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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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haben wir damals nicht mehr
geschafft, wir wollten schließlich noch auf die Südinsel.«
    Matiu nickte nur. »Dann sei nicht zu enttäuscht – da oben ist
hauptsächlich sehr viel Geröll. Es gibt einen Grund, warum wir uns diesen Ort
ausgesucht haben, um Verzweiflung darzustellen …«
    Mit einem Seitenblick reichte er ihr ein belegtes Brötchen. »Ich
nehme an, du hast noch nicht gefrühstückt? Dann solltest du das jetzt nachholen
– es hat keinen Sinn, ohne eine vernünftige Grundlage auf einen Berg zu
rennen.«
    Katharina fing an zu lachen. »Ich habe dir doch gestern schon
gesagt, dass ich viel wandere. Selbstverständlich habe ich heute Morgen ein
Müsli gegessen, keine Sorge.« Sie steckte das Brötchen in ihren schicken
City-Rucksack, der heute als Bergrucksack dienen musste. »Aber trotzdem vielen
Dank. Ich hebe es mir auf, später am Vormittag habe ich sicher Hunger.«
    Matiu interessierte sich für den Hintergrund seiner Begleiterin.
»Was macht denn der Rest deiner Familie?«
    Â»Kein großes Geheimnis«, winkte Katharina ab. »Und nicht einmal
wirklich spannend. Meine Mutter ist Hausfrau, mein Vater sitzt als Angestellter
in irgendeinem Büro und freut sich auf seinen Feierabend – oder auf seine Rente
in einem knappen Jahr. Und mein Bruder ist Banker. Langweiliger geht es fast
nicht … Ich glaube, deine Geschichte ist spannender, oder?« Sie sah ihn neugierig
an. »Wie ist es, wenn man heutzutage als Maori in Neuseeland lebt?«
    Matiu bog mit Schwung auf einen kleinen Parkplatz ein, auf dem schon
zwei Autos verloren neben einem windschiefen Baum standen. »Jetzt fangen wir
erst einmal an zu laufen – hier fängt der Treck auf den Berg an.«
    Er parkte sein Auto, wechselte von seinen Sneakers auf
Trekkingstiefel, die deutliche Spuren von langer Benutzung aufwiesen.
Katharinas Sneakers und ihren City-Rucksack sah er noch einmal mit
missbilligendem Blick an, dann schulterte er seinen sehr viel
geländetauglicheren Rucksack und winkte ihr, ihm zu folgen. Der Treck startete
durch eine Ebene mit viel vertrocknetem Gras und wenigen Blumen, die sich
irgendwie verzweifelt in dem steinigen Untergrund festkrallten. Schon nach
kurzer Zeit verschwanden die letzten windschiefen Bäume und wurden durch fast
mannshohe, harte spitze Gräser ersetzt.
    Der Treck wand sich mehr oder weniger geradeaus in Richtung der
Vulkangipfel durch diese Landschaft. Erst als er allmählich anstieg und das
Wandern damit beschwerlicher wurde, verschwand auch dieser Bewuchs. Innerhalb
weniger Hundert Meter liefen sie nur noch über Schotterhänge. An einer Stelle
hing über dem rötlichen Geröll eine weiße Dampfwolke. Matiu deutete in die
Richtung: »Dort dringen heiße Dämpfe aus dem Inneren des Vulkans nach außen.
Das sehen wir weiter oben noch häufiger; im Film wird das wie Nebel wirken –
auf jeden Fall sorgt es für einen gruseligen Effekt.
    Katharina spürte, wie ihr der Schweiß über den Rücken zu laufen
begann. Die Steigung wurde heftiger, gleichzeitig kletterte die Sonne schnell
immer höher am Himmel. Sie querten eine große Geröllhalde und liefen dann über
einen Weg, der an riesigen Gesteinsbrocken vorbeiführte. Matiu blieb stehen und
deutete auf diese Felsen. »Hier werden unsere Hobbitfreunde ziemlich verzweifelt
herumirren. Stell dir einfach vor, dass die Steine noch nass glänzen, es
womöglich Nacht ist und wir zudem mit einer kleinen Nebelmaschine nachhelfen …«
    Katharina wollte sich nicht anmerken lassen, dass sie über diese
kurze Pause ziemlich froh war. Sie strich sich eine feuchte Strähne hinters Ohr
und atmete tief durch, während sie sich die abweisend aussehenden
Felsformationen ansah. »Es sieht sogar schon jetzt im Sonnenschein ziemlich
gruselig aus.«
    Matiu nickt. »Ja, deswegen haben wir es ausgesucht …« Er sah sie
besorgt an. »Möchtest du eine kurze Pause machen? Du siehst ein bisschen angeschlagen
aus.«
    Mit einer abwehrenden Handbewegung setzte sich Katharina wieder in
Bewegung. »Keine Sorge. Ich bin nur nicht mehr so fit, wie ich es einmal war –
dieses Herumsitzen im Büro tut mir nicht gut. Aber wir sollten uns dringend
einen besseren Aussichtspunkt suchen, um eine Pause einzulegen …«
    Schweigend kämpften sie sich weiter den Berg nach oben. Katharina
verfluchte insgeheim

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