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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Mondumlauf auf eines der Landgüter? Ich glaube, eine Zeit fernab von Athen wird deinem Gemüt und deinem Körper gut tun.“
    Er nahm ihre Hand und drückte sie halbherzig. „Wenn ich jetzt aus Athen verschwinde, werden sie noch mehr über mich reden und mich einen Schurken nennen. Das käme dem politischen und gesellschaftlichen Selbstmord gleich.“
    „Ach, Stephanos! Immer denkst du an das Überleben deiner Ehre und deines Rufes. Was ist mit uns? Was wird aus Phano und mir, wenn dir etwas passiert. Proxenos und Ariston sind uns nicht gutgesinnt.“
    „Für euch ist gesorgt ... darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Neaira.“ Für einem Moment schien Stephanos seine Arbeit und seinen Kampf gegen Apollodoros zu vergessen, denn er stand auf und zog sie in seine Arme. „Ich war nicht der Mann, den du dir gewünscht hast, und viele meiner Versprechen habe ich gebrochen. Aber ich schwöre dir bei meiner Ehre, die mir vor den Göttern heilig ist, dass ich für dich und Phano gesorgt habe. Es gibt ein Schriftstück. Ihr werdet mehr als genug Geld für euer Auskommen haben.“
    Neaira lehnte ihren Kopf an seine Schulter und spürte seine sehnigen Arme, die sie umschlossen. Schutz hatte sie sich von ihm erhofft, Schutz vor den Menschen. Doch sie war zeit ihres Lebens verwundbar geblieben und stets um ihre Zukunft besorgt. „Bleib bei mir, Stephanos. Ich will nicht dein Geld, ich will, dass du an meiner Seite bleibst.“
    Die Wärme seiner Umarmung fühlte sich tröstend an.
    Kurze Zeit später war der Augenblick der Innigkeit jedoch vorbei.
    „Du machst dir zu viele Sorgen, Neaira. Wenn diese leidige Sache mit Apollodoros ausgestanden ist, haben wir wieder Zeit füreinander.“ Mit einem Aufstöhnen ließ er sich zurück auf seinen Stuhl sinken und nahm seine Papyri zur Hand. „Und nun muss ich überlegen, welche Schritte ich als Nächstes einleite. Wir nehmen das Abendmahl zusammen ein.“
    „Stephanos“, versuchte sie ihn noch einmal zu erreichen, und tatsächlich blickte er auf. „Du solltest mit Phano reden. Sie braucht dich. Du musst ihr sagen, dass du ihr nicht zürnst, dass sie kein Schandfleck für dich ist.“
    Abwehrend hob er die Hände. „Neaira! Ich habe zu viele andere Dinge im Kopf. Warum redest du nicht mit ihr? Vielleicht ist es an der Zeit, ihr die Wahrheit zu sagen.“
    Ehe sie antworten konnte, war er wieder in seine Papyri vertieft. Verärgert überließ Neaira ihn seinen Racheplänen und setzte sich im Andron auf eine Kline. Phano war für ihn zu einem Schandfleck geworden, ebenso wie sie. Er will Phano nicht sehen ... er will sie vergessen! In diesem Augenblick war Neaira entschlossen zu ihrer Tochter zu gehen und ihr die Wahrheit zu sagen - die Wahrheit über ihre Mutter, die sie geboren, verleugnet und belogen hatte. Dann verließ sie der Mut, und sie sank zurück auf die Kline. Im Andron roch es nach welken Blumen, und das Licht der Lampen flackerte unruhig. Alles war schal, alles, was sie umgab, hinterließ ein unstetes Gefühl in ihrem Herzen.
    Angespannt rief Neaira nach Thratta. Als die Sklavin erschien, schickte sie Thratta zu Phano, um ihr Gesellschaft zu leisten und sie aufzumuntern.
    Neaira hatte Stephanos geraten Athen zu verlassen, und er hatte abgelehnt. Kurze Zeit später befand er jedoch selbst, dass es gut wäre, Athen für eine Weile den Rücken zu kehren. Allerdings tat er das nicht, wie Neaira gehofft hatte, mit ihr und Phano, sondern er wurde aufgefordert, sich einer Gesandtschaft anzuschließen, die vom Rat der Polis nach Makedonien geschickt wurde, um mit König Philipp Frieden zu schließen. Da Stephanos einst derjenige gewesen war, der sich gegen den Kriegsfond und damit gegen kriegerische Absichten gegen Makedonien ausgesprochen hatte, befand der Ratsschluss, dass es sinnvoll wäre, ihn als Friedensgesandten zu Philipp zu schicken. Stephanos sah diesen Auftrag als willkommene Einladung seinen Ruf in Athen wieder herzustellen und erklärte Neaira, dass er etwa zwei Mondumläufe fort sein würde und in diesem Zeitraum Proxenos seinem Haushalt und damit auch ihr und Phano vorstehen würde. Jedoch versprach er, dass er Proxenos angewiesen hatte, diese Vormundschaft nur theoretisch auszuüben und Neaira freie Hand in allen Belangen des Haushalts zu lassen. Das Grauen kroch Neairas Nacken hoch, noch bevor er seine Ausführungen beendet hatte. „Das kannst du nicht tun, Stephanos. Du weißt doch, wie sehr Proxenos Phano und mich hasst!“
    Stephanos war schon

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