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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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ihrer Herrin. Der Sklave blinzelte gegen die Sonne und schien sie ebenfalls zu erkennen. „Neaira? Du bist in Athen? Bist du mit Nikarete hier?“ Anscheinend war es ihm peinlich, dass die Herrin ihn ansah. Kokkaline meinte zu erkennen, dass er sich schämte.
    „Ich ... ich habe mich freigekauft und lebe jetzt in Athen ... mit Phrynion. Ich bin Metökin ... aber du ... Hylas, was ist mit dir passiert?“
    Er sah zu Boden. „Du weißt es nicht?“
    „Was denn, Hylas? Was soll ich wissen?“
    Verlegen trat er von einen Fuß auf den anderen, zweifelnd ob er ihr sagen sollte was er vielleicht verschweigen musste. „Es war Phrynion, den ich gebeten hatte uns zu helfen, und er war es auch, der uns an Nikarete verraten hat. Ich war sein Geliebter, und er kaufte mich aus Eifersucht, weil ich dich liebte. Dann hat er mich nach Athen in sein Haus geschickt.“ Die Blicke des Sklaven waren müde und hoffnungslos. Kokkaline versuchte sich vorzustellen, dass er einmal hübsch gewesen war. Sie wusste nicht was die Herrin mit diesem Hylas verband, aber hier schien sich gerade eines von Phrynions Geheimnissen zu offenbaren. Hylas fuhr fort zu erzählen.
    „Als Phrynion nach Athen kam, war er verändert. Er wollte mich nicht mehr, war rastlos ... und dann sprach er von dir!
    Er sagte, dass er in Nikaretes Haus das Schönste und Begehrenswerteste gesehen hätte was er würde besitzen wollen, und dass ich nicht darauf hoffen solle dich noch einmal zu sehen. Genau das waren seine Worte. Er schloss sich einige Tage ein und betrank sich. Danach kam er zu mir und sagte, dass er mich nicht mehr in seiner Nähe geschweige denn auf seinem Lager würde ertragen können.
    Phrynion schickte mich als Arbeitssklave auf seine Felder -
    und die Felder machten mich zu dem, was ich jetzt bin.“
    Sie schwiegen beide und fanden keine Worte für das, was geschehen war.
    „Es ist die Wahrheit, Neaira ... so ist es gewesen. Der Herr Phrynion bekommt immer was er will – früher oder später. Wie ich sehe, hat er es auch dieses Mal bekommen.“
    Neaira wich einen Schritt zurück und wäre gestolpert, wenn Kokkaline sie nicht aufgefangen hätte. „Phrynion“, sagte sie nur. Kokkaline meinte, noch nie eine derartige Verzweiflung in den Augen der Herrin gesehen zu haben.
    Dann wandte Neaira sich ab und ging zurück zum Wagen.
    Sie sah sich nicht mehr nach Hylas um und sprach lange Zeit kein Wort, während sie sich auf den Weg zurück machten. Endlich flüsterte sie: „Wie konnte ich nur so blind sein, Kokkaline. Ich liebe ihn so sehr, mehr noch, als ich Hylas je geliebt habe. Damals war ich noch ein Kind, das Verletzungen leichter abstreifen konnte, auch wenn sie tief saßen.“
    Kokkaline legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Herrin, es tut mir furchtbar leid!“
    Phrynion erwartete sie schon im Andron. Seine Augen loderten vor Zorn, während er Neaira am Handgelenk zu sich zog. „Wo warst du?“
    Sie schreckte vor der Schärfe in seiner Stimme und der Unbeherrschtheit seiner Gesten zurück. Alles an ihm war nahe davor, die Beherrschung zu verlieren. „Ich dachte, du wärest fort und hättest mich verlassen.“
    Neaira verstand nicht, was auf einmal mit ihm geschehen war. Phrynion ließ ihre Hand los. Dann zog er sie an sich und hielt sie fest umklammert, sodass Neaira meinte, sie würde ersticken. „Tu das nie wieder, ich kann es nicht ertragen.“
    Neaira sah ihm in die Augen. „Ich habe Hylas gesehen ... auf deinen Feldern.“
    Er ließ sie los und fluchte ungehalten. „Dieser elende Sklave!“
    „Elend ist er wegen dir. Warum, Phrynion? Ich verstehe es nicht.“
    Phrynion kämpfte mit sich, ging einige Male auf und ab, und schien zu überlegen. Dann wurde er ruhig und konnte ihr wieder in die Augen sehen. „Zuerst war ich eifersüchtig, weil ich Hylas nicht verlieren wollte, und habe euch beide bei Nikarete verraten. Aber als ich dich sah, wollte ich Hylas nicht mehr, und vor allem wollte ich nicht, dass er dich bekommt. Ich habe ihn gekauft und dafür gesorgt, dass ihr euch nie wieder seht.“ Er schloss die Augen, dann brach seine Abwehrhaltung endgültig zusammen. „Ich habe es nicht gewagt dich in Nikaretes Haus auf meine Kline zu holen, weil ich Angst hatte, dir zu verfallen. Ich kenne mich sehr gut und weiß, dass ich es kaum ertragen kann, etwas nicht voll und ganz besitzen zu können, was ich leidenschaftlich begehre. Und ich wusste, dass Nikarete dich nicht verkaufen würde. Also habe ich meine Leidenschaft gezügelt. Aber

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