Der Gesang des Blutes
obwohl Robert all das wusste, obwohl er es sich wieder und wieder sagte, zog er doch mit spitzen Fingern die Tür zum Keller auf.
Sofort schlug ihm der Geruch entgegen. Und zwar so ekelerregend intensiv, dass er nicht nur die Nase beleidigte, sondern augenblicklich auch auf den Magen schlug. Robert verzog das Gesicht. Mit Leichen und Verwesungsprozessen kannte er sich nicht aus, aber dass ein Toter nicht nach wenigen Stunden schon so entsetzlich stank, das wusste er. Einem solchen Geruch war er in seinem bisherigen Leben noch nicht begegnet. Es überstieg seine Vorstellungskraft, sich auszumalen, wie er entstehen konnte.
Mit angehaltenem Atem trat er einen Schritt vor und drehte den Lichtschalter herum. Er wollte nicht dort hinuntergehen, alles in ihm sträubte sich, sogar seine Nackenhaare stellten sich auf. Dort unten erwartete ihn etwas Unerklärliches, das ahnte Robert, und er wollte es nicht sehen. Trotzdem ging er runter. Er musste Gewissheit haben.
Der Gestank oben am Treppenabsatz war schlimm, je weiter Robert jedoch in die Erde stieg, desto stechender, ja beißender wurde er. Es roch, als habe sich die Erde aufgetan, um die Fäulnisgase der Hölle zu entlassen. Unten angekommen wünschte Robert sich nichts sehnlicher als ein Tuch, das er vor Nase und Mund pressen könnte. Doch er hatte keines. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als flach durch den Mund zu atmen und den Gestank als pelzigen Geschmack am Gaumen zu spüren. Der Brechreiz war nicht mehr weit entfernt.
Den Lauf der Waffe zur Decke gerichtet, griff Robert ins Dunkel des einzigen Kellerraums und tastete an der kalten Wand nach dem Lichtschalter. Er drehte ihn herum, zielte in den Raum und trat einen schnellen Schritt vor. Im selben Augenblick hörte er die Stimme.
Sie stand vom Tisch auf, nahm die Holzbretter, trug sie zum Spülbecken und spürte dabei die Blicke ihres Mannes. Sie öffnete die oberen drei Knöpfe ihres Kleides. Ihre Finger waren flink und geschickt. Sie hörte das Schaben der Stuhlbeine auf dem hölzernen Fußboden, drehte sich um, stützte sich mit den Händen am hüfthohen Spülbecken ab und erwartete ihn lächelnd. Lockend blitzte das weiche, weiße Fleisch ihres Brustansatzes aus dem geöffneten Kleid hervor. In ihren Lenden begann es zu pochen.
Seit wenigen Wochen erst waren sie verheiratet, noch kürzer war die Zeit, seitdem sie das gemeinsame Haus bewohnten. Beide wünschten sich so rasch wie möglich Kinder, und damit es auch geschah, schliefen sie jeden Tag miteinander. Sie taten es voller Leidenschaft vor dem Aufstehen, wild und ungezügelt zur Nacht und kurz, aber nicht weniger verlangend zwischendurch.
«Ich muss meine Kraft für die Feldarbeit sparen», flüsterte ihr Mann, stellte sich vor sie, legte seine harten Hände an ihre Hüften und presste sein Becken gegen das ihre.
Sie strich ihr langes, dunkelblondes Haar zurück, legte den Kopf in den Nacken und verführte ihn mit der jugendlich gespannten Haut ihres Halses. Er hatte recht, er brauchte seine Kraft für die Arbeit auf dem Feld, von dessen Erträgen sie lebten. Doch an diesem Morgen würde sie ihn nicht einfach so gehen lassen. Viel zu schmerzhaft war schon das Pochen in ihren Lenden.
«Dann mach es schnell», flüsterte sie heiser.
Er senkte seinen Kopf zwischen ihre Brüste, begann zu lecken und zu saugen, während ihre Finger in seinem vollen Haar wühlten. Bereitwillig ließ sie sich von ihm auf den Rand des Spülbeckens heben, half dabei, Unterrock, Rock und Schürze zu lüften. Darunter trug sie nichts. Ihre geschickten, flinken Finger öffneten den Ledergürtel seiner Hose, nestelten die Knöpfe auf und schoben sie über seine Backen hinunter. Dann nahm er sie auf dem Spülbecken und hielt sich an ihre Worte. Nur kurz war es, sehr kurz.
«Ich muss aufs Feld», hechelte er, zog sich an und ging hinaus.
Mit geschlossenen Augen, wummerndem Herzen und ungestilltem Verlangen blieb sie auf dem Rand des Spülbeckens sitzen. Sie spürte seinen lebenschaffenden Saft an ihren Schenkeln herunterlaufen, nahm ein Tuch und presste es zwischen ihre Beine. Zwar hatte sie seit einer Woche das unbestimmte Gefühl, etwas würde in ihr heranwachsen, doch sie wollte keinen Tropfen verschwenden. Ihr Wunsch nach Kindern war ebenso brennend wie ihr Verlangen. Während sie auf der Spüle saß und wartete, dass ihr Herz sich beruhigte, hörte sie ihren Mann draußen auf dem Hof die Pumpe betätigen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie er das klare Wasser in
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