ich im Kühlschrank finden
kann.«
    Katharina blieb mit Ava auf den Stufen vor dem Haus sitzen, bis
Brandon mit Spiegelei, Toast und Tee wiederauftauchte. Für die Kleine kehrte
damit nach dieser albtraumartigen Nacht wenigstens ein klein wenig Normalität
zurück.
    Anschließend fingen Katharina und Brandon an, im Haus aufzuräumen,
während das Radio ihnen das Ausmaß des Schadens allmählich deutlich machte.
Weil das Erdbeben mitten in der Nacht geschehen war, hielt sich die Menge der
Opfer im Rahmen: Die Schätzung lag bei etwa zwanzig Menschen, die durch
herabfallende Ziegel, Äste oder umstürzende Bäume ums Leben gekommen waren. Der
Sachschaden durch das Erdbeben war ebenfalls groß: einige Häuser nicht mehr
bewohnbar, einige Straßen nicht mehr befahrbar. Aber schon am Nachmittag
funktionierte der Strom wieder – und wenig später konnte Brandon mit seinem
Vater in Lyttelton telefonieren. Erleichtert legte er auf. »Meinen Eltern ist
nichts passiert, sogar mein Großvater ist wohlauf und schimpft nur über die
Schäden an meinem Schiff. Kein Wunder, die Pacific Coral lag als Einzige im
Hafen. Sogar meinen Matrosen ist nichts passiert – ich denke, wir hatten
wirklich Glück im Unglück.«
    Als Nächstes rief Katharina kurz in der Redaktion an. Der
Chefredakteur war von seiner jungen Journalistin begeistert. »Schicken Sie mir
einen Augenzeugenbericht und Bilder – ab sofort sind Sie unsere Korrespondentin
in Neuseeland!« Für den Artikel gab er ihr nur einen Tag Zeit – aber Katharina
hatte ihn in Gedanken sowieso schon fertig geschrieben. Es war schließlich ganz
etwas anderes, ob man von einem solchen Unglück nur in der Zeitung las – oder
ob man hautnah mitbekam, wie sehr die Naturgewalten das Leben von einen Tag auf
den nächsten verändern konnten.
    Immer wieder schwankte der Boden etwas unter ihnen, wie ein riesiges
Tier, das leicht atmete. »Habt ihr das hier häufig?«, fragte sie Brandon,
während sie gemeinsam das zerbrochene Geschirr aus einem Küchenschrank räumten.
    Er zuckte mit den Achseln. »Ja. Selten so stark – aber Neuseeland
liegt nun einmal in einer Ecke der Welt, in der die Erde in Bewegung ist.
Deswegen haben wir das schöne Rotorua oder den Tongariro, unseren Vulkan. Und
Lake Taupo ist einfach nur ein großer Krater voller Wasser … Ein Erdbeben
sollte keine Überraschung für unser Land sein. Und doch – jeder hofft, dass er
in seinem Leben kein großes Erdbeben erleben muss.« Er warf einen langen Blick
in die Tiefkühltruhe. »Der Strom war zu lange aus, wir werden heute Abend ein
Barbecue veranstalten müssen – sonst wird dieses Fleisch einfach nur
vergammeln. Und wenn es jetzt wieder einfriert, kann man damit auch nichts mehr
anfangen. Schaust du mal in der Küche nach, was wir noch an Gemüse und Zwiebeln
dahaben?«
    Katharina war überrascht, wie schnell Brandon von seinen
Betrachtungen über die ständig drohende Gefahr eines Erdbebens zum Resteessen
aus der Tiefkühltruhe kam. Aber wahrscheinlich war genau das die berühmte
Mentalität einer Auswanderernation, die es sich nicht leisten konnte, nach einer
Katastrophe länger untätig zu bleiben. Diese Nation war seit zweihundert Jahren
darauf geeicht, sofort alles wieder aufzubauen.
    Sie verschwand in der Küche und untersuchte den Inhalt des
Vorratsschrankes. Mit einem Arm voller

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