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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Mal die weite Reise ins Ausland antraten. Und was
sollten sie nun mit den ganzen Etiketten anfangen, die Jason heute Vormittag
voller Optimismus bestellt hatte? Die Dinger würden höchstens in einem Museum
für Kuriositäten einen Platz finden. Zornig starrte John auf den Entwurf der Etiketten.
    Â»Melonettes. New Zealand.« Die Aufschrift war unglaublich schlicht.
Daneben noch die neuseeländische Flagge, der Firmenname »Turners & Growers«
und der schwarze Umriss eines Kiwis. Der Wappenvogel des Pazifikstaates – er
konnte nicht fliegen, war fast blind und leckte in der Nacht mit seiner langen
Zunge, die in einem ebenso langen Schnabel steckte, Insekten und anderes Getier
aus dem Boden. Eigentlich sahen nicht einmal die Federn dieses Vogels aus wie Federn,
sondern eher wie dicke zottelige Haare. Rund, braun, borstig. Wie seine
Melonettes.
    Für einen Moment schloss John die Augen. Vor seinem inneren Auge sah
im Moment alles ein bisschen wie diese Früchte aus. Selbst der Kiwivogel sah
aus wie eine Kiwifrucht … Leise lächelte er über diesen Namen. Klang irgendwie
gut. Fast wie die Melodie, die dieses Mädchen einst gesungen hatte. Dann
runzelte er die Stirn und sah noch einmal die Etiketten an, die sie schon übermorgen
geliefert bekämen. Was, wenn man einfach über die Melonettes den Schriftzug
»Kiwifrüchte« klebte?
    Er wühlte noch einmal in den Zollvorschriften. Über Früchte, deren
Namen reine Phantasie waren, stand da nichts. Darauf konnte es wohl keine Sondersteuer
geben. Wie viel Zeit hatten sie für die neuen Beschriftungen? Und wie genau
ließen sich diese Früchte vermarkten? Der Rest der Welt konnte schwerlich
wissen, was Kiwis waren. John seufzte leise und fing dann an, eine Liste für
die Vermarktung dieser neuen Frucht zu machen. Sonderstände in den Gemüseläden,
vielleicht Anzeigen in den lokalen Zeitungen – ob man die eine oder andere
Zeitschrift wohl dazu bringen konnte, über diese neue Vitaminbombe zu
schreiben? Wie besessen fing er an, auf seiner Schreibmaschine herumzuhämmern.
Er merkte nicht, wie vor der Tür das Leben im Hafen zum Erliegen kam, nur noch
ein paar Katzen über den Pier huschten und schließlich die ersten Besatzungsmitglieder
wieder über die noch dunklen Gangways auf ihre Schiffe liefen und sie zum Auslaufen
klarmachten, während sich am Horizont der erste helle Streifen zeigte. John
fuhr erst auf, als sich ein Schlüssel im Schloss drehte und Jason Turner in das
Büro kam.
    Â»Du bist wahnsinnig! Bist du die ganze Nacht hiergeblieben? John, du
musst endlich auch einmal an dich selbst denken! Geh raus, feier ein bisschen …
Und überhaupt: Wie siehst du denn aus?« Jason war sowohl besorgt als auch
wütend wegen seines Mitarbeiters, der den Weg ins Bett nicht gefunden hatte.
    Um seinen Redefluss zu unterbrechen, hob John seine Hand. »Jetzt
lass mich erst einmal etwas sagen, bevor du mich weiter beschimpfst. Du
erinnerst dich, dass ich gestern noch kurz in die Zollvorschriften hineinsehen
wollte? Genau das habe ich auch gemacht. Und leider habe ich dabei entdeckt,
dass wir deine kleinen Dinger auf keinen Fall Melonettes nennen dürfen … Also
pass auf!« Damit fing er an, Jason haarklein das Problem zu erläutern – und
auch die Lösung. Während er redete, spürte er, dass seine Augen brannten und es
in seinen Ohren klingelte. Er brauchte wohl wirklich eine Pause. Aber nicht
jetzt – jetzt wollte er seinem Chef erklären, wie man diese Chinesischen
Stachelbeeren doch noch in die USA schicken konnte.
Es verging fast eine halbe Stunde, bis John endete. Jason sah ihn fassungslos
an.
    Â»Das hast du in einer einzigen Nacht gemacht?«
    Â»Sicher«, nickte John. »Der Frachter soll in drei Tagen auslaufen,
wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Und deine Lieferung an Früchten musst
du sonst in den Hafen kippen, die halten nicht noch länger!«
    Jason nickte. »Du bist ein Genie!«
    Grinsend klopfte John ihm auf die Schulter. »Vergiss das bloß nicht,
wenn du einmal nicht so zufrieden mit mir bist, hörst du?«
    Â»Nie …« Jason lachte. »Und jetzt übernehme ich. Du gehst nach Hause
und schläfst eine Runde, ich kümmere mich um die neuen Etiketten und die
Werbekampagne für unsere Kiwifrüchte. Pass nur auf, damit werden sie ein noch
größerer Erfolg, als unsere Melonettes es jemals

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